Im vergangenen Jahr sind in Baden-Württemberg 13 Übergriffe von Wölfen sicher nachgewiesen worden. (Archivbild) Foto: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Die Zahl der Wölfe in Deutschland wächst, sie bleibt in Baden-Württemberg aber noch konstant. Experten rechnen damit, dass sich das im Südwesten noch ändern wird. Diese Entwicklung macht vor allem den Nutztierhaltern große Sorgen.

Die Wölfe breiten sich in Deutschland weiter aus. Im Untersuchungszeitraum 2020/2021 wurden bundesweit 161 Wolfsrudel bestätigt und damit drei mehr als ein Jahr zuvor, wie das Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Bonn am Montag bekannt gab. Zudem wurden 43 Wolfspaare nachgewiesen, nach 35 im Jahr davor. Die Zahl der gesichteten Einzelwölfe blieb mit 21 nahezu konstant.

Baden-Württemberg scheint der Wolf weiter nur als eine Art Durchgangsland zu betrachten. Von den 161 Rudeln (Vorjahr 158) und den 43 Paaren (Vorjahr 35) sei keines im Südwesten bekannt, teilten das Bundesamt für Naturschutz (BfN) und die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) am Montag in Bonn mit. Weiterhin lebten drei einzelne Tiere als „Stammgäste“ fest im Schwarzwald. Als sesshaft gilt ein Wolf, wenn ein eindeutig zuzuweisender Nachweis auch nach sechs Monaten noch gefunden wird.

Ausbreitung in Baden-Württemberg nur eine Frage der Zeit

Wölfe können bei ihren Wanderungen auf der Suche nach neuem Lebensraum zwar sehr große Strecken zurücklegen, wie Felix Böcker, von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) erklärte. Zunächst besiedelten sie aber vor allem die Regionen, die in der Nähe der „Quellregion“ lägen. „Einzelne Wölfe jedoch können sehr viel weiter wandern“, sagte Böcker. „Dadurch kann die Entwicklung in manchen Regionen schneller voranschreiten als in anderen.“

Aus Sicht der Freiburger Experten ist es aber auch nur eine Frage der Zeit, bis auch in Baden-Württemberg erste Wolfspaare Welpen zur Welt bringen und sich weitere Rudel bilden. „In der Folge würde auch hierzulande die Entwicklung der Zahlen schneller voranschreiten“, sagte Böcker. Es sei Zufall, dass bisher nur Rüden im Südwesten sesshaft geworden seien.

Entwicklung macht Nutztierhaltern Sorgen

Die meisten Wolfsrudel lebten im Beobachtungszeitraum zwischen Mai 2021 und April 2022 in Brandenburg (47), gefolgt von Niedersachsen (34) und Sachsen (31). Im einwohnerstärksten Bundesland Nordrhein-Westfalen waren es 2 Rudel. Bundesweit wird die nachweisbare Zahl der Wölfe in den bekannten Wolfsgebieten für das Wolfsjahr auf 1175 beziffert, wobei der Gesamtbestand unter anderem wegen der viele Kilometer weiten Wanderungen der Tiere nicht seriös beziffert werden kann. Es gibt auch keine Vergleichszahl zum Vorjahr.

Während sich Naturschützer freuen und einen Erfolg im Kampf gegen das Aussterben von Tierarten sehen, macht die Entwicklung den Nutztierhaltern auch in Baden-Württemberg große Sorgen. Denn der Wolf hat keine natürlichen Feinde und steht in Deutschland als streng geschützte Art unter Naturschutz. Ein Abschuss ist verboten, es sei denn, die eigentlich Menschen gegenüber scheuen Wölfe verhalten sich in der Begegnung mit Menschen aggressiv. Dann erlaubt das Bundesnaturschutzgesetz einen Abschuss - offiziell „Entnahme“ genannt. Ein solcher Fall unprovoziert aggressiven Wolfsverhaltens ist seit 1998 laut dem Bericht aber noch nicht aufgetreten.

13 Übergriffe von Wölfen

Zuletzt hatte die baden-württembergische FDP-Fraktion auf den rechtssicheren Abschuss von sogenannten Problemwölfen gepocht. Der Wolf müsse - allerdings mit ganzjähriger Schonzeit - endlich ins Jagd- und Wildtiergesetz überführt werden, hatten die Liberalen gefordert.

Laut FVA sind im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg 13 Übergriffe von Wölfen sicher nachgewiesen worden, dabei wurden 42 Tiere gerissen - vor allem Schafe und Ziegen, aber auch ein Rind.

Bis Anfang Mai galten im Südwesten noch vier Wölfe als sesshaft, allerdings fehlt von einem einst im Odenwald nachgewiesenen Tier weiter jede Spur, so dass er nicht mehr als resident gilt. Derzeit leben also drei Exemplare dauerhaft in Baden-Württemberg, ihr Lebensraum ist im Enztal, am Feldberg und am Schluchsee. Wird ein Wolf zum „Stammgast“, wird in der Region ein Fördergebiet ausgewiesen. Dort gelten dann besondere Anforderungen für den Herdenschutz - er muss wolfsabweisend sein. Im Gegenzug erstattet das Land im Fördergebiet nahezu sämtliche Kosten für den zusätzlichen Herdenschutz.