Quelle: Unbekannt

„Mit Naturheilmitteln und Bewegung lässt sich oft mehr erreichen als mit Salben auf chemischer Basis.“.

Feiner Staub liegt im Jurafangowerk in Bad Boll in der Luft. Das kitzelt in der Nase. In der Fabrikhalle türmen sich Platten aus Posidonienschiefer aus dem benachbarten Steinbruch. In dem Gestein, das seinen Ursprung vor 175 Millionen Jahren im Jurameer hat, sind Muscheln, Seelilien und Fische konserviert. Auf einer alten Mühle aus Metall, die ohrenbetäubend rattert, wird das harte Gestein zu hauchfeinem Pulver verarbeitet. Ein großer Teil wird in Plastiksäcke verpackt und an die Kurklinik in Bad Boll geliefert. Da wird Jurafango in der Therapie eingesetzt.

Was unterscheidet Jurafango von herkömmlichem Fango? „Im Schiefer sind neben wertvollen Mineralstoffen organische Materialien enthalten“, erklärt Reinhold Schön. Die Überreste der Meerestiere wirken aus seiner Sicht positiv auf den menschlichen Organismus.

Der medizinische Bademeister und Physiotherapeut führt seit 2008 die Geschäfte der Manufaktur Dr. Heberer Naturheilmittel: „Bei uns wird alles von Hand produziert.“ Die Kompressen näht und befüllt ein Mitarbeiter. Wenn viele Bestellungen anliegen, springt auch der Chef ein. Inzwischen ist seine Nichte Nicola Bühler mit eingestiegen. Die Ernährungswissenschaftlerin, die in Biochemie promoviert, übernimmt Schritt für Schritt die Geschäfte. Dass die junge Frau mit den langen braunen Haaren für Naturmedizin brennt, spürt man schnell. Sie hat die Produktpalette erweitert. Zusätzlich zu den Fango-Kompressen aus Baumwollstoff vermarktet und produziert die Manufaktur mit Online-Shop und Fabrikverkauf Seifen, Öle, Heublumenkissen und vieles mehr.

Bühler hat selbst eine Reihe von Tubenseifen mit unterschiedlichen Geruchsnuancen kreiert - sie tragen den klingenden Namen San Floriano. Sie will Naturmedizin mit innovativen Ideen auch jenen erschließen, die ansonsten nicht ganz so gesundheitsbewusst sind. An Seife aus der Tube muss man sich gewöhnen. Doch dabei wird das Händewaschen zum echten Geruchserlebnis. „Buckingham Flowers“ etwa hat eine edle Note. Beim Einreiben der Hände duftet es nach Blüten und Hölzern. Dagegen riecht „Chypre Vert“ sehr kräftig. Die Komposition aus Muskatellersalbei, Bitterorange, Minze und Lavendel beschreibt die Schöpferin als „frisch und selbstbewusst“. Sie produziert ausschließlich mit Naturstoffen, die strengsten Demeter-Kriterien entsprechen. Deshalb trägt der größte Teil der Heberer-Produkte dieses Siegel.

Auch Seife aus Fango wird in Bad Boll hergestellt. „Das Pulver macht die Seife rau, das hat einen Peeling-Effekt“, sagt Schön. Damit ließen sich auch stark verschmutzte Hände reinigen, sagt der Seniorchef. Der Therapeut, der ein gefragter Referent bei Tagungen zur Naturheilkunde ist, schwört auf die Heilkraft des fossilen Pulvers.

Damit hat er in seiner jahrzehntelangen Praxis etliche Heilerfolge erzielt. Schön erinnert sich an die ältere Dame, die eine schwere Arthrose der Fingergelenke hatte. Sie mischte Jurafango mit Wasser und badete ihre Hände regelmäßig in der schlammigen Masse. Es brauche Geduld, doch schließlich habe sich die Beweglichkeit ihrer Finger deutlich verbessert. „Mit Naturheilmitteln und Bewegung lässt sich oft mehr erreichen als mit Salben auf chemischer Basis.“

Der erfahrene Bademeister setzt auf ganzheitliche Therapien. So könne man auch bei chronischen Leiden vieles bewirken. Heubäder helfen nach seinen Worten bei rheumatischen Beschwerden, Hexenschuss oder bei der Gelenkentzündung Morbus Bechterew. Das Heubad von Dr. Heberer hat der schwäbische Landwirt Eugen Walter aus dem Luftkurort Westerheim kreiert.

