Selten wurde der Big Apple im Kino so romantisiert wie in Woody Allens neuem Film „A Rainy Day in New York“: Bar-Jazz und leuchtende Interieurs illustrieren ein äußerst verführerisches New York.
EsslingenSelten vergeht ein ganzes Jahr, ohne dass der auf mehr als ein halbes Jahrhundert Filmschaffen zurückblickende Woody Allen ein neues Kinostück lanciert. Doch zuletzt stand der Meister-Regisseur nicht nur wegen seiner Kino-Leidenschaft im Fokus – seit Jahrzehnten verfolgen ihn auch Missbrauchsvorwürfe. Nun bringt Woody Allen mit seinem neuen Film „A Rainy Day in New York“, eine unspektakuläre und doch charmant-romantische Stadt-Geschichte rund um ein junges Pärchen, das eine Liebesreise mit Hindernissen erlebt, in die Kinos.
Längst schon wollte Gatsby (Timothée Chalamet) seiner College-Flamme Ashleigh (Elle Fanning) New York zeigen, wie er es liebt. Ein richtig rundes, romantisches Wochenende mit allem Drum und Dran, etwas Luxus, gutem Essen und viel Jazzmusik hatte er im Sinn. Dass es nun dazu kommt, liegt daran, dass die fleißige, jedoch arg naive Ashleigh ein Interview in Manhattan ergattern konnte mit einem angesagten Regie-Guru. Dass dann vor Ort alles etwas anders kommt, vieles schief geht und Gatsby sich mehr oder weniger allein zurechtfinden muss, während seine Ashleigh immer weiter hineinrutscht in die verlockenden Untiefen der New Yorker Kunst-Boheme – das alles bietet Woody Allen viele hübsche Anlässe, seine Fähigkeiten als Drehbuchautor und Regisseur auszuspielen.
Gatsby, der aus wohlhabendem Hause kommt, flüchtet sich nicht nur ins geliebte Glücksspiel, sondern auch in die Arme einer Edelhure. In einer hübsch komponierten Sequenz präsentiert er diese neue Bekanntschaft seiner Mutter auf einer noblen Party. Allen nimmt uns dabei mit in ein New York der Bildung und des Geldes, ein New York gleichwohl, in dem man das Wort „Republikaner“ nur hinter vorgehaltener Hand ausspricht. „A Rainy Day in New York“ ist ein Film für Romantiker und Big-Apple-Fans. Es gibt das sauber gefegte, nicht mehr so von Kriminalität belastete New York der Gegenwart. Und es gibt das ältere New York der Mean Streets. Ein New York der Armut und Gewalt, aber auch der Punkmusik und Kunst.
Das New York in Allens neuem Filmwerk fällt in eine ganz eigene Kategorie. Auch Allens New-York-Eloge mit ihren in schwelgerisches Goldgelb getauchten Interieurs, wunderbaren Ansichten aus dem Metropolitan Museum, einer Kutschfahrt im Central Park und viel flankierendem Bar-Jazz lässt ein altes New York vermissen: ein New York des Bebop (Gatsby verehrt den Jazz-Gott Charlie Parker) – das New York der 30er- und 40er-Jahre. In einer wunderbaren Szene erklärt Gatsby seiner Flamme, was es mit SoHo auf sich hat, dem ehemaligen Künstlerviertel im Süden Manhattans: Früher sei der Bezirk sehr hip gewesen, enorm angesagt – jeder wollte dorthin ziehen. Dann seien sukzessive alle nach Tribeca und später Brooklyn gegangen. Und jetzt, im New York der Gegenwart, wohnen alle wieder wie einst bei Mama. Hübscher kann man die Folgen der sogenannten Gentrifizierung kaum auf den Punkt bringen.
Auch mit seinem neuen Film wird der Regisseur keine Preise für politische Korrektheit gewinnen. Warum zum Beispiel muss sich Selena Gomez in einer Szene im hautengen weißen T-Shirt zeigen, wo doch alle anderen dem unwirtlichen New-York-Wetter mit dementsprechender Kleidung trotzen. Sieht man von solchen Ungereimtheiten ab und lässt man sich ein auf die romantische New-York-Reise, macht das Ganze nicht nur Sinn, sondern auch Spaß – zumal hier mal wieder ein Wetterphänomen namens Regen, das gemeinhin und auch im Kino schlecht wegkommt, zu Ehren kommt. Und der unermüdliche Woody Allen? Der hat jüngst in Spanien seinen 51. Film abgedreht.
Selten wurde der Big Apple im Kino so romantisiert wie in Woody Allens neuem Film: Bar-Jazz und leuchtende Interieurs illustrieren ein regnerisches und dabei äußerst verführerisches New York.