Fifa-Präsident Gianni Infantino (li.) und Emir Tamim bin Hamad al-Thani bei der Auslosung der WM-Vorrunde in Doha Foto: dpa/Christian Charisius

Das Herrscherhaus al-Thani bestimmt Politik, Gesellschaft und Kultur des WM-Gastgeberlands Katar.

Öl und Gas haben das Emirat Katar reich gemacht – und niemand in dem kleinen Land am Persischen Golf, das in gut zwei Wochen die Fußball-WM ausrichtet, ist reicher als das Herrscherhaus al-Thani. Der 41-jährige Emir Tamim bin Hamad al-Thani ist Milliardär, sein Onkel und Ex-Premier Hamid bin Jassim bin Jaber al-Thani gilt wegen seiner Immobiliengeschäfte in Großbritannien sogar als „Mann, der London kaufte“. Insgesamt wird das Vermögen der al-Thanis auf mehr als 300 Milliarden Dollar geschätzt. Mitglieder des Clans besetzen wichtige Regierungsposten, doch interne Spannungen sind dem Herrscherhaus nicht fremd: Der Vater des Emirs putschte sich 1995 gegen den eigenen Vater an die Macht.

Der heutige Emir, der sich als Tamim der Glorreiche verehren lässt, herrscht seit 2013 über das Land mit seinen knapp drei Millionen Einwohnern. Sein Vater Hamad bin Khalifa al-Thani gab damals den Thron zugunsten seines Sohns auf, der sich seit Jahren auf die Position als Emir vorbereitet hatte. Tamim besuchte die britische Militärakademie in Sandhurst und rückte bereits 2003 zum Kronprinzen auf.

Emir kaufte einst den Fußballclub Paris Saint-Germain

Schon damals konzentrierte sich der heutige Emir darauf, Katar durch das Engagement in der internationalen Sportwelt bekannt zu machen, und brachte die Asien-Spiele in das Emirat. Auch der Kauf des französischen Spitzen-Fußballclubs Paris Saint-Germain gehört zu seinen Erfolgen. Der Zuschlag der Fifa für Katar als Ausrichter der ersten Fußball-WM auf arabischem Boden war sein Meisterstück, auch wenn die Entscheidung des Weltverbands von Bestechungsvorwürfe überschattet wurde.

Die al-Thanis gehören zum arabischen Stamm Tamim, herrschen seit dem 19. Jahrhundert über das Gebiet des heutigen Katar und führten das Emirat 1971 in die Unabhängigkeit von Großbritannien. Der Vater des heutigen Emirs verlegte den Schwerpunkt der Wirtschaft weg vom Öl und hin zur Entwicklung der Gasindustrie, die Katar zum weltweit führenden Exporteur von Flüssiggas gemacht hat. Das Emirat hat heute laut Berechnungen der Weltbank nach Kaufkraft-Parität ein Pro-Kopf-Einkommen von mehr als 90 000 Dollar im Jahr und ist damit eines der reichsten Länder der Erde; Deutschland liegt bei knapp 60 000 Dollar.

Die Herrscherfamilie kontrolliert die Schlüsselpositionen der Regierung

Auch seine außenpolitische Rolle baute Katar in den vergangenen Jahrzehnten aus. Das Emirat wurde Standort amerikanischer Militärstützpunkte und verärgerte seine arabischen Nachbarn, indem es die Muslim-Bruderschaft unterstützte und seinen Nachrichtensender Al-Jazeera kritisch über die Zustände in der arabischen Welt berichten ließ.

Als Herrscherfamilie kontrollieren die al-Thanis die Schlüsselpositionen der Regierung in Katar. Ministerpräsident und Innenminister Khalid bin Khalifa bin Abdulaziz al-Thani und Außenminister Mohammed bin Abdulrahman al-Thani gehören zum Clan. Verteidigungsminister Khalid bin Mohammad al-Attijah ist ebenfalls ein Verwandter.

Kunstwerke im Wert von Hunderten Millionen Dollar gekauft

Außerhalb der Regierung ist die Familie ebenfalls tonangebend. Die Mutter des Emirs, Mosa bint Nasser al-Missned, hat als Vorsitzende einer Stiftung für Bildung und Wissenschaft renommierte westliche Universitäten wie die Georgetown-Universität in Washington dazu bewegt, Ableger in Katar zu eröffnen. Al-Mayassa bint Hamad bin Khalifa al-Thani, die Schwester des Herrschers, leitet die Museen in Katar und hat in den vergangenen Jahren Kunstwerke im Wert von Hunderten Millionen Dollar gekauft.

Die al-Thanis bleiben auch bei der Familienplanung häufig unter sich. Die erste Ehefrau des Emirs, Jawaher bint Hamad bin Suhaim al-Thani, die laut Protokoll den Rang der Herrscher-Gemahlin innehat, ist seine Cousine zweiten Grades. Das Paar hat vier Kinder; der Emir hat außerdem neun Kinder mit zwei weiteren Frauen.

20 kritische Familienmitglieder inhaftiert

Selbst Kritiker der Herrscherfamilie kommen häufig aus dem Clan selbst. Vor fünf Jahren ließ der Emir laut Presseberichten 20 Mitglieder seiner Familie inhaftieren, weil sie nicht mit dem politischen Kurs des Landes einverstanden waren. Für politische Akteure außerhalb der al-Thanis ist in Katar keine Rolle vorgesehen: Parteien sind verboten. Im vergangenen Jahr wurde zwar erstmals eine Art Volksvertretung gewählt, doch das Gremium mit seinen 45 Sitzen dient lediglich als Beratungsforum.