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„Das Wandern im Schnee ist eine schöne Möglichkeit, um vom Alltagsstress mal ganz abzuschalten.“

Frostig verzuckerte Äste und eisig blitzende Tannenwipfel locken nicht nur an Wochenenden etliche Winterwanderer auf die Schwäbische Alb. Die Schönheit der Landschaft lässt sich aber nicht nur auf den gespurten Loipen oder auf Spazierwegen entdecken. Maria Stollmeier und Regine Grünzweig, Gästeführerinnen der Schwäbischen Landpartie, bieten zurzeit geführte Schneeschuhtouren an, wenn es die Schneeverhältnisse zulassen.

Zwölf der klobig aussehenden Wintersportgeräte haben die Frauen angeschafft, damit die Teilnehmer diese ausleihen können. Auch Gamaschen und Stöcke stehen bereit. Wenn man die breiten Schuhe an den Wanderstiefeln festgeschnallt hat, kann es losgehen. Sechs Stahl-Spikes und die Front-Harschkralle, wie es im Fachjargon heißt, bieten auch auf eisigem Untergrund Halt. Dass die Schuhe so breit sind, hat einen einfachen Grund. So verteilt sich das Gewicht, man sinkt weniger ein.

Wie kamen die zwei Nachbarinnen aus Bissingen auf den Sport, der von manchen als Freizeitspaß für die ältere Generation belächelt wird? „Ich habe das bei einem Familienausflug mal ausprobiert“, erinnert sich Maria Stollmeier. Durch eine meterdicke Schneedecke sei die Gruppe da gestapft, „und wir haben uns ein bisschen so gefühlt wie die Abenteurer in Kanada“. Noch beim anschließenden Ausklang bei Glühwein und heißem Tee in einer urigen Skihütte hätten gerade die Männer stundenlang von diesem besonderen Erlebnis geschwärmt. Das möchten die zwei Frauen nun auch ihren Gästen auf der Alb bei regelmäßigen Touren bieten.

Dass Schneeschuhwanderungen nur etwas für Ältere sind, lässt Regine Grünzweig nicht gelten. Die sportliche Fahrlehrerin hält sie für einen „idealen Ausdauersport, bei dem man so richtig durchatmen kann“. Die Bewegung ist gut für Herz und Kreislauf, wie ein leichtes Cardio-Training. Vor allem genieße sie die Stille in der Winterlandschaft, schwärmt die Bissingerin. Beim Langlauf sei man oft zu erschöpft, um den herrlichen Ausblick zu genießen. Wer mit den Schneeschuhen unterwegs ist, findet Muße, inne zu halten und zum Beispiel den Blick auf die Limburg, den Heimenstein oder das beschauliche Neidlingen zu genießen. „Das Wandern im Schnee ist eine schöne Möglichkeit, um vom Alltagsstress mal ganz abzuschalten“, sagt Maria Stollmeier.

Die Teilnehmer der Touren, die Stollmeier und Grünzweig anbieten, sind zwischen 40 und 80 Jahre alt. Schön finden die Gästeführerinnen, dass auch weniger Sportliche den Ausdauersport ohne Vorkenntnisse ausüben können. Bei den ersten Schritten auf dem Parkplatz knarzt die Schneedecke. Die Metallzacken an den Unterkanten krallen sich in eine Eisplatte, die unter dem weißen Pulverschnee liegt. Anders als mit gewöhnlichen Wanderschuhen können da auch Ungeübte schwerlich ausrutschen.

Dann geht es über eine Wiese bergauf und bergab durch den Schnee oberhalb des Ochsenwanger Skilifts. Um die Höhenunterschiede zu meistern, braucht man Teleskopstöcke, die einfach in der Höhe zu verstellen sind. Warme Kleidung und Handschuhe, in denen man die Finger gut bewegen kann, sind ebenfalls ein Muss.

