Matze Maier steht umringt von seinen fleischfressenden Pflanzen in seinem Gewächshaus in Ludwigsburg. Vor acht Jahren hat er die Fachgärtnerei „Green Jaws“ gegründet. Foto: Christoph Schmidt/dpa

Sie werden illegal ausgegraben, ihre Lebensräume sind bedroht, auch Überdüngung schadet ihnen sehr: Fleischfressende Pflanzen sind in vielen Regionen weltweit bedroht. Forscher sehen einen Weg, die faszinierenden Exoten zu retten – über Maßnahmen hier in Deutschland.

Ludwigsburg - Ein Viertel der rund 860 fleischfressenden Pflanzenarten (Karnivoren) weltweit sind einer Studie zufolge in freier Wildbahn vom Aussterben bedroht. Ein großes Problem ist neben der Zerstörung von Lebensraum und illegalen Sammlungen vor allem die Überdüngung mit Stickstoff aus der Industrie, dem Verkehr oder der Landwirtschaft, wie das Forscherteam um den Münchner Botaniker Andreas Fleischmann in einer Studie feststellt. Auch Klimawandel und Umweltverschmutzung sorgen für Probleme.

Der Erhalt der fleischfressenden Pflanzen sei auch aus medizinischen Gründen wichtig, sagt Fleischmann von der Botanischen Staatssammlung München. „Viele enthalten Stoffe, die in der Krebsforschung genutzt werden.“ Um nach bisher unbekannten Bestandteilen und deren Einsatzmöglichkeiten zu suchen, brauche es eine natürliche Vielfalt.

Zucht als Rettung der Pflanzen

Kann die heimische Zucht hier Abhilfe schaffen, gar eine Lösung sein? Fleischmann ist skeptisch, wenn es um die Zerstörung von Ökosystemen geht. Er wählt einen Vergleich: „Wenn die natürlichen Lebensräume verloren gehen – was nützt es dem Pandabären, dass er im Zoo überlebt?“ Auf diese Weise werde nur das genetische Material erhalten. „Das erste Ziel sollte aber der Schutz von Lebensraum sein.“

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Andere sehen die Zucht gerade bei besonders bedrohten Arten durchaus als Mittel zum Gegensteuern, wie der Vorsitzende der Gesellschaft für Fleischfressende Pflanzen, Thomas Gronemeyer, erklärt. „Beides ist richtig. Eine in der Natur ausgestorbene Art kann natürlich durch Zucht und Kultur vor dem vollständigen Verschwinden bewahrt werden, allerdings ist der Genpool der Wildpopulationen verloren.“

Nur vier professionelle Züchter im deutschsprachigen Raum

Gegen das Artensterben durch das Sammeln von Wildpflanzen leiste die Zucht jedoch unstrittig einen sehr wichtigen Beitrag: „Die Zucht und die Verbreitung von gezüchteten Pflanzen verhindert zwar nicht, aber dämmt doch zumindest das Sammeln von Pflanzen von den Naturstandorten durch Verringerung der Nachfrage ein“, so Gronemeyer. Ein Großteil der bekannten Arten karnivorer Pflanzen werde in Kultur vermehrt.

Nach Gronemeyers Schätzung gibt es rund 1000 private Züchter oder Sammler im deutschsprachigen Raum. Hinzu kommen unzählige Menschen, die zum Beispiel im Baumarkt eine Venusfliegenfalle, einen Sonnentau oder ein Fettkraut mitnehmen. Professionelle Züchter gibt es hierzulande Gronemeyers Angaben zufolge nur vier.

Fachgärtnerei „Green Jaws“ in Ludwigsburg

Einer von ihnen ist Matze Maier. Er hat vor acht Jahren die Fachgärtnerei „Green Jaws“ in Ludwigsburg gegründet. Im Internet gibt er Tipps, wie man zum Beispiel einen Moorkübel anlegt und welche der fleischfressenden Pflanzen winterhart sind. Mit anderen Züchtern auf der ganzen Welt steht Maier im Austausch, um die Pflanzen zu erhalten.

Maier warnt vor vermeintlichen Lockangeboten mit ganz seltenen Arten. „Ein seriöser Züchter kann immer auch Bilder der Mutterpflanze zeigen“, rät er. Auf Plattformen wie eBay werde häufig gewilderter Samen angeboten.

Wie bei Kakteen und Orchideen gebe es für Karnivoren einen richtigen Schwarzmarkt, sagt auch Botaniker Fleischmann. „Da werden horrende Preise bezahlt. Das sind Monatsgehälter für die dortige Bevölkerung“, erklärt er mit Blick etwa auf Indonesien und die Philippinen. Der Zoll müsse hier stärker kontrollieren. Auch die Strafen für die illegale Einfuhr sollten aus seiner Sicht erhöht werden.