Regine Erb (vorne rechts und im Text unten) wandert mit den Frauen in den Streuobstwiesen zwischen Hülben und Neuffen. Foto: Andreas Kaier - Andreas Kaier

Im Wanderschritt erkundet Regie Erb mit einer Frauengruppe den Albtrauf. In die Tour auf schmalen Pfaden baut sie entspannende Übungen und Meditation mit der Klangschale ein.

Kreis Esslingen Mit der Klangschale läutet Regine Erb Phasen der Ruhe ein. Nach ihrem ersten Schlag mit dem Klöppel vibriert der Hohlkörper aus Metall. Auf einer Wiese zwischen dem Wanderparkplatz Hülben und dem Deckelesfels macht die Gästeführerin der Schwäbischen Landpartie mit ihrer Gruppe eine kurze Rast. Über schmale Pfade des Albtraufs haben die Frauen aus dem Kreis Esslingen die Wiese auf einer Lichtung erreicht. Margeriten, Wolfsmilch und Vergissmeinnicht blühen zwischen hohen Gräsern. Sonnenstrahlen kitzeln auf dem Gesicht. Dann stehen entspannende Übungen auf dem Plan. Behutsam legt Erb die Hand auf die Augen, fordert die Frauen auf, ihre Wangenknochen zu spüren. „Palmieren ist gut für die Sehkraft.“ Mit dieser Methode aus der alternativen Medizin könne man die Augen trainieren.

Zum meditativen Wandern hat Erb, die in Neuffen lebt, an diesem Nachmittag eingeladen. Mit Wanderschuhen und wasserdichten Jacken sind die Teilnehmerinnen gut für die Tour entlang des Albtraufs gerüstet. Zum Deckelesfels, der hoch über dem Ermstal liegt, führt die Tour über felsige Wege. Knorrige Baumstämme versperren den Weg. Immer wieder ragen Felsbrocken aus der Erde. „Da erlebt man die Geologie der Schwäbischen Alb, sieht die Gesteinsschichten“, sagt Erb, die sich als Jura-Guide ausbilden ließ. Wanderstrecken für Sportliche hat die Kennerin der Landschaft ausgesucht. Damit die Frauen lernen, in der Natur abzuschalten, hat sie einige Phasen der Ruhe eingebaut.

Der scharfe Geruch des blühenden Bärlauchs durchströmt den Wald. Steil fällt der Albtrauf am Rande des Wegs ab. Das ist nichts für Menschen mit Höhenangst. Mit dem Wanderstock kommen aber auch die Ungeübten in der Gruppe gut zurecht. „Kniebrechweg“ steht auf einem Straßenschild. Das ist aber kein böses Omen für die Gruppe, die auf der Alb drei entspannende Stunden erlebt. Als Wanderführerin hat Regine Erb viel Erfahrung. Jüngst war die sportliche Frau mit dem rotbraunen Haar im Auftrag des Deutschen Wanderverbands mit dem Kreuzfahrtschiff „MS Berlin“ auf Tour. Auf den Landgängen in Korsika und Sardinien hat sie mit Kollegen und Passagieren die Landschaft entdeckt. Auf Malta stand eine Radtour auf dem Plan. „Es ist wichtig, sich auf die Teilnehmerinnen einzustellen“, sagt die Genießerin. Ihre Klangschale hatte sie auch auf der Reise im Mittelmeer dabei. „Mit allen Sinnen“ will sie die Wanderer dazu verführen, ihre Umwelt bewusst wahrzunehmen.

