In Stuttgart steigt das Kaufinteresse an Wohneigentum, während die Mieten weiter steigen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Seitdem die Zinsen für die Baufinanzierung leicht nachgegeben haben, ist eine erhöhte Nachfrage auf dem Wohneigentumsmarkt festzustellen. Der Mietmarkt im Land ist zumeist durch anziehende Mieten geprägt.

Der Untergang der Welt sind rund vier Prozent Zinsen für Immobilienkredite für Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts, nicht – zumal diese bis vor Kurzem noch um einiges höher waren. „Langfristig betrachtet sieht man, dass es in den vergangenen Jahrzehnten drei Phasen gab, in der die Kredite sogar bei über zehn Prozent lagen“, sagt er – doch nicht ohne anzufügen, dass freilich auch die vier Prozent „Spuren auf dem Markt hinterlassen“.

Die nun wieder niedrigeren Zinsen haben natürlich auch Auswirkungen auf den Markt: „Seit Anbeginn des Jahres – seitdem die Zinsen für die Baufinanzierung leicht nachgeben haben – ist eine erhöhte Nachfrage auf dem Wohneigentumsmarkt festzustellen. Noch schlägt sich diese nur vereinzelt in den wieder steigenden Preisen, wie in Freiburg, nieder.

In den meisten Großstädten Baden-Württembergs sucht der Markt gegenwärtig noch die Bodenplatte, aber in vielen Regionen werden wir in ein oder zwei Jahren wieder von steigenden Preisen reden“, sagt Kippes. „Der Mietmarkt ist zumeist durch anziehende Mieten geprägt; die deutlichste Zunahme bei Neuvertragsmieten für Bestandswohnungen bis zu + 3 Prozent im Halbjahresvergleich gab es in Heidelberg, Ulm, Heilbronn und Freiburg.“

Mit der Trendwende am Kaufmarkt hat sich auch der Mietmarkt gedreht

In Stuttgart haben zudem die starken kontinuierlichen Preisrückgänge für Wohnimmobilien in den vergangenen zwei Jahren eine leichte Belebung am Markt herbeigeführt. Der Trend zu weiteren Preisabschlägen für Wohnobjekte scheint gestoppt, die Baugrundpreise für Geschossbau sind allerdings noch immer im Sinkflug.

Fallende Zinsen sorgen für steigende Nachfrage bei Wohneigentum – gleichzeitig steigen die Mietpreise. Foto: dpa/Oliver Berg

Die Pandemie und die anschließenden Jahre schwächten die Dynamik am Mietmarkt durch das Ausbleiben zahlungskräftiger Fachkräfte, die bis dahin die Nachfrage nach Wohnungen und Häusern zur Miete im gehobenen Segment stark mitbestimmten, deutlich ab. Mit der Trendwende am Kaufmarkt hat sich auch der Mietmarkt gedreht. Nachdem sich die traditionelle Kaufklientel vom Wohneigentumsmarkt infolge hoher Hypothekenzinsen weitgehend zurückgezogen hat, orientierte sie sich hin zu den Mietobjekten.

Auch in anderen Großstädten in Baden-Württemberg sind seit dem Einbruch des Wohneigentumsmarkts im Jahr 2022 durch die aktuell sinkenden Zinsen für Immobilienkredite erste Erholungstendenzen zu beobachten. Ein wichtiger Indikator dafür ist die gestiegene Anzahl der Kaufanfragen. Zwar ist die Abwärtsbewegung der Kaufpreise für Wohnimmobilien in vielen Großstädten Baden-Württembergs noch nicht gestoppt, doch fallen die Abschläge mit unter -1 Prozent im aktuellen Halbjahresvergleich Frühjahr – Herbst 2024 deutlich geringer aus als zuvor.

Im Durchschnitt der Großstädte Baden-Württembergs betrugen die Preisanpassungen bei Eigentumswohnungen -0,5 Prozent, bei Einfamilienhäusern -0,6 Prozent und bei Reihenmittelhäusern -0,4 Prozent. In der vorherigen Erhebung mit dem Betrachtungszeitraum Herbst 2023 bis Frühjahr 2024 lagen die Preisrückgänge in den betreffenden Marktsegmenten noch zwischen -1,7 und -2,7 Prozent.

Während die Bodenbildung bei den Kaufpreisen in Freiburg vollzogen wurde und die Preise sich bereits im Aufwärtstrend befinden, ist in Stuttgart und Pforzheim die Talsohle erst erreicht worden. In Heidelberg, Karlsruhe, Mannheim, Reutlingen, Heilbronn und Ulm sind noch leichte bis spürbare Rückgänge bei den Kaufpreisen zwischen Frühjahr und Herbst 2024 registriert worden, nur vereinzelt ist das Preisniveau konstant geblieben.

Trotz der jüngsten Preiskorrekturen nach unten verteuerten sich Wohnimmobilien in der Zehn-Jahresentwicklung gesehen enorm. Die Preise hatten ihr Rekordhoch im Herbst 2022. Die stärksten nominalen, also nicht-inflationsbereinigten Zuwächse wurden beim Baugrund für Einfamilienhäuser (+58,1 Prozent) und im Segment der Eigentumswohnungen (+55,1 Prozent) festgestellt, frei stehende Einfamilienhäuser rangierten bei den Zuwachsraten mit einem Plus von 39,5 Prozent dahinter. Die Anstiege beziehen sich jeweils auf den Durchschnitt der Großstädte Baden-Württembergs.

Vielen Interessentensind die gesunkenen Preise noch nicht niedrig genug

Im Großstadtvergleich stiegen die Kaufpreise bei Eigentumswohnungen innerhalb der vergangenen zehn Jahre in Freiburg (+76,7Prozent) und Karlsruhe (+68,9 Prozent) am stärksten, gefolgt von der Landeshauptstadt Stuttgart (+61,3 Prozent). Aktuell bewegen sich die Preise in den meisten Großstädten Baden-Württembergs auf dem Niveau der Jahre 2020 und 2021.

Zu der aktuell vergleichsweise kleinen Gruppe der Nachfrager gehören solvente und kapitalstarke Kaufinteressenten, die auf eine Fremdfinanzierung kaum bis gar nicht angewiesen sind. Sie profitieren von den Preisrückgängen der vergangenen zwei Jahre und einem deutlich breiteren Angebot.

Vielen, vor allem jungen Familien, die den Immobilienkauf mittels Baukrediten finanzieren müssten, sind die aktuellen Preise noch nicht niedrig genug, um die seit der Zinswende gestiegenen Hypothekenzinsen auszugleichen.

Der Mietmarkt in Baden-Württemberg ist in der Zehn-Jahresentwicklung durch kontinuierliche moderate Mietsteigerungen geprägt. „Das Abwenden der eigentlichen Kaufinteressenenten vom Erwerb einer Wohnimmobilie in den vergangenen zwei Jahren bescherte dem Mietmarkt zusätzliche Mitinteressenten und erhöhte den Nachfragedruck deutlich“, sagt Kippes.

Die gestiegene Nachfrage spiegelte sich im Wachstum der Mieten wider. Im Durchschnitt der Großstädte Baden-Württembergs verzeichneten die Wohnungsmieten ein Plus von 1,2 Prozent im aktuellen Halbjahresvergleich (Frühjahr bis Herbst 2024). Vor allem in Heidelberg (+3,0 Prozent), Ulm und Karlsruhe (jeweils +2,1 Prozent) fielen die Mietanstiege für Bestandswohnungen deutlich aus.