(adi) - Viele erleben Berlin heute als Boomtown. Doch es gab eine Zeit, die vielen in der Erinnerung noch reizvoller erscheint. Der preisgekrönte Autor Gerhard Falkner lässt die 80er- und 90er-Jahre in seinem Roman „Apollokalypse“ (Berlin-Verlag, 22 Euro) wieder lebendig werden. Sein Roman macht uns mit schillernden Figuren bekannt, doch die wichtigste Protagonistin ist Berlin selbst.

Mitten in jener wild bewegten Wendezeit kommt Georg Autenrieth immer wieder aus Westdeutschland nach Kreuzberg. Er sucht die Nähe zur dortigen Szene und genießt Laster, Lebensgier und Liebeskunst. Vieles macht die Stadt in jenen Jahren so reizvoll und so unverwechselbar, dass sie Künstlerpersönlichkeiten wie Blixa Bargeld, Iggy Pop und David Bowie, Martin Kippenberger oder Oskar Roehler magisch anzieht. Es ist die Zeit der Geheimdienste und der RAF. Autenrieth empfindet Berlin als „schwarzes Loch, über dem die bunteste aller möglichen Sonnen explodierte, wo die Nacht sich durch die Straßen bewegte wie eine Künstlerin oder eine Kakerlake“. Dieses Umfeld ist wie geschaffen für eine so zwielichtige Erscheinung wie Autenrieth, der oft so unvermittelt verschwindet, wie er zuvor aufgetaucht war. Und immer wieder begegnet man an seiner Seite dem Künstler Heinrich Büttner, der das Leben auf der Überholspur liebt, und dem süddeutschen Bilderbuch-Dandy Dirk Pruy. Die drei halten einander so lange für Freunde, bis ihnen eine Frau dazwischen kommt. Doch es ist nicht nur die Geschichte selbst, die diesen Epochenroman so interessant macht. Mindestens ebenso wichtig: Falkner gelingt es, das damalige Lebensgefühl und die Stimmung in einer Stadt einzufangen, die an der Schwelle zu einer neuen Zeit steht und die nur ahnen kann, was ihr die Zukunft bringen wird.