Wellness für erhitzte Büffel: Die Herde in Hohenstein geht in den warmen Sommermonaten gerne in ihre selbst gemachte Suhle, um sich abzukühlen. Außerdem hält das Passanten ab. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Von Greta Gramberg (Text und Fotos)

Wie nennt man einen weiblichen Büffel? Jeder der jetzt „Büffel-Kuh“ zur Antwort geben will, liegt falsch, sagt Helmut Rauscher. Diese Bezeichnung ist ihm zufolge den weiblichen Hausrindern vorbehalten. Tatsächlich gebe es in der deutschen Sprache kein Wort für weibliche Büffel. Außer auf dem Heidäckerhof in Hohenstein-Ödenwaldstetten. „Büffeline“ nennt Inhaber Rauscher seine weiblichen Wasserbüffel. „Ich finde das ehrvoller für eine Frau.“ Der Bio-Landwirt achtet sehr auf seine Wortwahl den Tieren gegenüber. Vielleicht gründet diese Rücksicht auf der großen Sympathie, die der 56-Jährige ihnen ganz offensichtlich entgegenbringt. „Die Wasserbüffel sind ein Team, die Kühe haben eine Rangordnung“, erzählt er.

130 Tiere versorgt der Betrieb, den Rauscher mit seiner Frau Karin Delessert und seinem Sohn führt. Etwa 90 davon sind Rinder. Nachdem der Hof 1987 auf Bio umstellte und 1990 die Molkerei aufbaute, zogen die Wasserbüffel erst 2005 ein. „Wir waren schon sehr gut auf dem Markt, deswegen haben wir uns das getraut“, erinnert sich Rauscher. Gemeinsam mit dem Viehzüchter Willi Wolf, der im Gemeindeteil Meidelstetten eine zweite Herde hat, ist der Milchviehhalter damals das Wagnis eingegangen. In Rumänien haben sie eine ursprüngliche Rasse gefunden, die noch nicht durch Zucht auf hohen Fleisch- und Milchertrag getrimmt ist. „Die Wasserbüffel in Italien geben das Doppelte an Milch.“

Fast zwölf Jahre später verhalten sich die Tiere mit dem dunklen Fell und den nach hinten gebogenen Hörnern so, als hätten sie nie woanders gelebt. An diesem warmen Tag Ende August liegen die Büffel zunächst träge in der milden Vormittagssonne und raffen sich schließlich auf, um in der Gruppe nach den leckersten Kräutern zu suchen. Dann widmen sie sich ausgiebig ihrem Bad im Schlamm. „Sie haben keine Schweißdrüsen. Wenn es ihnen zu heiß wird, gehen sie zur Suhle.“ Diese haben sie sich mit ihren Hörnern selbst gegraben, das nötige Wasser kommt aus der Leitung und wird an einem schattigen Plätzchen unter einem Baum in die Luft gesprüht. Ab einer Temperatur von 26 Grad kämen die Tiere dort nicht mehr raus, sagt der Landwirt.

So gut die robusten Büffel auf der Alb zurechtkommen: Die Älbler mussten sich zu Beginn erst mal mit ihnen anfreunden. „Meine schwierigste Zeit war ganz am Anfang, als ich lernen musste, dass ich alles, was ich über Rinder weiß, über Bord werfen muss.“ So ließen sich die Büffel nur melken, wenn alles entspannt sei. „Wenn man mit Stress an den Melkstand tritt, braucht man erst gar nicht anfangen.“ Neue Praktikanten dürften darum erst nach Wochen mit in den Raum, wenn sich die Tiere an sie gewöhnt haben.

Und überhaupt ist der Milchertrag nicht so hoch wie bei der Kuh: Eine Büffeline ist mit elf Monaten länger trächtig als eine Kuh und unzuverlässig, was die Milch angeht: Jede handhabt das anders. „Es kann sein, dass eine Büffeline zwei Monate lang zehn Liter am Tag gibt und dann fertig ist für den Rest des Jahres“, sagt der Landwirt. Der Schnitt liege bei fünf Litern am Tag, bei einer Kuh im Biobereich bei 18. Die Naturbelassenheit hat aber auch ihr Gutes. „Der Vorteil ist: Die Wasserbüffel wollen auch keinen Arzt sehen.“

Wie viel Anteil der Büffel am Umsatz hat, kann Rauscher nicht sagen. Zum einen, weil der Ertrag nicht konstant ist. Zum anderen, weil Büffelmilch viel gehaltvoller ist als Kuhmilch: Sie hat neun Prozent Fett und sechs Prozent Eiweiß. So ist auch der Büffelkäsepreis höher und wird dennoch gerne gekauft. „Die Leute verstehen, dass es ein Genussprodukt ist.“ Die verschiedenen Hart- und Weichkäse aus Hohenstein haben genau wie die Büffelinen Charakter, ihr Geschmack ist würzig. Der Albzarella hat mehrere Qualitätspreise eingeheimst und ist eine geschützte Marke. Der Käse werde in der Herstellung natürlich gesäuert, nicht mit Zitronensäure, betont der Bioland-zertifizierte Bauer - nach alter handwerklicher Tradition.

Außerdem sind die Büffel ein Publikumsmagnet. Schließlich können sich die Leute hier vergewissern, dass der Käse aus der Milch von gesunden Tieren hergestellt wird - ganz im Gegensatz zur Heimatregion des original Mozzarella di Bufala Campana. 2014 förderte ein Report der Tierschutzorganisation Vier Pfoten furchtbare Bilder aus Süditalien zu Tage: In einigen Betrieben wurden die Büffel in engen, verdreckten Ställen gehalten, hatten offene Wunden. Männliche Tiere ließen die Verantwortlichen einfach verhungern oder töteten sie mit Hammerschlägen, weil sie keine Milch geben.

In Hohenstein gibt es darum Arbeitsteilung: Männliche Jungtiere verkauft Rauscher an Züchter Wolf. „Oder an Leute, die einen Rasenmäher wollen“, scherzt er. Die Büffel dienen schließlich auch der Landschaftspflege. Ohne Weidevieh würde sich der Wald die charakteristischen Kräuterwiesen und Wachholderheiden zurückerobern. Mit Bio-Metzger Ludwig Failenschmid und Täschnermeister Hubert Göppel sind weitere Partner für die Marke „Albbüffel“ gefunden - zur Verwertung des ganzen Tieres. Den Büffelinen von Helmut Rauscher steht aber ein langes Leben bevor. Sie können bis zu 40 Jahre alt werden.