Wie bei allen Ausflügen der Schwäbischen Landpartie gibt es an einem der Rastplätze einen kleinen Imbiss. Zwischen Bäumen hat Erb einen Korb mit Holundergebäck und heißem Holunder-Zitronen-Punsch versteckt. Der Hefeteig ist mit ihrer selbst gekochten Hugo-Marmelade gefüllt. Die herbsüße Masse erinnert wirklich ein bisschen an den Trend-Cocktail. „Wenn Frauen zusammen unterwegs sind, gehört Kaffeetrinken einfach dazu“, findet die Wanderführerin und lacht. Die Stärkung tut den Frauen richtig gut. Dann geht es über einen Wiesenweg weiter zum Deckelesfels. Mit der Klangschale gibt Erb jeder einzelnen Frau beim Weggehen einen Impuls. Dann schlendert jede für sich durch die blühende Landschaft. „Wir müssen lernen, den Alltag abzuschütteln und loszulassen.“ Der viel beschäftigten Wanderführerin selbst helfen die Streifzüge durch die Natur, zur Ruhe zu kommen.

Durch einen schmalen Wiesenpfad geht es dann zum Ziel der etwa sechs Kilometer langen Tour. Der Deckelesfels eröffnet einen wunderschönen Blick über das Ermstal. Ganz lässig stellt sich die sportliche Gästeführerin auf den Felsvorsprung und zeigt die Sehenswürdigkeiten. Vor einem Hügel ist das Kloster der EBK-Mönche zu sehen, auch Blumenmönche genannt. Die Männer und Frauen der Evangelischen Bruderschaft Kecharismai leben, beten und arbeiten gemeinsam in dem Kloster in Dettingen an der Erms. Sie bewirtschaften Blumen- und Gemüsefelder. Diese Arbeit sichert ihre Lebensgrundlage. „Hinter dem Hügel sind die Uracher Wasserfälle“, sagt die Neuffenerin. Sie liebt es, den Teilnehmern ihrer Touren Ausflugsziele vorzuschlagen.

Donnergrollen in weiter Ferne zwingt die Teilnehmerinnen zur Rückkehr auf den Parkplatz. Zwar tröpfelt es ein wenig. Aber dann hört der Regen gleich wieder auf. Obwohl die Sonne verschwunden ist, bleibt das Wetter sehr angenehm. Mit einer letzten gemeinsamen Entspannungsrunde endet das meditative Wandern. „Ich habe viele Ideen mitgenommen, die ich im Alltag übertragen kann“, findet eine Teilnehmerin aus Köngen. Eine Esslingerin will an einem der nächsten Wochenenden mit der Familie über den Kniebrechweg bei Hülben zum Deckeles- und zum Seizenfels wandern. Die Schnuppertour im Biosphärengebiet hat ihr richtig Lust gemacht, die Landschaft auf eigene Faust zu entdecken.

Die nächsten Touren

Künstlerische Landpartie: „Die Natur mit wachsen Augen entdecken“ will Regine Erb. Mit der Schwäbischen Landpartie bieten sie und die Kunsttherapeutin Nadine Jedamski einen besonderen Ausflug an: „LandArt oder NaturKunschd“ findet am Samstag, 2. Juni, von 13 bis 18 Uhr statt. Bei ihrer gemeinsamen Veranstaltung wollen die Frauen nicht nur den Blick der Teilnehmer für die Natur schärfen. Sie erschaffen ein Naturkunstwerk. LandArt ist eine Strömung der Bildenden Kunst. Bei dieser Tour geht es darum, die Kreativität der Gruppe zu wecken.

Anmeldung und Informationen zum Treffpunkt unter Schwäbische Landpartie, Maria Stollmeier, Telefon 070 23/
90 87 18 oder unter www.schwaebische-landpartie.de

Mit den Jura-Guides unterwegs: Regine Erb betreibt mit ihrer Wanderagentur Jura-Guides eine eigene Homepage. Am 22. September lädt sie zu einem Bierigen Albtraufgang ein. Acht Kilometer wird über Kalkfelsen, durch Buchenwälder und entlang des Albtraufs gewandert. Dazu gibt es Fingerfood und es werden regionale Biere verkostet. „Die Vielfalt der Brauereien, die es hier gibt, fasziniert mich“, sagt Regine Erb. Bei der Tour gibt es viele Informationen über die Familienbetriebe.

Weitere Informationen und Touren unter www.jura-guide.com