Am Flughafen wird gebaut. Eine gute Zeit dafür, weil Flugzeuge weder starten noch landen müssen. Foto: FSG

Seit dem Shutdown ist alles anders. Was auch immer Menschen miteinander tun, es bekommt eine neue Wertung. Johannes M. Fischer blickt zurück auf die Woche: Was lief gut im Kreis Esslingen, was tat weh?

Esslingen - Es war die treffendste Schlagzeile der vergangenen Tage. Thema war Ostfilderns Partnerstadt Mirandola, aber die Überschrift charakterisiert die Zeit insgesamt sehr gut: „Wir erleben eine surreale Situation.“

Doch die Not macht erfinderisch. Musikunterricht online, Gottesdienste per Videoübertragung, Nachbarschaftshilfe wie es beispielsweise über das Internetportal EZ-Verbindet organisiert wird. Schlagzeilen wie diese waren in der Woche nicht selten: „Die Nähmaschinen stehen nicht mehr still“ (hier ging es um Menschen, die Schutzmasken nähen) oder „Klingeling, hier kommt der Blumenmann“ (eine Geschichte über einen Blumenhändler, der Wege gefunden hat, trotz der Ladenschließung Blumen zu verkaufen).

Die Kirchen machen sich besonders viele Gedanken. Ostern steht vor der Tür. Ein evangelischer Pfarrer in Kemnat lässt sich von den Mitgliedern seiner Gemeinde Porträts schicken und heftet die Fotos an die Kirchenbänke. Wenn er dann am Sonntag Ostern zelebriert, wird er dies zumindest symbolisch vor einem vollen Haus tun. Online kann man seinen Gottesdiensten schon länger beiwohnen.

Doch nicht alles ist schön. Auch darüber mussten wir in der zurückliegenden Woche berichten: Internet-Betrüger verkaufen naiven Menschen Klopapier-Abos. Eine Gemeindeverwaltung zwingt Kita-Mitarbeiter in ein leeres Büro, wo sie Teamarbeit leisten sollen, die sie ebenso in Video- oder Audiokonferenzen im Homeoffice erledigen könnten. Eine andere Verwaltung verlangt von einer alleinstehenden Mutter, der das Einkommen weggebrochen ist und die deshalb nach einem Unterhaltsvorschuss für das Kind bittet, vorzusprechen. Auch dieser Akt könnte online erledigt werden. Begründung des Amtes: Der Vater des Kindes sei nicht bekannt. Bei der Angabe „Vater unbekannt“ sei ein Gespräch mit der Kindsmutter die Regel, um Missbrauch ausschließen zu können. Immerhin gibt es im Verlauf der Recherche ein Einsehen: Die Mutter kann den Vorschuss nun doch schriftlich beantragen und den persönlichen Termin auf später verschieben.

Nutznießer des Shutdowns sind alle, die baustellenbedingte Staus hassen. Die gibt es nicht, obwohl eine Großbaustelle in Esslingen für starke Beeinträchtigungen hätte sorgen sollte. EZ-Reporterinnen machten den Test: Bis auf ein paar verwirrende Verkehrsschilder läuft es gut. Jedenfalls solange die Kontaktsperre gilt und das Land den Atem anhält.

Zuletzt zurück zum Anfang: „Wir erleben eine surreale Situation.“ Ich kann mich gut an den Aufschrei eines Kollegen („Ach, die jetzt auch!“) erinnern, als er in einer Redaktionskonferenz diese Überschrift las: „Tauben leiden unter Kontaktsperre.“ Hintergrund: Es sind weniger Menschen unterwegs, die weniger Krümel fallen lassen.

Und zuallerletzt noch eine gute Nachricht in der schlechten: Der Flughafen hat mit der Erneuerung der Startbahn angefangen. Eine perfekte Zeit: Der Flugverkehr steht ja sowieso still.