An der Natur auf der Alb kann man sich kaum sattsehen. Vertrocknete Grashalme linsen aus der dicken Schneedecke. In fahler Wintersonne blitzen Schneekristalle. Durch den langen Frost ist die Schneedecke derzeit meist recht fest. Bei dem Streifzug tauchen immer wieder Pfotenabdrücke von Wildtieren auf. Füchse, Kaninchen und Rehe hinterlassen im Winterwunderland ihre Spuren. Nebenan haben Wildschweine ein Feld aufgewühlt - auch das ist unter der Schneedecke gut zu sehen. „Ackerflächen sind beim Schneeschuhwandern natürlich tabu“, erklärt Maria Stollmeier. Und wenn die Touren durch den Wald führen, müssen die Wanderer stets auf den Wegen bleiben. Gerade im Winter ist es wichtig, die Tiere möglichst wenig zu stören. Auch diese Regeln bringen die Gästeführerinnen ihren Teilnehmern behutsam bei. Wichtig ist den Tourenleiterinnen aber auch der Spaß. „Wir sehen das nicht verbissen“, findet Regine Grünzweig. Meist sind die beiden Frauen zusammen mit einer Gruppe unterwegs. „Eine kümmert sich dann um die, die etwas langsamer sind“, erzählt Maria Stollmeier.

Schneeschuhe haben eine lange Geschichte. Manche erinnern sich noch an die nostalgischen Holzmodelle mit Lederriemen, mit denen Opa und Oma über verschneite Wiesen und Felder zogen. Zwischen den Holzkanten war ein Seilgeflecht gespannt, damit die Wanderer nicht zu tief einsanken. Schon vor 12 000 Jahren schnallten sich Bauern, Jäger und Trapper im Winter eine Art Schneeschuhe um. Auf Wandmalereien und Höhlenzeichnungen sind deren Vorläufer zu sehen. Damit konnten sie sich schneller in der weißen Pracht bewegen. In den Regionen von Alaska, Kanada, Nord-Amerika, Skandinavien sowie Europa war das die gängige Art, durch tiefen Schnee zu kommen.

Heute gibt es eine Fülle moderner Modelle aus Kunststoff, leichtem Alu oder Holz zu kaufen. Nur ihre breite Form erinnert noch an die nostalgischen Modelle. Inzwischen haben Schneeschuhe in den Leistungssport Einzug gehalten. Schneeschuhrennen ist in den USA und in Europa ein beliebter Sport (siehe Kasten). Die Schneeschuhläufer küren bei den Wettbewerben in unterschiedlichen Ländern sogar Weltmeister.

Die Schwäbische Landpartie bietet auf Anmeldung an Wochenenden Schneeschuhtouren an, wenn es die Schneelage auf der Alb zulässt. Weitere Informationen gibt es bei den Gästeführerinnen Maria Stollmeier, info@schwaebische-landpartie.de, unter Tel. 0 70 23/90 87 18. Die Teilnahme an der etwa zweistündigen Tour kostet 18 Euro (Schneeschuhe kann man bei den Veranstalterinnen ausleihen). Auch für Gruppen ist dieses sportliche Angebot buchbar. Die Touren sind etwa sechs Kilometer lang und erstrecken sich über 150 Höhenmeter, je nach Leistungsstand der Gruppe.

www.schwaebische-landpartie.de

Leistungssportler auf Schneeschuhen

Laufen auf Schneeschuhen: Auf leichten Schneeschuh-Modellen, die eigens dafür gemacht sind, kann man auch sportlich laufen. Diese Sportart ist in Deutschland wenig verbreitet. In Skandinavien und in Nordamerika, wo es Schneemassen gibt, sind Läufer im Winter auf Schneeschuhen unterwegs. Das schult auch die Lauftechnik. Schneeschuhlaufen trainiert nicht nur die Ausdauer, sondern auch die Koordination. Wer es entspannt mag, kann auf Schneeschuhen einfach nur in der Winterlandschaft spazieren gehen.

Weltmeisterschaften: Der Welt-Schneeschuhverband veranstaltet jedes Jahr eine Weltmeisterschaft. 2017 finden die Wettkämpfe vom 24. bis 26. Februar in Lake Saranac, New York, statt. Früher waren sie in Kanada, Japan, Österreich und Skandinavien. Mehr als 150 Teilnehmer werden in dem Dorf mit 5400 Einwohnern erwartet, das an einem See liegt. Die Läufer, die aus aller Welt in die USA reisen, legen zehn Kilometer zurück.