Erst alle beruflichen Nachrichten beantworten, dann in den Hotelpool springen – so sieht Workation in Ägypten aus. Foto: picture alliance/dpa/Benjamin Nolte

Nach der Corona-Pandemie werden deutlich mehr Menschen mobil arbeiten können als zuvor. Auf diesen Trend reagieren Hotels und Gaststätten mit besonderen Workation-Angeboten. Was hat es damit auf sich?

Corralejo - Während er seinen alkoholfreien Coconut Mojito schlürft, richtet sich Tobias Mendes Blick immer wieder aufs Meer, das hinter dem Laptop schimmert. Der Software-Entwickler und -Architekt arbeitet in Festanstellung bei einem deutschen SaaS-Unternehmen (Software as a Service), seit 2018 in Telearbeit. Sein Homeoffice hat Mende wahlweise nach Südafrika, Brasilien, Bulgarien, Dänemark oder auf die Kanaren verlegt.

Viele Menschen sind seit Monaten coronabedingt im Homeoffice und möchten das auch in Zukunft tage- oder wochenweise beibehalten. War mobiles Arbeiten bis Anfang 2020 eher die Ausnahme, so wird laut einer Studie des Digitalverbands Bitkom in Zukunft mehr als jeder Dritte den Arbeitsort flexibel wählen können.

„Die Vorteile sind, dass ich dort arbeiten kann, wo ich mich am wohlsten fühle und am produktivsten bin“, sagt Mende. „

Das Büro einfach für eine Weile an einen Ort mit Berg-, See- oder Meerblick verlegen – davon träumen viele. Dabei ist das Konzept der sogenannten „Workation“ nicht neu. Der Begriff Workation ist ein Kunstwort, dass aus den beiden englischen Begriffen Work(=Arbeit) und Vacation(=Urlaub) zusammengesetzt ist.

Seit vielen Jahren sieht man in Cafés auf Bali, im mexikanischen Cancún oder auf den Kanaren neben Touristen arbeitende Reisende an ihren Laptops sitzen, sogenannte digitale Nomaden. Nach Freelancern sind es auch immer mehr Festangestellte, die die Möglichkeiten zum mobilen Arbeiten nutzen. Videokonferenztools mit austauschbarem Hintergrund ermöglichen heute professionelle Meetings, obwohl man in einer thailändischen Bambusstrandhütte sitzt. Um die nötige Infrastruktur, schnelles Netz und mehr Ruhe als im Café zu garantieren, entstehen an vielen Orten auch Coworking Spaces als Gemeinschaftsbüros.

Tourismusforscher Harald Pechlaner von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt glaubt, dass uns der Trend zur Workation auch nach der Pandemie erhalten bleibt und sogar einen Entwicklungsschub erleben könnte. Schon jetzt würden sich klassische Ferienregionen damit ein neues Segment aufbauen.

An dieser Infrastruktur arbeitet zum Beispiel Madeira. In der Coronakrise will die Inselregierung neben Touristen vor allem langzeiturlaubende Mobilarbeiter ansprechen. Zusammen mit der Initiative Startup Madeira engagiert sich der Portugiese Gonçalo Hall für den Aufbau der größten europäischen digitalen Nomadengemeinschaft in dem malerisch gelegenen Dorf Ponta do Sol.

„Wir bieten nicht nur kostenfreien Internetzugang im gesamten Ort, sondern auch direkten Meerzugang“, sagt Hall, der als selbstständiger Berater für mobiles Arbeiten tätig ist. Fast 5000 Interessenten aus über 90 Ländern hätten sich bereits für das Programm des Nomad Village registriert. 75 Telearbeiter seien zum Auftakt im Februar für mindestens vier Wochen zur Workation nach Ponta do Sol gekommen.

Über Partnerprogramme werden Unterkünfte, Mietwagen oder Kontakte zu anderen digitalen Nomaden vermittelt. In Zusammenarbeit mit Restaurants, Hotels und Cafés des 8200-Einwohner-Ortes soll eine in Europa bislang einzigartige Community entstehen, welche den lokalen Tourismus gerade in der Krise, aber auch danach ermöglicht.

Prägen sonst vor allem sonnenhungrige Rentner das Bild der Kanaren im Winter, so haben die dortigen Hotels die Telearbeiter als neue Klientel entdeckt. Sie locken mit besonderen Angeboten: Das Selbstversorger-Apartment mit Küchenzeile und schnellem WLAN gibt es in einigen Hotels ab 700 Euro pro Monat.

Deutlich mehr legt man für die Workation-Pakete der Tui-Tochter Robinson Club hin. Dafür gibt es auf den Zimmern auch ergonomische Bürostühle und Monitore für entspanntes Arbeiten. Spanische All-inclusive-Anbieter wie die Hotelkette HD werben außerdem um reisende und arbeitende Familien. So können auf Teneriffa und Gran Canaria Kinder mit der Ferienanimation im Pool planschen – während die Eltern in Ruhe arbeiten.