Die Sozialstation und die Städtischen Pflegeheime Esslingen brauchen dringend Mitarbeitende. Nun bieten die Arbeitgeber etwas an, was Nachwuchs-Fachkräfte überzeugen könnte, nach Esslingen zu kommen.
Das Haus heißt zwar „Luna“. Doch von der gleichnamigen, römischen Mondgöttin ist an diesem Nachmittag natürlich nichts zu sehen. Dafür scheint die Sonne wohltuend warm auf den Balkon in der Penthousewohnung. Sie ist eines von insgesamt 33 Apartments in der Flandernstraße 43 im Esslinger Stadtteil Hohenkreuz und das letzte Haus, das in dem Neubauquartier Flandernhöhe der Esslinger Wohnungsbau fertiggestellt wurde. Elf Wohnungen in dem Gebäudekomplex stehen der Sozialstation und den Städtischen Pflegeheimen Esslingen zur Weitervermietung an ihre Mitarbeitenden zur Verfügung.
Das Angebot nehmen vor allem ihre Azubis dankend an, sagt Jennifer Werner. Einige von ihnen werden laut der stellvertretenden Geschäftsführerin der Städtischen Pflegeheime in den Drei- und Vierzimmerwohnungen mit Flächen von 60 bis 90 Quadratmetern Wohngemeinschaften bilden. Fünf WGs sind insgesamt geplant.
Gelebte Integration in Esslingen
Ihre Lehrlinge seien sehr international, ergänzt Jennifer Werner. Sie kämen aus Syrien, dem Iran, Marokko oder Tunesien. Das Zusammenleben mit Gleichaltrigen in einer Wohnung sei gelebte Integration, würde beim Einleben in der neuen Heimat, bei Sprachproblemen oder Heimweh helfen. Es seien nicht nur junge Frauen, die sich in den WGs zusammentun würden. Bei den Azubis sei die Hälfte männlich, die andere weiblich. Bei den ausgelernten etwa 500 Mitarbeitern der Städtischen Pflegeheime sei der Frauenanteil dagegen überproportional hoch: Nur etwa ein Drittel sind Männer.
Die Azubi-WGs funktionieren nach den bisherigen Erfahrungen von Jennifer Werner sehr gut. Ein Auszubildender aus einem bestimmten Land, der mit seiner Lehrlingssituation zufrieden sei, würde oft Werbung bei seinen Landsleuten für eine Beschäftigung bei den Städtischen Pflegeheimen und einer dortigen Ausbildung zur Pflegefachkraft machen. So könnten Lehrlinge leichter gewonnen werden. Dieses Netzwerk habe aber noch einen weiteren Vorteil, sagt Werner: Neulinge, die nach Esslingen kommen, hätten in ihrem Landsmann oder ihrer Landsfrau vor Ort einen Ansprechpartner, der ihnen beim Einleben helfen könne.
Noch sind nicht alle WGs bezogen – doch das werde in Kürze passieren. Wenn die Ausbildung beendet ist, könnten die jungen Erwachsenen in den Wohnungen bleiben, so Jennifer Werner – vorausgesetzt sie bleiben für die Städtischen Pflegeheime tätig.
Um die 18 Euro pro Quadratmeter müssen Mieter für die Wohnungen an der Flandernstraße 43 hinlegen, sagt Georg Glaser von der ITG Immobilien Treuhand GmbH Haus- und Grundbesitzvermittlung, einer Immobilientochter der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, als Eigentümerin.
Die Wohnungen verfügten über kompakte Grundrisse und bereits eingebaute Küchen, Aufzüge und Tiefgarage seien im Gebäude vorhanden. Für Pflegefachkräfte sei das erschwinglich, meint Johannes Sipple, der Geschäftsführer der Sozialstation Esslingen, denn die Löhne hätten sich in diesem Bereich in den vergangenen Jahren erheblich verbessert.
Hoher Personalbedarf in Esslingen – aber wenig Wohnungen
Seine Einrichtung sei darauf angewiesen, dass Mitarbeitende im stationären und im ambulanten Bereich, die sich um eine Anstellung bewerben würden, eine Wohnung in Esslingen finden könnten. Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel und Personalnot sei bezahlbarer, verfügbarer Wohnraum ein wichtiger Anreiz, um neue Mitarbeiter anzuwerben.
Zunächst hätten die Verantwortlichen in den Leitungsgremien der Sozialstation schlucken müssen, als sie von der Höhe der Mieten erfahren hätten. Doch ein Blick auf den Preisspiegel im Großraum Stuttgart habe diese Bedenken relativiert. Die Zeiten seien vorbei, in denen nur ein Drittel des Einkommens für die Miete aufgebracht werden musste – die Ausgaben fürs Wohnen seien allgemein gestiegen. Bei der Vergabe der Wohnungen an die Mitarbeitenden habe der Grundsatz gegolten: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.“ Das Interesse an diesem Angebot sei sehr hoch gewesen. Vorteile der Wohnungen seien auch die gute Anbindung an das Busnetz und die kurzen Wege zur Arbeitsstätte.
Mit dem Gebäudekomplex, in dem sich die Wohnungen für Mitarbeitende der Sozialstation und der Städtischen Pflegeheime befinden, ist das Neubauprojekt Flandernhöhe im Stadtteil Hohenkreuz der Esslinger Wohnungsbau (EWB) endgültig abgeschlossen, freute sich Geschäftsführer Hagen Schröter bei einem Vor-Ort-Termin mit Esslingens Oberbürgermeister Matthias Klopfer und weiteren Beteiligten. Nach gut acht Jahren sei es geschafft: „Rund 200 Miet- und Eigentumswohnungen in insgesamt zehn Gebäuden hat die EWB im Quartier Flandernhöhe für Familien, Paare, Singles und Senioren neu geschaffen.“ Hierzu gehörten auch die Wohnungen Am Schönen Rain, des Rudolf-Sophien-Stifts sowie der Nachbarschaftstreff Am Schönen Rain.
Das Wohnbauprojekt Flandernhöhe in Esslingen
Modellprojekt
Das Quartier Flandernhöhe hat Modellcharakter, teilt die Esslinger Wohnungsbau (EWB) mit. Es sei das erste große Projekt, das nach dem Wohnraumversorgungskonzept der Stadt Esslingen entstanden ist. Es sieht vor, dass mindestens die Hälfte des neu gebauten Wohnraums gefördert und zu ermäßigten Mieten angeboten wird.
EWB
Die 1936 gegründete EWB ist nach eigenen Angaben eines der größten und ältesten Wohnungsunternehmen in der Region. Betreut würden über 3000 Wohn- und Gewerbeeinheiten. Ihr Auftrag sei es, Wohnraum zu fairen Preisen zu schaffen. Die Gesellschaft sei zur Hälfte im Besitz der Stadt , die andere Hälfte gehöre Firmen in der Region.
Eigentümerin
Die 33 Wohnungen in der Flandernstraße gehören der ITG Immobilien Treuhand GmbH Haus- und Grundbesitzvermittlung, einer Tochter der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen. Sie hat der Sozialstation und den Städtischen Pflegeheimen die elf Wohnungen zur Weitervermietung an Mitarbeitende zur Verfügung gestellt.