Die aktuelle Sitzverteilung im Kreistag. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Außer den Gemeinderäten werden am 26. Mai auch die Vertreter für den Esslinger Kreistag gewählt. Wird das Gremium einen Rechtsruck erleben? Die AfD tritt in allen 13 Wahlkreisen an.

Kreis EsslingenZwei Dinge hat der Esslinger Kreistag mit dem Europaparlament mindestens gemein: Er wird auch am 26. Mai neu gewählt und die meisten Bürger wissen auch nicht so genau, was dort überhaupt entschieden wird. Der Kreistag wird von den Bürgern nicht so wahrgenommen wie die Gemeindepolitik. Dabei bestimmt das Gremium über die Klinikstruktur, über berufliche Schulen, Jugend- und Sozialhilfe, Kreisstraßen, ÖPNV und Müllgebühren. Auch schöne Einrichtungen wie das Freilichtmuseum und das Naturschutzzentrum auf der Alb zählen zu seinem Entscheidungsbereich.

Die Linien zwischen den Parteien und Gruppierungen im 96 Sitze zählenden Kreistag und seinen fünf Ausschüssen sind zwar deutlich erkennbar, aber die Debatten sind in der Regel sehr sachorientiert. Hinter den wichtigen Beschlüssen stehen meist breite Mehrheiten. Nur die zwei REP-Räte scheren oft aus. Im nächsten Kreistag könnte sich – so wie im Landtag – das Klima verschärfen, wenn die AfD Einzug hält. Sie hat in allen 13 Kreistags-Wahlbezirken eine Liste aufgestellt, allerdings keine gemeinsame mit den REP. Das hatten die beiden Rechtsparteien geplant, sich dann aber zerstritten. Aktuell bilden die Freien Wähler die stärkste Fraktion, mit ihren vielen Bürgermeistern haben sie namhafte Zugpferde.

Obwohl der Kreistag nur sechs Mal im Jahr zusammentritt, hat er in dieser Amtsperiode zusammen mit der Kreisverwaltung einiges bewegt. Im Sommer 2015 wurde die Unterbringung der Flüchtlinge zu einer zentralen Aufgabe des Landkreises. Eigene Sporthallen wurden belegt, den Kreiskommunen wurden Quoten auferlegt. Wie betreut man, wie unterstützt man und wie integriert man die Flüchtlinge? Diese Fragen hatte der Sozialausschuss zu regeln. So richtig gestritten hatte sich der Ausschuss bei der Mietobergrenze, die festlegt, bis zu welcher Höhe die Miete für Hartz IV-Empfänger und andere Hilfsbedürftige erstattet wird. Die SPD hat schon angekündigt, dass sie das Thema im neuen Kreistag wieder aufs Tapet bringen will. Viel Zeit investiert haben die Kreisräte auch, um die Rahmenbedingungen für den Kreisjugendring neu zu definieren, weil der KJR finanzielle Probleme hatte.

Ausgaben für berufliche Schulen

Für seine beruflichen Schulen hat der Landkreis zwei Pflöcke eingerammt: Die Sporthalle in Zell wird derzeit für 5,7 Millionen Euro neu gebaut und die kaufmännische Schule in Nürtingen wird für 28 Millionen Euro hochgezogen. Parallel dazu stellen sich die beruflichen Schulen auf die digitale Zeit in den Betrieben ein. Das größte Projekt, das der Kreis je angepackt hat, wird jedoch der Neubau des Landratsamtes. Eine Sanierung des 40 Jahre alten Verwaltungsbaus hat der Kreistag aus wirtschaftlichen Gründen verworfen. Stattdessen wird neu gebaut, und zwar an zwei Standorten: Esslingen und Plochingen. Damit sollen die Kosten für Zwischenmiete gedrückt werden, außerdem wird bereits das alte Plochinger Krankenhaus zu einem Verwaltungsgebäude umgestaltet. Für die zwei Neubauten sind 170 Millionen Euro angesetzt. Die Freien Wähler hatten kürzlich erklärt, man wolle „nicht zu jedem Preis bauen“ und eventuell die „Notbremse“ ziehen. Welchen Preissteigerungen der neue Kreistag zustimmen muss, wird sich weisen. Eins ist aber sicher: In den Neubau in Esslingen kann das neue Gremium nicht einziehen, er soll erst Ende 2025 fertig werden.

Knapp wird es auch mit der Jungfernfahrt auf der S-Bahnstrecke nach Neuhausen. Der Kreistag hat seinen politischen und finanziellen Beitrag zu diesem Projekt stets geleistet, aber kürzlich wurde der Termin erneut nach hinten korrigiert: Nicht vor Mitte 2023, heißt es jetzt.

Die Mitgliederzahl im neuen Kreistag wird sich trotz des Einwohnerzuwachses gegenüber 2014 nicht erhöhen und bleibt bei 86 Sitzen, zumindest theoretisch. Praktisch können Ausgleichssitze das Gremium auf maximal 103 Sitze vergrößern. Derzeit zählt der Kreistag 96 Mitglieder. Stärkste Fraktion sind die Freien Wähler mit 30 Mitgliedern. Die CDU hat vor fünf Jahren 23 Mandate errungen, die SPD kam auf 19 Sitze. Die Grünen stellen 14 Mitglieder, die FDP fünf Kreisräte, die Linke ist mit drei Mitgliedern vertreten und die REP mit zwei Räten. Die Ergebnisse der Wahl zum Kreistag werden am Mittwoch, 29. Mai, erwartet.