„Es ist eine ganz spezielle Mischung von Wiesengewächsen“, schwärmt Schön. Doch mit dem Bad alleine sei es nicht getan: „Gönnen Sie sich nach einem Heubad Ruhe: Hüllen Sie sich, ohne sich abzutrocknen, in ein großes Badetuch und legen sie sich für zwanzig Minuten zu einer Nachruhe ins Bett. Die Ruhepackung sollte angenehm warm sein, aber Sie sollen nicht schwitzen.“

Wenn Besuchergruppen ins Werk kommen, nimmt sich Schön viel Zeit, um mit den Gästen zu sprechen. „Er gibt gerne Gesundheitstipps, und das am liebsten beim Eiskaffee“, verrät Nicola Bühler. Sie liebt es, mit Kindergruppen in den Juraschiefer-Steinbruch hinter dem Haus zu gehen. Geduldig erklärt die Geschäftsfrau den Jungen und Mädchen, wie sich das Jurameer entwickelt hat und welche Tiere damals auf der Schwäbischen Alb lebten. In ihrem Büro steht ein Regal mit Dino-Plastikfiguren. Damit vermittelt sie den Kindern spielerisch Urgeschichte. Danach dürfen die Jungen und Mädchen mit ihren Eltern Steine klopfen. Wer eine versteinerte Muschel findet, darf die als Erinnerung mitnehmen. „Es kostet natürlich Zeit“, weiß Nicola Bühler, die solche Führungen (siehe Kasten) im Sommer am ersten Freitag im Monat anbietet. Auf Anfrage dürfen auch Gruppen kommen, „wenn das mein Terminkalender zulässt“. Um Trends in der Naturheilkunde aufzuspüren, ist sie viel auf Messen unterwegs.

Geologie zum Anfassen

Geopark Schwäbische Alb: Das Jurafangowerk in Bad Boll ist Teil des Geoparks Schwäbische Alb. Dazu gehören Museen, Höhlen, Lehrpfade und Mineralbäder in der Region. Die Nebelhöhle in Sonnenbühl, der Brenzursprung in Königsbronn, das Randecker Maar und die Limes-Thermen in Aalen sind nur ein kleiner Teil der Sehenswürdigkeiten, um die sich der touristische Verband kümmert. Auf der anschaulich gestalteten Homepage sind viele Informationen, Tipps, Termine und Fotos zu finden. Da lässt sich ein Ausflug leicht planen. Außerdem stehen viele Veranstaltungen zu geologischen Themen auf dem Plan.

www.geopark-alb.de

Das Jurafangowerk Bad Boll:Schwefelwasser, Thermalmineralwasser und Jurafango sind die Heilmittel, die im Kurort Bad Boll vorkommen. Im Jurafangowerk wird in einer Mühle der Posidonienschiefer zu Fango zermahlen. Nicola Bühler und Reinhold Schön bieten Führungen im Steinbruch an. Kinder und Erwachsene dürfen unter fachkundiger Anleitung Steine klopfen. Der Eintritt kostet 4 Euro für Erwachsene, 3 Euro für Kinder. Hammer und Meißel können gegen ein Pfand von 5 Euro ausgeliehen werden. Von April bis September werden in der Regel an jedem ersten Freitag im Monat von 14 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung Geologie-Erlebnistage angeboten. Da hat auch der Fango-Fabrikverkauf geöffnet. Die nächsten Termine sind am Freitag, 1. September, sowie am Dienstag, 3. Oktober, - da wird in Bad Boll der Berta-Tag gefeiert.

www.dr-heberer.de