Helfer Roland Kurz schöpft Maische ab, um darin Hefe anrühren. Quelle: Unbekannt

Schwäbischen Whisky selbst brennen – mit einem Gutschein für Thomas Dannenmanns „Make your own Whisky“-Kurs ist das möglich. Für ihn ist das Whisky-Brennen eine Kunst.

OwenNebelwolken verhüllen an diesem Morgen die Burg Teck. Doch auf der anderen Seite des Städtchens Owen wirft die Sonne schon erste Strahlen auf die Pferde, die unterhalb des Bellerhofs grasen. Pensionspferde und schwäbischer Whisky sind die Standbeine des Aussiedlerhofs am Albtrauf. Thomas Dannenmann empfängt seinen Besucher in der Brennstube. Denn er lässt sich gerne „helfen“: von Menschen, die ein Faible für das bernsteinfarbene Getränk haben oder einfach einen Gutschein für den Kurs „Make your own Whisky“ geschenkt bekamen.

In dem niedrigen Raum ist es saunamäßig warm. Die erste Ladung Gerstenmaische brodelt schon in der kupfernen Brennblase. Doch nun steht außer dem Laienhelfer unangemeldeter Besuch im Hof: Zollbeamter Manfred Straub und seine Praktikantin. Der Kontrolleur will das Befundbuch sehen. Er prüft, ob der Inhalt des Maischebottichs mit den Mengen auf dem Anmeldeformular übereinstimmt. Am Auslauf hält er den Finger in den feinen Destillatstrahl und erklärt seiner Praktikantin: „Hier entsteht die Steuer.“ Gut 1000 Euro hat die Abfindungsbrennerei Bellerhof für die heutigen vier Abtriebe zu zahlen. Abtrieb bedeutet Brennvorgang; der Begriff Abfindung ist eigentlich veraltet, denn der Staat lässt sich seit Anfang des Jahres nicht mehr mit Naturalien abfinden, sondern nimmt nur noch Geld.

Der erste Abtrieb ist schon fertig. Dannenmann spritzt den leeren Kessel sauber. Jetzt geht es von vorne los. „Wir brauen heute die Maische, die ich vor vier Tagen angesetzt habe“, erklärt er. Mit einer alten Feldhacke rührt Dannenmann die sämige Brühe auf, bevor er sie in die Blase pumpt. Randvoll, dem Staat wird nichts geschenkt. Der Zollbeamte hält seinen Messstab in den Kessel. „138 Liter, alles okay“, nickt er. Deckel zu für Runde zwei.

Ein Ölbrenner erhitzt das Wasserbad, in dem die Kupferblase liegt. Aus der heißen Maische steigen die Alkoholdämpfe hoch in den sogenannten Kolonnenverstärker. In diesem dreistufigen Aufsatz wird der Siedevorgang wiederholt und auf jeder Ebene der Alkohol stärker angereichert. Schließlich wird der Dampf abgekühlt, er kondensiert und das Destillat fließt zum Auslauf.

Zunächst kommen dort die leicht flüchtigen Alkohole an, die schon ab 67 Grad verdampfen. Dieser Vorlauf enthält giftiges Methanol. Sein stechender Geruch hilft, ihn vom guten Alkohol zu unterscheiden. Der Brenner lässt seinen Helfer am Auslauf kleine Proben entnehmen. Die Nase ist nun gefragt. Probe eins und zwei ziehen scharf an den Riechzellen vorbei, sie erinnern an Terpentin. Die dritte Probe ist angenehmer, vier und fünf sind eindeutig gut, also der erwünschte Mittellauf mit seinen vielen Aromen. Der kann allein laufen – und die beiden Brenner bereiten die Maische für den nächsten Brenntag vor.

68 Grad heiß ist das Wasser im Bottich. Der Ein-Tages-Helfer schwitzt, zieht das Hemd aus und bindet sich den Gummischurz um. Sein Auftrag: Die Säcke mit Gerste in den Bottich schütten. 100 Kilogramm „Schwabenmalz“ und 15 Kilo gemälzte Gerste. Mit 300 Liter Wasser vermengt, wird es für vier Brände reichen. Der Helfer schwenkt das Rührwerk in den Bottich und schaltet es an. Die Hefe hat nun eine Stunde Zeit, um die Glucose in Einfachzucker umzuwandeln. In der Verzuckerungsrast, wie der Fachmann sagt, macht das Brennerduo einen Ausflug ins Fasslager.

