Nach der Ernte kommen die ziegelroten Fäden in die Dörre. Nach sechs Wochen entwickelt Safran sein volles Aroma. Quelle: Unbekannt

Von Dagmar Weinberg (Text) und Klaus Franke (Fotos)

Dass der Volksmund mit seiner Behauptung „Auf der Alb wachsen mehr Steine als Kartoffeln“ nicht falsch liegt, sieht, wer Frank Bahnmüller zu seinen Safranfeldern begleitet. Die Dämme, die er eigens für den Anbau der Knollen angelegt hat, sind von weiß leuchtenden Kalksteinbrocken durchzogen. Dazwischen sprießen die violetten Blüten des Crokus Sativus, die sich von Anfang Oktober bis Ende November zeigen. „In diesem Jahr hat er aber schon zehn Tage früher geblüht als sonst“, erzählt der Safrananbauer, der im Brotberuf bei der Agentur für Arbeit als Teamleiter für behinderte Menschen zuständig ist. „Vom Safrananbau alleine wird man auf der Alb nie leben können.“ Denn für ein Kilo getrockneten Safran müssen rund 200 000 Krokusblüten geerntet werden. Und die Landwirtschaft ist in dem schwäbischen Mittelgebirge ein mühsames Unterfangen. Das weiß auch Frank Bahnmüller. Schließlich ist er im Sonnenbühler Ortsteil Undingen aufgewachsen, und sein Vater hat eine Nebenerwerbslandwirtschaft umgetrieben. „Wir liegen hier auf ungefähr 775 Metern, und da kann es an manchen Stellen im Winter auch schon mal minus 25 Grad kalt werden.“

Es dennoch auf der Alb mit dem herbstblühenden Krokus zu versuchen, „ist sicher ein bisschen verrückt“, räumt er ein. „Viele haben gesagt, dass so was Exotisches doch niemals bei uns wächst.“ Weil ihn das teuerste Gewürz der Welt, das auch als rotes Gold bezeichnet wird, „nicht nur wegen des Geschmacks, sondern auch wegen der tollen, intensiven Farbe schon immer fasziniert hat“, beschloss er einen Versuch zu wagen. Mut hat ihm die Erkenntnis gemacht, dass die Knollen sowohl im Iran - dem Weltmarktführer des Safrananbaus - als auch in Europa auf Hochebenen gedeihen, unter anderem in den italienischen Abruzzen. „Der Safran mag zwar Feuchtigkeit, aber keine Staunässe“, erklärt Frank Bahnmüller. „Deshalb sind die kargen, steinigen und wasserdurchlässigen Böden der Alb optimal. Außerdem speichern die Kalksteine auf den Feldern Wärme.“ Auch die für den Herbst typischen Inversionswetterlagen mit milden Tagestemperaturen in der Höhe spielen dem Safranproduzenten in die Hände.

Bevor Frank Bahnmüller in größerem Stil in den Safrananbau eingestiegen ist, hat er vor zwei Jahren zunächst an drei verschiedenen Standorten einen Testlauf gestartet. „Zu meiner Überraschung hatten sich Ende September in allen drei Safranerien fast gleichzeitig die Triebe und das Safrangras entwickelt und rund 30 Prozent der Knollen haben Blüten gebracht“, erinnert sich Frank Bahnmüller. Allerdings war auch ein Wildschaden zu beklagen. „Mäuse mögen die Knollen und hatten viele ausgegraben.“ Nachdem der Safran den ersten Winter gut überstanden und kräftig Tochterknollen entwickelt hatte, orderte er Nachschub. „Auf unseren Safranerien sind inzwischen 35 000 Knollen vergraben.“ Wenn’s gut läuft, bringt jede Knolle zwei bis drei Blüten. Die Investition hat sich gelohnt.

Im vergangenen Jahr konnte der Safranproduzent, der sowohl von seiner Frau Susanne Eißler als auch von seiner Mutter und weiteren Familienmitgliedern unterstützt wird, bereits so viele Blüten ernten, dass es für mehr als nur für ein „Probiererle“ reichte. Neben dem puren Gewürz hat Frank Bahnmüller, den man auch auf dem Köngener Pfingstmarkt treffen kann, inzwischen ein hochprozentiges Safran-Wässerle, Safran-Trüffel, die Essigkomposition „Saframico“, Safran-Salz, Seife und den Kräutertee „Rotes Gold“ im Sortiment. „Safran macht nicht nur den Kuchen gel. Er hat auch mehr als 200 Wirkstoffe.“ So soll der Crocus Sativus die Stimmung aufhellen und die Potenz steigern. Bereits in der Antike wussten die Menschen um die antibiotische und desinfizierende Wirkung der tiefroten Fäden.

Um die zu ernten, sollten die Blüten möglichst in geschlossenem Zustand gepflückt werden. „Sonst kann die Qualität leiden.“ Während sich die Bauern in den traditionellen Anbaugebieten vor Sonnenaufgang auf den Weg in ihre Safranerien machen, „haben wir hier oben auf der Alb morgens etwas mehr Zeit, weil die Sonne nicht so aggressiv ist“. Ob im Iran oder auf der Alb: Die Ernte ist reine Handarbeit und ein mühsames Geschäft. „Wenn ich ein Feld mit 2000 Blüten abernte, heißt das, dass ich mich am Ende 2000 Mal gebückt habe“, verdeutlicht Bahnmüller. „Und auch bei Regen müssen wir raus.“ Doch mit dem Pflücken allein ist es nicht getan. „In jeder Blüte stecken maximal drei, manchmal aber auch nur zwei Fäden.“ Um das rote Gold aus der Blüte zu zupfen, sitzt am Abend oft die ganze Familie am Tisch.

Ist das geschafft, werden die Safranfäden in einer Dörre bei etwa 45 Grad zwei bis drei Stunden lang getrocknet. Sechs Wochen später hat das edle Gewürz dann sein volles Aroma erreicht. Ewig aufheben könne man es allerdings nicht. „Safran wird zwar das rote Gold genannt. Er ist aber keine Kapitalanlage“, sagt Frank Bahnmüller, der mit der bisherigen Ausbeute in diesem Jahr sehr zufrieden ist. „Im Vergleich zum vergangenen Jahr haben wir schon jetzt die doppelte Erntemenge.“ Und noch ist die Saison ja nicht vorbei. So hofft der Safran-Liebhaber , dass dem goldenen Oktober noch viele milde Novembertage folgen. „Das größte Risiko beim Safrananbau auf der Alb sind nämlich nicht die Mäuse, sondern ein früher Wintereinbruch. Deshalb hätte ich mich vor zehn Jahren sicher noch nicht getraut, hier Safran anzubauen.“

www.alb-safran.de