Quelle: Unbekannt

Von Karin Ait Atmane (Text + Fotos)

So viel Schaden der späte Frost in diesem Jahr angerichtet hat: Bei den Stachelbeeren hat er Winfried Groner und seinen Mitarbeitern auf dem Lobenroter Hof Arbeit abgenommen. In anderen Jahren brechen sie etwa 50 Prozent der noch ganz kleinen Beeren aus. „Wenn sie erbsengroß sind, dann gehen wir durch und stellen sie einzeln“, erklärt Groner. Meist hängen zwei Früchte an einem Blattansatz; belassen wird nur eine, damit sie eine schöne Größe erreicht - denn kleine und mittlere Exemplare lassen sich nur schwer vermarkten. In diesem Jahr hat der Frost die schon weiter entwickelten Stachelbeeren erwischt, die kleinen haben ihn überstanden und sich, so Groner, „überdurchschnittlich schön“ entwickelt.

Mit rund 200 Sträuchern ist die Stachelbeere auf dem Lobenroter Hof trotzdem eher eine Randerscheinung. „Die Nachfrage ist nicht so groß“, sagt der Landwirt, der weitaus mehr Erdbeeren, Himbeeren oder Johannisbeeren verkauft. Allerdings ist er der einzige weit und breit, der Ribes uva-crispa, wie die Stachelbeere mit botanischem Namen heißt, sogar in der Selbstpflücke anbietet - und er weiß auch von Menschen, die ihretwegen gerne ein Stück anfahren. Denn wo die einen von der recht dicken, etwas behaarten Schale und dem herben Aroma abgeschreckt sind, wissen andere gerade das zu schätzen. Zumal die Stachelbeere nicht nur in Rot oder Grün existiert, sondern auch je nach Reifegrad ganz unterschiedlichen Charakter hat. Man kann sie sehr gut in festem, knackigem Zustand verspeisen, aber auch warten, bis sie weich, im Inneren etwas glibberig und deutlich süßer wird. Da gebe es dann auch Leute, die sie aufbeißen, „leerzutzeln“ wie eine Weißwurst und die Schale entsorgen, weiß Groner.

Er selbst hat durchaus etwas übrig für die Früchtchen mit der durchscheinenden Haut und verspeist sie am liebsten direkt vom Busch. Trotzdem hatte er sich eigentlich schon von ihrem Anbau verabschiedet. Denn mit den kleinen Stachelbeerbäumchen, die er vor 33 Jahren vom Vorgänger übernahm, war er nicht zufrieden. Sie waren schwer abzuernten, in den Astgabeln nistete sich selbst bei angeblich resistenten Sorten immer wieder Mehltau ein, für den Stachelbeeren recht anfällig sind. Kurz vor dem Aufgeben brachte aber ein Versuch mit Sträuchern, locker im Spalier hochgezogen, den Erfolg. Luft und Licht sind wichtig, fürs Gedeihen wie fürs Ernten. Denn Stachelbeeren haben zwar streng botanisch genommen keine Stacheln sondern Dornen (während Rosen Stacheln haben), aber schmerzhaft sind die einen wie die anderen.

Renate Scharpf weiß das nur allzu gut. Die Aichwalder Landfrau hat sich beim „Stachelbeerzopfen“ schon des Öfteren blutige Hände geholt. „Die tut niemand gern weg“, sagt sie, „des isch a Gschäft“. Aber anfangen kann sie viel mit den grünen oder rötlichen Früchtchen, und das ohne Zeitdruck. Selbst reife Beeren lassen sich gut ein paar Tage im Kühlschrank lagern. Und wenn man sie in noch festem Zustand erntet, reifen sie langsam nach - dann darf man sich mit der Verarbeitung durchaus zwei bis drei Wochen Zeit lassen.

Dank der festen Schale behalten Stachelbeeren ihre Form und eignen sich folglich zum Einfrieren ebenso wie zum Eindünsten. Letzteres ist zwar heute nicht mehr so verbreitet, aber perfekt, wenn eine Stachelbeertorte auf dem Kaffeetisch stehen soll. Renate Scharpf macht sie oft für Feste und öffentliche Anlässe - wenn die Böden erst einmal gebacken seien, sei sie schnell fertig, sagt sie. Frische Beeren sind dafür zu hart und zu sauer, aus ihnen muss man zunächst ein Kompott kochen. Oder man hat eben wie die Aichwalder Landfrau eingedünstete Stachelbeeren zu Hand, bei denen man praktischerweise gleich den Saft mitverwenden kann.

