Der Mustang lässt das Herz eines jeden Autoliebhabers schneller schlagen. Das Sirnauer Industriegebiet ist gestern zum Dorado der PS-Freunde mutiert. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Peter Dietrich

Esslingen - Zwei Stunden nach Beginn waren bei „Cars & Rockstars“ gestern alle Parkplätze von Metro und Möbel Rieger belegt. Organisator Marc Wenger sprach von 1400 Fahrzeugen. Ihr Spektrum war sehr breit, die Kaufpreise reichten von 100 bis 700 000 Euro.

Bevor die Besucher strömten, wurde noch schnell zum Poliermittel gegriffen oder die Motorhaube geöffnet. „Schau mal, das ist noch ein richtiger Motor“, meinte ein Vater zum Sohn beim Blick auf das 5,8-Liter-Teil in einem Ford Mustang Grand Coupé. Stephan Rinas aus Göppingen ist dessen vierter Besitzer, hat aber die Originalquittung von 1972 bekommen. Den Kotflügel hat er von einem anderen Exemplar übernommen, der Montage gingen ein Säurebad und eine KTL-Beschichtung voraus. Bis 2009 fuhr das Auto in den USA, der Tacho zeigt 70 000 Meilen. „Aber ob das noch stimmt?“, fragt sich Rinas. Nachgefertigte Zubehörteile gebe es viele zu kaufen, sagte er. „Aber oft passen sie nicht recht.“

Nur mit Vornamen Ibo stellte sich der Initiator der „AMG-Gang“ vor. Die aktuell 540 Mitglieder der Interessengemeinschaft kommen aus Deutschland und der Schweiz, sind 23 bis 58 Jahre alt und nennen sich ironisch „Krawall-Brüder“. „Denn AMG baut die lautesten Autos“, sagte Ibo, es gebe auch drei oder vier Krawallschwestern. Die großen Ziffern auf den schwarzen T-Shirts sind keine Mitgliedsnummern, sondern die Motorkennung, aufgenommen werden nur AMG-Fahrer. Die Gruppe ist Ende 2015 aus einer Schnapsidee entstanden und hält fest zusammen, „80 Prozent der Leute kennen sich persönlich, es ist alles ganz locker.“

Die Fahrer vom Club „Rolling Passion“ fahren bei jedem Wetter, ihnen konnte der Schauer am Vormittag nichts anhaben. Doch sie kamen nicht gleich um 11 Uhr aus Remshalden, Backnang, Göppingen-Holzheim und Backnang an. Also schickten sie ihre Frauen vor, um sich überdachte Stellplätze zu reservieren.

Seit neun Jahren gibt es den Verein „Ford Team Schwaben“ aus Ostfildern. Gegründet hat ihn Sven Dräbert, derzeit zählt er rund ein Dutzend Aktive. Wer beitreten will, muss dreimal zu den Treffen kommen und „Leidenschaft für die Marke Ford“ mitbringen. Danach stimmen alle anonym über den Beitrittswunsch ab, es braucht 100 Prozent Zustimmung. „Die gab es bisher immer“, sagte Dräbert. Größer als etwa 25 Mitglieder solle der Verein aber nicht werden.

Völlig markenoffen sind die „Speed-Mechanikz“, es muss nicht einmal ein eigenes Auto sein, die Begeisterung reicht. „Das sind nicht die teuersten Autos, aber wir machen selbst was dran“, sagte Thomas Wollenweber. Die derzeit 19-köpfige Gruppe - die Mitglieder sind 16 bis 27 Jahre jung und kommen aus der Gegend von Reutlingen und Esslingen - soll bald zum eingetragenen Verein werden.

