Eine Medizinerin möchte in dem nicht fertig gestellten Gebetshaus im Oberaichener Gewerbegebiet künftig ihre Patienten empfangen. Wie kommt dieser Vorschlag bei den Fraktionen des Gemeinderates von Leinfelden-Echterdingen an?
Es würde auf die Freien Wähler/FDP im Gemeinderat von Leinfelden-Echterdingen ankommen. Das Abstimmungsverhalten dieser Fraktion könnte den Ausschlag geben, ob das Gebäude, das der muslimische Verein VKBI mit Hilfe seines Kölner Dachverbandes VIKZ im Oberaichener Gewerbegebiet gebaut hat, tatsächlich als Moschee genutzt werden kann, oder ob dort künftig Büros oder Arztpraxen anzutreffen sein werden.
Ärztehaus statt Moschee: Diese Idee hat das Ehepaar Anna-Laura und Alexander Kappes aus Oberaichen ins Spiel gebracht. Das Ehepaar hatte vorgeschlagen, der Stadt das Gelände an der Wilhelm-Haas-Straße/Raiffeisenstraße abzukaufen. Die Medizinerin möchte ihre Hausarztpraxis, die in der Nähe der nicht fertig gestellten Moschee liegt, erweitern. Ihr Mann hat als Geschäftsführer eines Ingenieurbüros schon ein entsprechendes Konzept entwickelt.
Unsere Zeitung wollte nun erfahren, wie der Vorschlag im Gemeinderat ankommt. Die Kommunalpolitiker hatten „im Oktober 2019 einen Beschluss gefasst, der die Nutzung des Gebäudes als Moschee vorsieht“, teilt die Verwaltungsspitze dazu mit. Und: „Dies ist die aktuelle Beschlusslage, eine anderweitige Nutzung müsste durch einen neuen Beschluss festgelegt werden.“
Die CDU-Fraktion spricht sich für das Ärztehaus aus, „auch weil der Investor und künftige Betreiber kein Anonymer ist, sondern eine ortsansässige Familie mit hoher lokaler Verbundenheit“, sagt Ilona Koch, die CDU-Fraktionschefin. Nachdem der VKBI seine Verfassungsbeschwerde zurückgezogen habe, sei der Rechtsweg ausgeschöpft, der Weg für Überlegungen frei, wie das Gebäude einer Nutzung für die gesamte Bürgerschaft zugeführt und der Leerstand beendet werden könne, argumentiert sie. Eine Nutzung als Ärztehaus hält die Fraktion für machbar. Die Fraktion hat am Rande des Technischen Ausschusses nun auch den Antrag gestellt, über eine mögliche Nutzungsänderung für das Gebäude jetzt schon zu diskutieren und abzustimmen. Obwohl das von der Stadt beauftragte Gutachten zum Bauzustand der Moschee noch nicht vorliegt. Das Ergebnis wird laut der Verwaltungsspitze im Laufe des ersten Quartals erwartet.
Freie Wähler/FDP „Die Idee des Ehepaars Kappes ist eine interessante Offerte“, sagt auch Eberhard Wächter, der Fraktionschef der Freien Wähler/FDP. Allerdings seien für den „leer stehenden Baukörper“ viele Nutzungen denkbar. Seine Fraktion habe auch schon die Idee gehabt, das Gebäude als Bürokomplex zu vermarkten und es dazu an einen Investor zu verkaufen. Fest stehe: „Das ist eine unfertige Geschichte, mit dem Haus müsse etwas geschehen.“ Die Stadt habe als Eigentümerin die Aufgabe, eine gute Lösung zu finden. Solange das von der Stadt beauftragte Gutachten aber noch nicht vorliege und der Gemeinderat noch nicht über das Thema gesprochen habe, wolle sich die Fraktion neutral halten. Also weder Ja noch Nein zur Idee der Familie Kappes sagen.
L. E. Bürger/DiB Jürgen Kemmner, Fraktionsvorsitzender der L. E. Bürger/DiB, findet, dass ein Ärztehaus in Oberaichen sicher eine gute Idee wäre, allerdings nicht an dieser Stelle. Der Neubau im Gewerbegebiet solle als islamisches Gebetshaus genutzt werden. „Hinter diesen Plänen stehen wir weiter“, sagt er. Erster Ansprechpartner sei weiter der VKBI. Denn: „Mit diesem Verein – und auch gegen ihn – hat man dieses Bauprojekt verfolgt.“ Die Stadt solle einen neuen Vertrag mit dem Verein abschließen mit dem Ziel, dass die Muslime die Moschee in Eigenregie fertig bauen. Über den Vorschlag des Oberaichener Ehepaars habe sich seine Fraktion gewundert, betont Kemmner. Denn das Gebetshaus sehe nur von außen schnell bezugsfertig aus. Weil das Gebäude eine ganze Weile brach gelegen habe, müsse man schon sehr genau schauen, wie es mittlerweile um seinen Zustand stehe. „Außerdem: Was wären die Folgen?“, fragt er: „Fangen wird dann noch mal von vorne an? Suchen wird dann erneut nach einem neuen Ort für die muslimische Gemeinde?“ Schließlich könne der muslimische Verein auf lange Sicht nicht in seinen aktuellen Gebetsräumen bleiben.
Die Grünen Ähnliches sagt auch David Armbruster, der Grünen-Fraktionsvorsitzende. „Ein Ärztehaus brauchen wir unbedingt, aber in einem belebten Ortszentrum und nicht am Ortsrand.“ Dort mache es aus städteplanerischer Sicht keinen Sinn. Das Gebetshaus könne aufgrund seiner Ausstattung, seiner Technik, der Aufteilung und der Höhe der Räume nur schlecht und nur unter hohem finanziellen Aufwand umgenutzt werden. Davon haben sich Vertreter sämtlicher Fraktionen bei einer Besichtigung des Gebäudes ein Bild machen können. „Wir spielen ja auch nicht auf einem Fußballplatz Tennis“, sagt Armbruster. Und: „Wir Grünen wollen, dass das Gebäude als Moschee genutzt wird und dass dafür mit dem VKBI neue, saubere Verträge aufgesetzt werden.“
Die SPD „Dieses Gebäude ist als Moschee erstellt und soll als Moschee genutzt werden“, sagt der SPD-Fraktionschef Erich Klauser. Wenngleich auch der SPD eine gute Gesundheitsversorgung in der Stadt am Herzen liege und sie deshalb auch schon einen runden Tisch zur besseren Ärzteversorgung beantragt hatten. Die Moschee eigne sich für ein Ärztehaus nicht, betont Klauser. „Die Gebetsräume sind dreistöckig, wegen der Fenster könne ein Zwischengeschoss nicht eingezogen werden.“ Außerdem seien die aktuellen Gebetsräume des muslimischen Vereins an der Karlsruher Straße in Echterdingen auf lange Sicht nicht haltbar. Sie lägen auf einem guten Grundstück, das neu überbaut werden müsse.