Wenn das Häusle unter den Hammer kommt, sind oftmals Schulden schuld. Foto: dpa//Christin Klose

Laut dem Amtsgericht Esslingen gibt es bei Zwangsversteigerungen von Immobilien seit Jahren ein Auf und Ab. Wichtigster Faktor ist die wirtschaftliche Lage, die sich als Überschuldung von Immobilienbesitzern auswirken kann.

Der Haus- und Grund-Bundesverband gab vor einigen Monaten Alarm und signalisierte gleichzeitig eine interessante Perspektive. Der Alarm: Zwangsversteigerungen von Immobilien nehmen wieder zu, nachdem ihre Zahl jahrelang rückläufig war. Grund dafür, so der Verband unter Berufung auf eine Fachpublikation, seien eine stabile wirtschaftliche Lage mit einträglichen Einkommen und ein niedriges Zinsniveau gewesen. Mit dem Sprung der Zinsen auf zwischenzeitlich über vier Prozent, und weiteren Reflexen auf die Krisen dieser Welt hat sich der Trend umgekehrt. Deutschlandweit kommen Immobilien vermehrt unter den Hammer.

„Interessante Optionen“ für Investoren

Und die Perspektive? Für Investoren, die bisher eher mäßiges Interesse an zwangsversteigerten Objekten zeigten, tun sich „interessante Optionen“ auf, befindet Haus und Grund – zumal das Zinsniveau nach Ansicht von Analysten zwar voraussichtlich hoch bleiben werde, zuletzt aber die Zinsen leicht gesunken seien, also etwas größere Finanzierungsspielräume öffneten. Knapp die Hälfte der 2023 versteigerten Immobilien waren Ein- und Zweifamilienhäuser, insgesamt überwiegend Wohngebäude.

Und wie ist die Lage in der Region? Haus und Grund Esslingen führt keine Statistik und sieht sich außerstande zu einer Auskunft. Vom Amtsgericht Esslingen, im Landkreis zuständig für Zwangsversteigerungen, werden indes die Tendenzen bestätigt: Seit 2020 nahmen die Teilungs- und Zwangsversteigerungen zunächst ab, seit 2023 nehmen sie wieder zu. In Zahlen: 129 Teilungs- und 74 Zwangsversteigerungen im Jahr 2020 stehen 68 beziehungsweise 38 Versteigerungen 2022 gegenüber, 2023 waren es 95 beziehungsweise 52, 2024 bis Ende September bereits 60 beziehungsweise 40. Im Jahr 2022 sei der niederste Stand seit sechs Jahren erreicht worden, sagt Richter und Gerichtssprecher Martin Gerlach, der allerdings eher von einer Wellenbewegung über mehrere Jahre hinweg als von einer kontinuierlichen Zu- oder Abnahme sprechen möchte. Den jüngsten Anstieg erklärt auch er mit der wirtschaftlichen Lage, die verstärkt zu einem der beiden Hauptgründe für eine Zwangsversteigerung führe: zu Schulden, die nicht oder nicht mehr bezahlt werden können.

Familienknatsch ist zeitlos

Der andere Hauptgrund sind familiäre Auseinandersetzungen, etwa Eigentümergemeinschaften nach einer Scheidung oder Erbengemeinschaften, die sich über Aufteilung oder Verkauf von gemeinsamem Immobilienbesitz nicht einigen können und vor Gericht ziehen. Die Gründe für solche Uneinigkeit, so Gerlach, „haben sich nach unserer Einschätzung im Laufe der letzten Jahre nicht geändert. Einen veränderten gesellschaftlichen Trend sehen wir nicht.“ Also keine Tendenz zu immer mehr auf Krawall gebürsteten Erben. Eher ist Familienknatsch zeitlos, folglich kein Grund für die Zu- oder Abnahme von Zwangsversteigerungen. Dass wirtschaftliche Faktoren entscheidend für das Auf und Ab sind, belegen auch regionale Unterschiede. Im relativ strukturschwachen Thüringen etwa waren 2023 laut Haus und Grund 52 von 100 000 Haushalten von einer Zwangsversteigerung betroffen, in Bayern waren es nur 23. Bei den Städten führen die teuren Pflaster Berlin und München die Liste an, gefolgt von drei Kommunen im Osten: Leipzig, Chemnitz und Zwickau. In Berlin wurden die höchsten Durchschnittswerte – 1,1 Millionen Euro pro Immobilie – aufgerufen.

Zuschläge unter dem Verkehrswert

In Esslingen, so Gerlach, wird „nach unserer Einschätzung derzeit der Zuschlag häufiger als früher unter dem Verkehrswert erteilt“. Darin könne sich ein „gewisser Preisverfall“ bei Immobilien spiegeln, der Bieter vorsichtig mache.