Von Gaby Weiß

„Ich kann vieles nicht, zum Beispiel Plätzchen backen. Die werden hart und schmecken nicht, aber ich kann spannende Geschichten schreiben“, erzählte Janet Clark ihrem jugendlichen Publikum bei ihrer Lesung im Rahmen der Esslinger Literaturtage. Bei zwei Schullesungen und einem öffentlichen Auftritt im Kutschersaal zeigte die Bestsellerautorin, die Thriller für Erwachsene und für Jugendliche schreibt, dass sie nicht unverdient als Meisterin des Nervenkitzels gilt.

„Was immer es ist, lass’ es keinen Toten sein!“ Schon der erste Satz der vierbändigen Thriller-Serie „Finstermoos“ (Loewe-Verlag, je 9,95 Euro) ist Hochspannung pur. Und so dramatisch ging es gerade weiter bei Janet Clarks Parforceritt durch die ersten drei Bände, zu dem sie ihr Esslinger Publikum mitnahm: Da gibt es seltsame Zufälle, dunkle Geheimnisse und gefährliche Unfälle. Da treiben fremde Eindringlinge und ein undurchsichtiger Typ im Kapuzenshirt ihr Unwesen. Da geht es um eine Schmugglerhütte, ein Gräberfeld und um einen Bunker, in dem drei Jungs gefangen sind und genau 16 Stunden Zeit haben, um sich zu befreien, bevor der unterirdische Hohlraum mit Beton verfüllt wird.

Janet Clark lässt jeden Band mit einem Cliffhanger enden: Ob auf diesen atemberaubenden Höhepunkt Leben oder Tod folgen wird, beantwortet sie immer erst im folgenden Band. „Ja, ich weiß, ich bin eine ziemlich gemeine Autorin“, gestand sie schmunzelnd und setzte noch einen drauf: „Wie die Geschichte im vierten Band endet, das müsst Ihr selber lesen.“ Ganz im Ungewissen freilich ließ sie die gebannt lauschenden Jugendlichen nicht: „Ich bin eine absolute Verfechterin des Happy Ends, alle meine Bücher gehen gut aus, es gibt höchstens mal eine kleine traurige Note am Ende.“

Finstermoos ist ein erfundenes österreichisches Bergdorf. Die fünf jugendlichen Helden - Luzie, Mascha, Valentin, Basti und Nic - möchten wissen, was es mit dem jahrzehntealten Dorfstreit auf sich hat, woher Basti seine große Narbe auf der Brust hat, was die Dorfhexe vom Moosbichlhof weiß und warum die Figuren auf den Höhlengemälden den Dorfbewohnern ähnlich sehen. Auf 870 Seiten erzählt Janet Clark von der Vertuschung einer Katastrophe, von kollektivem Schweigen und einem sorgfältig gesponnenen Netz aus Lügen, das irgendwann zerreißt - mit verheerenden Folgen. „Meine Eltern sind in einer Zeit aufgewachsen, als sehr viele schlimme Dinge verschwiegen wurden. Das hat mich zu dieser Geschichte inspiriert: Was für Auswirkungen hat eine Schuld aus der Vergangenheit für die nachkommende Generation?“, erklärte die Autorin ihr Interesse am Thema.

Offen erzählte Janet Clark, dass sie zwei Jahre an „Finstermoos“ geschrieben hat: „Es war ein hartes Stück Arbeit, so viele Personen einzubauen und ganz viele Handlungsstränge im Auge zu behalten, die sich ja am Ende alle auflösen müssen. Dazu gibt es zwei Zeitstränge und fünf Spannungsbögen: einen großen über die ganze Geschichte und vier kleine über die einzelnen Bände.“ Sie erklärte, dass sie ihre Geschichten schreibt, wenn ihre jüngste Tochter morgens in der Schule ist, und dann abends nochmal vier Stunden. Kurz vor Abgabeschluss fährt sie für eine Woche weg und arbeitet in dieser Zeit „wie im Rausch, von neun Uhr morgens bis zwei Uhr in der Früh mit nur einer Stunde Mittagspause“. Auf eine Frage aus dem Publikum, ob sich manches auch erst während des Schreibens entwickle, antwortete sie: „Ja, tatsächlich. Ich habe zwar einen minutiösen Szenenplan, aber ab der Hälfte des Buches werden die Figuren plötzlich lebendig und bringen ihre eigenen Ideen ein. Es ist jedes Mal für mich ein Faszinosum, wie mein Gehirn funktioniert.“