Über fünf Jahrzehnte lang prägte er die Werbe- und Autofotografie weltweit: Der Wahl-Stuttgarter Dietmar Henneka ist im Alter von 83 Jahren gestorben.
Ideen seien wie Spermien, sagte Dietmar Henneka einmal etwas schlüpfrig. Es würden sehr viele produziert, aber nur ganz wenige wirkten befruchtend. Mit oft unkonventionellen Ideen und guten Sprüchen hat der Stuttgarter Fotograf für Aufsehen gesorgt. Für Mercedes-Benz, Porsche, Boss und viele andere hat er gearbeitet und dabei Maßstäbe gesetzt. Die große Familie des 1941 geborenen Dietmar Henneka nimmt am Dienstagabend auf der Facebook-Seite mit einem gemeinsamen Foto Abschied von ihm.
Sein Markenzeichen war die „Hennekrafie“, die er selbst als „Klugschiss“ bezeichnet. Dahinter steckte ein kompromissloser Ansatz, der das Mittelmaß scheute und stets nach dem visuellen Kern einer Botschaft suchte. Mit kraftvoller Bildsprache und seinem präzisen Blick für Details erlangte Henneka internationale Anerkennung. „Unbescheidenerweise“, steht auf seiner Homepage, habe er „ziemlich viele Auszeichnungen“ erhalten.
Seine Karriere hat Henneka in Stichworten für seine Homepage selbst so beschrieben: „Layoutknipser, Studioleiter bei Bläse/Stuttgart, standesgemäßer Rauswurf, 1973 Start in die Selbstständigkeit als Allerweltsfotograf, 1974 Besinnung auf Design und Stils, standesgemäßer Rauswurf aller Kunden. Karrierestart mit WEGA-Kampagne für Leonhardt & Kern Stuttgart, Heirat, damit Entscheidung für Familie und Stuttgart, ciao Milano/Paris/London. Von da an ging’s bergauf.“
Den Fotonachwuchs begeistert er mit markigen Worten
Als ihn der Bund Freischaffender Foto-Designer (BFF) vor 15 Jahren im Haus der Wirtschaft für sein Lebenswerk ehrte, sagte er: „In den eigenen Eingeweiden rumpuhlen ist nicht mein Ding. Mehr Spaß macht mir das Raussuchen von Fundstücken über den Auslöser hinter der Kamera.“ Auf welche Arbeit er besonders stolz sei, wurde der gebürtige Badener damals gefragt. Seine Antwort: „Stolz bin ich nur auf meine Familie. Ich verstehe mich als Dienstleister, ergo sind meine Fotos nicht des Stolzes wert. Peinlich ist mir eigentlich nix, halt, vielleicht einige verbale Ausrutscher. Andererseits schlägt inzwischen die Altersweisheit zu. Über 50 Ex-Assistenten können ein Lied davon singen, was es bedeutet, dem Henneka zu dienen. Knechtschaft wäre ein laues Wort dafür.“
Den Fotonachwuchs begeisterte er mit markigen Worten. „Ist die Bildidee nix, hilft auch kein Photoshop“, erklärte er jungen Talenten, „Trends nachzuäffen, nur weil sie in Mode sind, machen die Entwicklung eines eigenen Stils unmöglich.“ Vom ersten großen Job sollte sich keiner „gleich einen Porsche kaufen, sondern 55 Prozent Mehrwert- und Einkommensteuer aufs Sparkonto legen“. Um in der Branche vorwärts zu kommen, gelte zudem: „Rückgrat, Rückgrat, Rückgrat! Auch wenn’s wehtut.“
„Überleben werden die, die nicht von Selbstverwirklichung träumen“
Es gebe viel zu viele Fotografen, sagte Henneka einmal im Interview mit unserer Zeitung: „Wir sind an der Schwelle, wo Bilder am Computer generiert werden, ohne dass ein Fotograf benötigt wird. Hinzu kommt der Bilderklau via Internet. Schon eine kleine Veränderung per Photoshop erspart dem Amtsgericht Arbeit. Überleben werden die Fotografen, die nicht von Selbstverwirklichung träumen, sondern sich als Dienstleister verstehen. Die Kür bleibt ihnen immer zum Frustausgleich. Mit Artdirektoren gibt’s unzählige Fights bis aufs Essenzielle.“
Henneka, der sich vom Arbeitsstress gern nach Allensbach am Bodensee zurückzog, war ein Lautsprecher. Stets angriffslustig, auch in so manchem Wahlkampf in Stuttgart. Doch nicht jeder gute Fotograf müsse so sein wie er, sagte er: „Ich kenne introvertierte Kollegen bis zum Autismus, die Hammerfotos machen. Aufgrund meines Naturells brauche ich den Kampf ums Bild. Wobei mir wurscht ist, ob ich Reibfläche oder Zündholz bin. Hauptsache Feuer! “ Je länger er in Stuttgart lebte, desto leidenschaftlicher zündelte er im Kessel.
Anfangs habe er Stuttgart als „Stadt zwischen Hängen und Würgen“ erlebt. Doch die Szene sei es gewesen, so viel kreative Menschen, die diese Stadt aufgemischt hätten. Damit habe sich Stuttgart vom „Charakterle zum Charakter“ entwickelt, lautete sein Lob. Stuttgart sei sich aber immer noch zu oft selbst im Weg gestanden. Sein Rat lautete, man solle auch mal ausweichen oder „besser noch gleich springen“.
Beeindruckendes Erbe in der Welt der Fotografie
Der Wahl-Stuttgarter, dessen Sohn Florian Henneka seit 2008 das Traditionsunternehmen Korbmayer an der Schulstraße in der fünften Generation führt, hinterlässt ein beeindruckendes Erbe in der Welt der Fotografie. Seine Arbeiten werden auch künftig als Inspirationsquelle für die nachfolgenden Generationen von Kreativen dienen.