Zunächst werden zwei Rührteigböden, bestrichen mit Zucker-Eischnee-Masse und bestreut mit Mandeln, gebacken: einer als Boden, einer als Deckel. Als Füllung kocht Scharpf Stachelbeersaft, Mondamin und Zucker auf und mischt dann die eingedünsteten oder vorher gekochten Stachelbeeren unter. Diese Creme wird nach dem Abkühlen auf den einen der Böden gegeben, geschlagene Sahne kommt als weitere Schicht obendrauf. Der zweite Boden wird zum Deckel, wobei Renate Scharpf empfiehlt, ihn schon vorher in Stücke zu schneiden. Der Clou an diesem Rezept ist der Kontrast zwischen leicht säuerlicher Beerenfüllung und der süßen Baiserschicht.

Natürlich kann man mit Stachelbeeren auch einen einfachen Kuchen backen, dann brauchen sie keine Vorbehandlung, sondern werden roh mitgebacken: Mürbteig in eine Springform geben, ein Kilo Stachelbeeren drauf, einen Guss obendrüber und backen. Für den Guss schlägt Luise Haarer in ihrem Klassiker „Kochen und Backen“ drei bis vier Eigelb mit 200 Gramm Zucker und etwas saurer Sahne und hebt dann 100 Gramm gemahlene Mandeln und den Eischnee darunter.

Traditionell werden Stachelbeeren zudem gern entsaftet und zu Gelee verarbeitet. Dank ihres hohen Pektingehalts gelieren sie gut und sind deshalb auch zum Mischen mit pektinarmen Früchten wie Erdbeeren, Brombeeren oder Rhabarber vorteilhaft. Für Marmelade passiert Renate Scharpf die gekochten Stachelbeeren oder geht mit dem Pürierstab ran. Ihre Gelierfähigkeit macht Stachelbeeren zudem zu einer idealen Zutat für Grützen, ob rot oder grün. Und mit ihrem feinherben Aroma sind sie eine gute Basis für Chutneys. Selbst bei modernen Esstrends haben sie ihren Platz erobert und harmonieren in Smoothies bestens mit Kiwi, Banane und anderen Früchten.

Info

Stachelbeeren haben einen relativ hohen Zuckergehalt, was angesichts ihres säuerlichen Aromas überrascht. Das kommt durch die enthaltenen Fruchtsäuren zustande. Neben Vitamin C und Vitamin E liefern die Beeren eine ordentliche Portion der Mineralstoffe Kalium, Kalzium, Magnesium und Phosphor, zudem enthalten sie Folsäure und verdauungsfördernde Ballaststoffe. Früher wurden Stachelbeeren auch Klosterbeeren genannt. Eine Kreuzung aus Stachel- und schwarzer Johannisbeere ist die Josta- oder Jochelbeere.

Stachelbeertorte

für die zwei Böden folgende Zutaten zu einem Rührteig verarbeiten:

125 Gramm Zucker, 1 Päckchen Vanillezucker, 4 Eigelb, 150 Gramm Fett und 150 Gramm Mehl, mit 2 TL Backpulver gemischt.

4 Eiweiß mit 250 Gramm Zucker schlagen und auf die Böden streichen, Mandelsplitter oder -blättchen darüber streuen. Dann bei 180 Grad 15 Minuten backen.

Für die Füllung einen Viertelliter Stachelbeersaft, 100 Gramm Zucker und 30 Gramm in Flüssigkeit angerührtes Mondamin aufkochen. Ausschalten, die gekochten oder gedünsteten Stachelbeeren darunter rühren. Abkühlen lassen und auf einen der Böden geben.

Einen halben Liter Sahne steif schlagen und auf die Füllung geben.

Denn zweiten Boden zuerst in Stücke schneiden, dann als Deckel auf der Sahne zusammensetzen.

Grüne Grütze

Rhabarberstangen schälen und in Stücke schneiden, mit Zucker vermischen und eine Weile durchziehen lassen. Dann mit Stachelbeeren und eventuell etwas Apfelsaft aufkochen, nach drei Minuten geschnittene Kiwi dazugeben und noch etwas weiterköcheln. Etwas Mondamin oder auch Vanillepuddingpulver mit Flüssigkeit anrühren, dazugeben und noch einmal aufkochen, damit die Grütze andickt. Schmeckt sehr gut mit Eis oder Schlagsahne.

Rezepte