30 Jahre lang hat Stefan Scholpp in der Ludwigsburger Porzellan-Manufaktur gearbeitet. Jetzt gibt er sein Wissen in Kursen weiter. Foto: Bulgrin - Bulgrin

30 Jahre lang hat Stefan Scholpp in der Ludwigsburger Porzellan-Manufaktur Vasen, Teller und Tassen mit kunstvollen Blüten verziert. Nach dem Ende des Traditionsunternehmen orientierte er sich neu. In Kursen lehrt er Laien, wie sie selbst ihr Geschirr bemalen können.

LudwigsburgZarte Blütenblätter einer Orchidee hat Stefan Scholpp auf eine Vase gepinselt. Auf der weißen Wölbung sprießt eine lila-pinkfarbene Blüte. Filigran sind die feinen Fäserchen der Pflanze gezeichnet. Leicht wellen sich grüne Blätter. „Blumen sind meine liebsten Motive“, verrät der Porzellanmaler, der 30 Jahre lang in der Ludwigsburger Porzellan-Manufaktur (siehe Kasten) gearbeitet hat. Da war die Blumenmalerei sein Schwerpunkt. Nach einigen Semestern Studium an der Freien Kunstschule Stuttgart nahm er das Angebot der Manufaktur gerne an, die ihren Sitz im Barockschloss hatte. Als das Traditionsunternehmen 2016 Insolvenz anmelden musste, machte sich der Kunsthandwerker selbstständig.

Jetzt gibt er sein Wissen als Dozent in Kursen weiter, zum Beispiel bei der Esslinger Kunstakademie oder in Angelika Feuerbachers Wohnzimmerrestaurant „Der kleine Termin“ in Baltmannsweiler. „Jeder kann auf Porzellan malen“, ist Scholpp überzeugt. Wer seine Gebrauchskunstwerke in den Vitrinen seines Hauses in Stuttgart-Neuwirtshaus betrachtet, sieht schnell, dass solche Motive für einen Laien kaum zu schaffen sind. Tanzende Frauenkörper in Bewegung hat er ebenso auf Porzellan gebannt wie Magnolienblüten oder kosmische, abstrakte Motive in starken Farben. „Das braucht jahrzehntelange Übung.“

Seine Kursteilnehmer führt er langsam an das heran, was sie aus eigener Kraft schaffen. Da erzählt er von der Oma, die ihren Enkelkindern Teller und Tassen mit Herzchen und Sternen verziert hat. „Das ist eine schöne Erinnerung.“ Mit den ehrgeizigeren Teilnehmern wagt er aufwendige Ornamente. Der Kunsthandwerker möchte die Teilnehmer seiner Kurse motivieren, nicht frustrieren. Letzteres passiere beim Malen auf Porzellan schnell. Leicht verrutsche der Pinselstrich auf dem glatten Untergrund. „Solange die Farbe nicht im Ofen gebrannt ist, lassen sich solche Patzer aber noch gut verwischen.“

Hinter Scholpps Können steckt neben Begabung jahrzehntelange Arbeit. In seinem ersten Lehrjahr an der Manufaktur in Ludwigsburg „haben wir erst mal nur Striche gemalt“. Seine Lehrmeister hätten Wert auf Genauigkeit gelegt. Schwierig sei das gewesen, manchmal habe die harte Schule genervt, „aber das kommt mir heute zu Gute.“ Intensiv hat der leidenschaftliche Maler Anatomie und die Biologie der Pflanzen studiert, um seine Objekte genau zu erfassen. Besonders schön glückt ihm das bei den Blüten, mit denen er seine Vasen, Teller und Gefäße verziert. Die Auszubildenden in der Manufaktur durften erst im zweiten Lehrjahr eigene Stücke bemalen. Scholpp hat die Arbeit mit den feinen Borstenpinseln immer geliebt. Aber er sieht seinen Neuanfang als Perspektive. „Dass ich jetzt selbstständig und damit noch kreativer arbeiten kann, ist eine große Chance für meine persönliche Entwicklung.“

Dennoch möchte er die umfassende Ausbildung und die 27 Jahre in Festanstellung bei der Manufaktur nicht missen. 2001 machte Scholpp seinen Industriemeister in Feinkeramik. Seit dieser Zeit ist er berechtigt, selbst auszubilden. „Es war immer schön, jungen Porzellanmalern die Liebe zum Beruf und das technische Können zu vermitteln“, sagt der 60-Jährige. Heute lebt er seine pädagogische Leidenschaft in den Kursen aus, die er vorwiegend für Erwachsene gibt. „Ich arbeite nur mit kleinen Gruppen, denn gerade Anfänger brauchen viel Anleitung.“ Manchmal hält er die Kurse in seinem Wohnzimmer ab. Um den ausgezogenen Esstisch sitzen dann bis zu drei Teilnehmer, die Porzellan bemalen – der herrliche Blick in den Garten inspiriert. „Die Arbeit beginnt mit der Suche nach einem Motiv“, erklärt der Kunsthandwerker.

