„Zauberhut“ nennt Pühmeyer dieses mythische Wesen. Quelle: Unbekannt

Im Atelier „Terra cara“, was übersetzt wertvolle Erde bedeutet, taucht der Besucher in eine mythische Welt voller Symbolik ein. Die Objekte aus Ton geformt - Gefäße, Schmuck oder Skulpturen - erstrahlen überwiegend in den Schattierungen der Himmelsfarben Blau, Türkis sowie Weiß. Überall tummeln sich Fische, sei es als Einzelfigur oder Teil einer Keramik. Gaby Pühmeyer will mit ihren Arbeiten den Kreislauf des Lebens einfangen.

Seit vielen Jahren beschäftigt sich die 63-Jährige mit dem Verhältnis zwischen Mensch und Tier und bedient sich dabei jahrtausendealter Sinnbilder. „Die Botschaft kommt aus der Seele, Traumsequenzen gleich“, meint die Künstlerin, die schon als Kind Fantasiegestalten gemalt hatte. Welche Botschaft, wolle sie jedoch offen lassen. Ungewiss ist auch das Ergebnis nach dem Brennen und anschließenden Räuchern, denn Pühmeyer arbeitet unter anderem mit einer alten, japanischen Technik, dem Raku. Da habe die Natur nämlich noch ein Wörtchen mitzureden.

Die Mutter von drei Kindern hatte erst spät ihre Berufung zur Künstlerin gefunden und von 1996 bis 1998 in Nürtingen an der Fachhochschule für Kunsttherapie und anschließend an der Freien Kunstakademie studiert. Ton könne man wie kein anderes Material auf vielfältige Weise plastisch formen, erzählt Pühmeyer begeistert. Vor allem wenn man ihn zunächst in Platten auswalzt. Außerdem verwende sie schamottierten Ton, dem bereits körniger, gebrannter Ton zugesetzt sei. Damit erhalte die Oberfläche eine lebendige Struktur. Zu dick dürfen die Objekte jedoch nicht sein, da sie sonst im Ofen bersten. Daher sind die Skulpturen innen hohl.

Zwei Tage lang dauert nach herkömmlicher Weise das Brennen von Keramik. Diese muss zunächst ganz durchgetrocknet sein, dann wird der Ofen langsam auf 1000 bis 1100 Grad hochgefahren und anschließend wieder heruntergefahren. Das gebrannte Gut wird erst entnommen, wenn es vollständig abgekühlt ist. Anders läuft es bei der Raku-Technik: Wenn die Keramik orangefarben glüht und die Glasur wie Honig aussieht, holt Pühmeyer sie in einem Schutzanzug wie ein Stahlarbeiter am Hochofen mit einer Zange heraus und steckt sie in einem mit Holzspänen gefüllten Eimer mit Deckel. „Klack, Klack“, mache es, wenn die Glasur aufgrund des Temperaturabfalls zunächst reiße, beschreibt die Expertin. Die immer noch glühend heißen Objekte entzünden dann ein Feuer im geschlossenen Eimer und der Rauch dringt in die zuvor entstandenen Ritzen. An diesem sogenannten Krakelee-Muster erkennt man die Raku-Keramik.

Keine der maschenartigen Netzstrukturen gleicht jedoch der anderen. Da spielt das Wetter wie der Wind, die Lage im Eimer sowie die Art und die Menge des Brennstoffs mit, dem auch Laub, Stroh oder Heu beigemischt wird. Der Rauch schwärzt alle Stellen, die nicht mit einer Glasur bedeckt sind.

Spezielle Effekte können mit unterschiedlichen chemischen Zusammensetzungen erzielt werden. Durch den Sauerstoffabschluss wird zum Beispiel aus dem ursprünglich grünen Kupferoxid rotes Kupfer. „Es ist jedes Mal spannend was schließlich aus dem Eimer kommt“, betont die Künstlerin. Das sei ja das Faszinierende an dieser Technik und jedes Stück sei wirklich ein Unikat. Außerdem dauere der Prozess höchstens drei Stunden. Dennoch will die Gestaltung im Vorfeld gut überlegt sein: Wo trage ich Glasur auf und wenn ja welche? Einmal hatte die Künstlerin eine Seifenschale, die sie neben anderen Gefäßen ebenso gestaltet, im Eimer vergessen: Machte nichts, sie wurde halt ein bisschen dunkler.

Das Herz schlägt aber vor allem für die Skulpturen. „Zauberhut“ heißt eines der mythischen Wesen, ein schwarzafrikanischer Frauenkopf mit ägyptisch anmutendem Kopfputz. Frauenköpfe stecken auf antiken Garnspulen, eine Frauenstatue ziert ein Fisch auf dem Schoß. Unter den Werken ist keine Abbildung eines Mannes zu sehen. „Frauen sind einfach interessanter abzubilden“, sagt die 63-Jährige, die ein Feriendomizil in den Vogesen hat. Dort werden auch die Raku-Keramiken gebrannt und geräuchert. Aufgrund der Rauchentwicklung wäre das im Atelier in Sulzgries, das sie mit der Künstlerin Gila Hirth teilt, nicht möglich. Aus Frankreich hat Pühmeyer auch die Idee für eine außergewöhnliche Obstschale mitgebracht. Da liegen die Äpfel oder Orangen in einem halbierten O in Reih und Glied hintereinander.

Vor längerer Zeit hatte die 63-Jährige, selbst Hundehalterin, zudem mit der Gestaltung von Tierurnen aus Keramik angefangen und war erstaunt über die große Resonanz. Viele wollten den geliebten Vierbeiner nicht beim Tierarzt zurück lassen, sondern an einem besonderen Ort an ihn denken.

Pühmeyer gibt ihr Wissen weiter und bietet Kurse an. Viele Leute glaubten, man benötige besonderes Geschick. Dem sei nicht so. Wer aber ein Mal im Jahr mit zum Brennen und Räuchern mit in die Vogesen fahren will, muss vorher an einem Kurs teilgenommen haben. Denn diese Technik setzt ein gewisses Verständnis voraus.

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