Daniel Schenker aus Engstingen ist so ein Speed-Mechaniker. 800 Euro hat er für seinen Polo 6n mit Faltdach bezahlt, seitdem aber schon mehr für TÜV, Felgen, Lack und anderes. Derzeit ist das Auto kunterbunt, teils sind Kartoffelsäcke darübergespannt, doch Schenker plant eine Neuspritzung in Babyblau. „Ich will die Karre resetten.“ Der Tacho zeigt 200 500 Kilometer. „Der erste Motor läuft immer noch, auch wenn ich mal versehentlich Diesel getankt hatte.“ Auf dem Dachboden lagern viele Teile eines anderen Exemplars, ausgeschlachtet wegen einer neuen Vorderachse. Vor dem TÜV im Oktober müsse er noch schweißen, sagte Schenker, er macht eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker. Sein abgedrehter Polo heißt „Polina von Rostfleckchen“.

Paul Rapp ist ebenfalls Kfz-Mechatroniker und hat seinen für 100 Euro gekauften BMW E36 zum Polizeiauto gestylt. Das ist legal und hat ihn im ganzen Esslinger Polizeirevier bekannt gemacht. Das Blaulicht ist aber nur für Ausstellungszwecke. In Bayern, wo die echten Polizeiautos noch grün sind, ist die Verwechslungsgefahr noch größer. „Da haben andere Fahrer schon vor Schreck das Handy weggeworfen“, erzählte Rapp. Das derzeitige Nummernschild ES-VW 1956 ist langfristig für einen Käfer gedacht, der noch in Arbeit ist. Nebendran stand Rapps VW Typ 147 „Fridolin“. Der Kleinlieferwagen von 1973 fuhr bei der Post, wurde dann vom legendären Heinz Willibald getunt. „Von 6000 Stück gibt es nur noch 100.“

Zweimal zeigte Profifahrer Johannes Öxler bei einer Drift Show, welche Karussellfahrten weniger trainierte Fahrer besser nicht probieren sollten. Dann gab er Autogramme. „Ich hab den Lautesten“ hieß es beim dB-Contest. Bei diesem Wettbewerb ging es nicht um den Lärm einer Soundanlage, sondern des Auspuffs. „Gemessen wird in einem definierten Abstand von schräg hinten“, erläuterte Jonathan Goerke. „Man kann sich nicht blamieren, man kann nur nicht dabei sein.“

„Ich habe 50 000 Schriftzüge und Embleme im Sortiment“, sagte ein Mainzer Händler, der seinen Namen nicht nennen wollte. Vor 47 Jahren begann er zu sammeln. „Ich sammle nichts mehr, sonst könnte ich nicht verkaufen.“ Er zeigte auf ein Emblem in seiner Vitrine. „Das kostet zehn Euro. Der Hupenknopf eines BMW 1800 TISA nebendran aber 200 Euro. Davon wurden nur 200 Stück gebaut.“

Rund 250 000 Euro kostete der ausgestellte Lamborghini Huracán Spyder mit 610 PS, für das Tuning der Firma Vos wurden dann nochmals 40 000 Euro fällig. „Das ist für Leute, die die Emotion haben wollen, die etwas mehr auffallen wollen“, sagte Werkstattleiter Bernd Bayer. Das könne der Industrielle, der Zahnarzt oder Rechtsanwalt sein. „Manchmal wissen nicht mal die Frauen, dass ihre Männer so ein Auto haben.“ Oder die Angestellten. „Dann rufen wir im Büro an und sagen, es geht um die Heizung.“ Es gebe aber auch Frauen, sie solche Autos fahren.

290 000 Euro - ist das das Ende der Fahnenstange? „Das teuerste Fahrzeug auf dem Platz kostet 700 000 Euro“, sagte Marc Wenger. Angesichts des großen Andrangs sprach er von einem „vollen Erfolg“ und blickte schon einmal in die Zukunft. „Wir müssen noch etwas dazu mieten“, sagte er.

Auf Nachfrage teilte die Polizei mit, dass bis 17 Uhr dort keinerlei Beschwerden oder Vorkommnisse über „Cars & Rockstars bekannt waren.