Im Köngener Rathaus macht sich Gülay Yilmaz für Themen junger Familien und für sozialen Wohnungsbau stark. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Seit fünf Jahren sitzt die Köngenerin Gülay Yilmaz im Gemeinderat. Die Immobilienfachwirtin ist hier aufgewachsen, hat aber türkische Wurzeln. Sie möchte Brücken bauen zwischen den Kulturen.

Köngen Als Gülay Yilmaz vor fünf Jahren gefragt wurde, ob sie für den Gemeinderat in Köngen kandidieren möchte, war sie unsicher. Als dreifache Mutter, die auf selbständiger Basis in der Immobilienverwaltung tätig ist, konnte sie sich das schwer vorstellen. Ihr Ehemann Kerim gab schließlich den Anstoß, den Sprung in die Kommunalpolitik doch zu wagen: „Wir schaffen das gemeinsam.“ Nach ihrer ersten Legislaturperiode ist die 40-Jährige froh, dass sie die Herausforderung angenommen hat. Mit ihren Kollegen von der gemeinsamen Liste SPD/Grüne habe sie viel erreicht. „Sozialer Wohnungsbau ist mir ein ganz zentrales Anliegen.“ Gülay Yilmaz ist froh, „dass wir da jetzt im neuen Baugebiet Burgweg West III gute Angebote machen können.“ Bei der Kommunalwahl am 26. Mai tritt sie wieder an. Diesmal haben SPD und Grüne wieder getrennte Listen, weil sich genügend Kandidaten gefunden haben.

Als SPD-Gemeinderat Bernd Vogel, ein Freund der Familie, Gülay Yilmaz wegen der Kandidatur gefragt habe, war die Köngenerin mit türkischen Wurzeln erst mal verblüfft. Kommunalpolitik habe sie immer interessiert, sagt die Immobilienfachwirtin, die den sehr begehrten Studiengang an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Geislingen absolviert hat. Durch Ihre gelassene, sachliche Art fällt ihr die Arbeit im Gemeinderat leicht. Im Alltag sei das aber schon ein Spagat. „Ohne meinen Ehemann Kerim und die Familie würde ich diesen Zeitaufwand kaum bewältigen können.“

Mit dem selbstständigen Elektromeister hat sie ein gemeinsames Büro am Stöfflerplatz in Köngen, das erleichtert Absprachen wegen der Kinder. Wenn Yilmaz im Gemeinderat über flexible Kinderbetreuung spricht, weiß sie aus eigener Erfahrung, wie junge Eltern um diese Möglichkeiten kämpfen müssen. Wer das Ehepaar im gemeinsamen Büro erlebt, spürt schnell, dass sich die beiden ohne viele Worte verstehen. Welche Bedeutung hat ihr Migrationshintergrund für Gülay Yilmaz? „Meine Familie in der Türkei ist sehr stolz, dass ich ein so wichtiges Amt in der Gemeinde bekleide“, erzählt die Schwäbin und lächelt. Obwohl sie hier aufgewachsen ist, wünscht sie sich, „dass ich Brücken bauen und zur Integration beitragen kann.“ Denn viele türkische Familien schotteten sich noch immer ab. „Ich will Verständnis wecken für die jeweils andere Kultur.“ Gülay Yilmaz ist hier aufgewachsen, hat hier die Schule absolviert und ihren Beruf gelernt. Die drei Kinder sind hier ebenso verwurzelt.

„Unsere Eltern kamen in den 60er-Jahren nach Deutschland, weil die Wirtschaft Arbeiter brauchte“, erinnert Kerim Yilmaz, der in einem Netzwerk für Unternehmer mit Migrationshintergrund organisiert ist. Wie seine Frau ist auch er in Deutschland aufgewachsen, spricht Schwäbisch und fühlt sich in Köngen daheim. Der Elektromeister freut sich, dass seine Ehefrau nun im Gemeinderat die Chance hat, sich für berufstätige Eltern und für Geringverdiener zu engagieren, die bezahlbaren Wohnraum brauchen. Das ist eines ihrer großen Themen. Bei ihrer Arbeit für eine Immobilienverwaltung hat sie immer wieder mit Mietern zu tun, die wenig verdienen und die sich deshalb keine teuren Wohnungen leisten können. Solche Erfahrungen bringt sie in die kommunalpolitische Arbeit ein. „Da sehe ich die Kommunen in der Pflicht, entsprechende Angebote zu schaffen.“

Gibt es in der Gemeinderatsarbeit denn spezifische Themen, die Migranten in der zweiten Generation betreffen? Mit der Antwort zögert Gülay Yilmaz da nicht lange: „Wir sind hier aufgewachsen und haben dieselben Probleme wie andere junge Familien.“ Allerdings wundert sich die Sozialdemokratin, dass sich so wenige junge Männer und Frauen aus ihrer Generation, die aus türkischen Familien stammen, in der Kommunalpolitik engagieren. „Alle hätten doch die Möglichkeit, in unsere Sitzungen zu kommen und sich mit den Themen auseinanderzusetzen.“

Was das Engagement für die Gemeinde und für ihre Einrichtungen angeht, will die Köngenerin auch Vorbild für andere sein. Aus manchen Gesprächen im Freundeskreis hört sie heraus, dass den Männern und Frauen das Selbstvertrauen fehlt, sich an so wichtiger Stelle in der deutschen Gesellschaft einzubringen.

Dass in Köngen bereits jetzt ein guter Altersmix im Gemeinderat vertreten ist, freut Gülay Yilmaz sehr. In allen Fraktionen sind Frauen vertreten, die sich mit Nachdruck für die Themen ihrer Generation stark machen. Yilmaz hofft, dass sich dieser Trend bei der kommenden Wahl noch weiter fortsetzt, um die Vielfalt in der Gesellschaft zu spiegeln.

In dieser Serie stellt die EZ Gemeinderäte und -rätinnen sowie Kreisräte und -rätinnen aus verschiedenen Gemeinden vor. Sehr junge Ratsmitglieder, sehr erfahrene Räte, Personen mit unterschiedlichsten Erfahrungshorizonten.

Kandidaten zu den Gemeinderatswahlen im Kreis Esslingen finden Sie im Wahlportal der Eßlinger Zeitung unter https://wahlen.esslinger-zeitung.de

Zur Person

Gülay Yilmaz ist 40 Jahre alt, verheiratet und hat drei Kinder. Nach dem Abitur studierte sie an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Geislingen Immobilienwirtschaft. Nach dem Abschluss arbeitete sie bei dem Immobilienmakler Erwin Birzele in Nürtingen. Seit zehn Jahren ist sie selbstständig. Ihr Schwerpunkt ist die Immobilienverwaltung. Seit 2014 ist sie im Gemeinderat Köngen und sitzt im Ausschuss für Technik und Umwelt sowie im Gemeindeverwaltungsverband Wendlingen am Neckar.