Angelika Feuerbacher, die Chefin des Wohnzimmerrestaurants „Der kleine Termin“ in Hohengehren, hat den Porzellanmaler bei einem seiner Kurse an der Esslinger Akademie kennengelernt. Inzwischen bietet die leidenschaftliche Acrylmalerin Workshops mit ihm an. Mehr als acht Teilnehmer nimmt Scholpp nicht an, denn er will sich um jeden kümmern. Dann bemalen die Männer und Frauen mit Hilfe des Dozenten in Feuerbachers Scheune Vasen, Teller und Tassen. In den Pausen serviert die Küchenchefin Schmankerl. Bei den Gourmetstammtischen in ihrem Lokal gibt es Speisen auf selbst bemalten Tellern. Gemüsegulasch mit Fleischeinlage reicht Feuerbacher auf einem Teller mit stilisiertem Schweinekopf. Andere Stücke sind mit Raben verziert, die es der Köchin angetan haben – das sind Hingucker. „Ein schön dekorierter Tisch ist für die Gäste ein Erlebnis“, schwärmt sie.

Obwohl es die Ludwigsburger Manufaktur seit 2016 nicht mehr gibt, sind Arbeiten von Scholpp noch in der Barockstadt zu sehen. Gemeinsam mit seiner ehemaligen Kollegin Heike Faber hat er in der Kurfürstenstraße ein Wandgemälde geschaffen. Mit Paradiesvögeln und Blumen will die Stadt nicht nur Graffiti-Sprayer fernhalten, sondern auch an die Tradition der Porzellanmalerei erinnern. Einige Privathäuser hat Scholpp ebenfalls verziert. Für ihn ist es eine Herausforderung, „im öffentlichen Raum die Fantasie anzuregen“.

Im Atelier von Angelika Feuerbacher in Baltmannsweiler-Hohengehren bietet Stefan Scholpp am 11. und 12. Mai einen Kurs „Porzellanmalen“ an. Zu den Kunstkursen reicht die Chefin des Wohnzimmerrestaurants Köstlichkeiten. Anmeldungen beim „Kleinen Termin“, Pfarrstraße 34, Baltmannsweiler, Telefon 07153/9090697 oder Mail: angelika.feuerbacher@googlemail.com. Weitere Termine im Herbst auf Anfrage.

Die Ludwigsburger Manufaktur

Geschichte: Herzog Carl Eugen von Württemberg gründete die Porzellan-Manufaktur Ludwigsburg am 5. April 1758 als „Herzoglich-ächte Porcelaine-Fabrique“ in Ludwigsburg . Bis weit ins 18. Jahrhundert wurde Porzellan aus Ostasien importiert. Schon 1708 wurde in Meißen die erste Porzellanmanufaktur gegründet, die bis heute Weltruf genießt. Mitte des Jahrhunderts zog der schwäbische Herzog nach. Persönlichkeiten wie Joseph Jakob Ringler und Gottlieb Friedrich Riedel aus Meißen machten die Ludwigsburger Manufaktur berühmt. 1760/70 arbeiteten dort bis zu 160 oder 180 Porzellanhandwerker. Die graue Porzellanerde kam aus Alpirsbach. Blumenmalerei und Schuppenmuster waren Besonderheiten.

Auf und ab: König Friedrich I. aus Württemberg unterstützte die Manufaktur ab 1797 und ließ weiße Porzellanerde sowie Fachleute aus Frankreich kommen. Bis 1806 erlebte die Manufaktur eine Blütezeit. 1824 schloss König Wilhelm I. das Haus aus wirtschaftlichen Gründen. Weitere Anläufe einer Neugründung gab es, sie waren aber nicht von langer Dauer.

Neueröffnung nach dem Krieg: 1948 machte Otto Wanner-Brandt das Unternehmen als Porzellan-Manufaktur Ludwigsburg GmbH wieder auf. Die alten Musiksoli oder die Venezianischen Messen kamen wieder auf den Markt. Ein Klassiker ist das Schuppenmuster, das nur in Ludwigsburg gefertigt wurde. Seit 1967 war die Manufaktur im Residenzschloss untergebracht. Ab 1994 entwarfen Porzellanmaler in den Künstlerateliers neue Formen und Designs. Bis 2004 waren an der Manufaktur das Land Baden-Württemberg, die Stadt Ludwigsburg, die Baden-Württembergische Landesbank, Berthold Leibinger und Carl Herzog von Württemberg beteiligt.

Ein Keramikmuseum im Ludwigsburger Schloss dokumentiert die Arbeit der Manufaktur. Dort gibt es am Sonntag, 6. Mai, zwei Sonderführungen. Die Wissenschaftlerin Katharina Küster-Heise führt durch die Sammlung und betrachtet die Geschichte des Unternehmens. Die Touren beginnen um 14 und um 15 Uhr und dauern jeweils 40 Minuten. Anmeldung ist erforderlich unter Telefon 07141/186400 oder unter info@schloss-ludwigsburg.de