Dannenmann probiert gern verschiedene Holzarten aus. Deutsche Eiche muss dabei sein. „Schließlich mache ich deutschen Whisky“, sagt er. Wegen des hohen Tanningehalts bleibt der Whisky nur ein Jahr im teuren Eichenfass, das 600 bis 800 Euro kostet. Dann kommt der Whisky in alte Bourbonfässer oder in Fässer, in denen Madeira, Portwein oder rauchiger Schotten-Whisky gelagert wurde. Mit einer Pipette zieht der Brenner einen Schluck vom Madeira-Fass ab, schnuppert und kostet. „Drei Jahre alt, braucht noch etwas Zeit“, meint er. Zum Betriebsjubiläum 2020 will er mit einem Rumfass einen besonderen Whisky gestalten. „Ich hab’ da so ein Aroma im Kopf, ein bisschen rauchig, ein bisschen süß.“ Im Keller kommt der Schwabe ins Schwärmen. „Oben am Kessel, das ist Technik – hier, das ist Whisky machen. Eine Kunst, fast wie ein Bild malen.“

Oben wartet wieder Arbeit. 82 Grad zeigt das Thermometer an der Kolonne – ein Indiz, dass der Mittellauf fast durch ist. Demnächst kommt der Nachlauf, das ölige Zeug will der Whiskymann nicht. Die elf Liter Mittellauf gießt der Helfer ins blaue Fässle „Tagesproduktion“. Im Maischebottich muss nun die Temperatur runter. Der Helfer schließt den Kaltwasserschlauch an das doppelwandige Gefäß an; der Boss reißt die Fenster auf, damit kühlere Luft hereinströmt. Die frische Maische braucht noch einen Push. In einem Becher rührt der Helfer 150 Gramm Reinzuchthefe mit etwas Maische an. „Damit die Hefe auf den Geschmack kommt und schnell arbeitet“, erklärt Dannenmann. Rein in den Bottich und Deckel drauf. Bei circa 30 Grad kann die Hefe arbeiten.

Der zweite Brand ist durch. „Hebel auf“, weist Dannenmann an. Die verbrauchte Maische läuft ab. „Wasser marsch“ – der Helfer spült die Blase aus. Dann zieht er den Schlauch von der Vier-Tages-Maische zur Brennblase und pumpt den Kessel wieder randvoll. Der dritte Abtrieb brodelt, die Hefe im Bottich schafft – und die Brenner machen Pause.

Linsen mit Saiten und Spätzle hat Susanne Dannenmann für die schwäbischen Whiskymacher aufgetischt – gehört zum Kurs dazu. Von seinem Schwiegervater hat Thomas Dannenmann das Kornbrennen gelernt, bevor er 1990 mit dem Whisky angefangen hat. Neben dem Job bei einer Stuttgarter Bank. 2011, nach der Bankenkrise, hat der Owener dem Geldgeschäft den Rücken gekehrt und sich auf den Hof konzentriert. „Das Spannende am Whisky ist das Vielschichtige“, philosophiert er, redet über die Varianz des Getreides, die Suche nach dem richtigen Fass, von einem Whisky mit Ecken und Kanten, den er neben seinen zwei Standardsorten produzieren möchte.

Zurück in der Brennstube erhält der „Lehrling“ eine Theorieeinheit. Mit einer Alkoholspindel wird der Volumengehalt bestimmt und anhand einer Tabelle berechnet, wie viel Wasser in den Brand muss, um ihn auf 60 Prozent Fassstärke zu bringen. Und wie machen sich die Prozente im Glas? Dannenmann schenkt das erste Glas „Newmake“ ein, so nennen die Schotten den frischen Brand. Schmeckt nach Alkohol, kann man trinken. Aber Whisky ist das farblose Getränk noch nicht. Vielleicht in fünf oder acht Jahren. Damit der Kursteilnehmer nicht so lange darben muss, erhält er ein Fläschchen „Danne’s Gärschda-Malz, Schwäbischer Whisky vom Bellerhof“ und 0,2 Liter Newmake, 43 Prozent, selbst gebrannt – das macht den Schwaben stolz.