Auch in Handwerksbetrieben wird die Stimmung schlechter. Foto: dpa/Patrick Pleul

Nicht nur in den Fabriken, auch bei Dienstleistern, Händlern und im Handwerk im Landkreis Esslingen herrscht trübe Stimmung. Die Kammern kritisieren die Uneinigkeit in der Politik und fordern mehr Planungssicherheit.

Die deutsche Wirtschaftspolitik wird in vielen Betrieben im Kreis Esslingen und der Region offenbar zunehmend kritisch gesehen. Unter den Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung, die die Industrie- und Handelskammer (IHK) Esslingen-Nürtingen für ihren Konjunkturbericht regelmäßig bei den Mitgliedsbetrieben abfragt, rangiert sie mittlerweile auf den vorderen Plätzen nach der Nachfrage aus In- und Ausland sowie den Arbeitskosten.

„Nachdem die letzten positiven Signale aus dem Frühsommer weg sind, steuern wir auf eine strukturelle Krise zu“, warnt Heike Kauderer, die Präsidentin der IHK-Bezirkskammer. Sie kritisiert die derzeit vorherrschende politische Uneinigkeit, die Investitionsentscheidungen behindere. „Wir brauchen dringend einen klaren wirtschaftspolitischen Kurs mit einem eindeutigen Bekenntnis zu umfassenden Reformen, damit unsere Betriebe wieder sicher planen und wirtschaften können.“ Auch Peter Friedrich, der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart, forderte unlängst von der Politik „verlässliche Maßnahmen und Strategien, um dem Stillstand endlich ein Ende zu bereiten“. Sie müsse für Investitionen, Planbarkeit und langfristig geltende Rahmenbedingungen sorgen.

IHK schreibt das Jahr 2024 ab

Laut der IHK ist das Jahr 2024 aus ökonomischer Sicht abgeschrieben, sie konstatiert einen Pessimismus in Firmen aller Branchen. Auch im Handwerk wird die Stimmung offenbar schlechter, wie Rainer Reichhold feststellt, Präsident der Handwerkskammer Region Stuttgart und Chef eines Betriebes in Nürtingen. „Das gilt für den Landkreis Esslingen, aber auch für das Handwerk in ganz Baden-Württemberg. Zwar berichten noch viele Betriebe von einer insgesamt guten Geschäftslage, doch die schlechte gesamtwirtschaftliche Entwicklung führt dazu, dass immer mehr Betriebe auf der Stelle treten und weniger Aufträge verzeichnen – gerade im gewerblichen Bedarf.“

Rainer Reichhold, Präsident der Handwerkskammer Region Stuttgart Foto: Handwerkskammer/KD Busch

Dabei spielt in vielen Branchen die zunehmende Flaute in der Industrie eine Rolle, so die IHK. Beispielsweise bei unternehmens- beziehungsweise industrienahen Beratungs- und IT-Dienstleistern, die im Herbst eine deutliche Lageverschlechterung meldeten. Das Handwerk spüre den Abschwung in zweifacher Weise. „Zum einen fehlen den Betrieben im Metallbau und der Elektrotechnik, die der Industrie zuliefern, die Aufträge. Zum anderen wirkt sich der Einbruch der Gewinnerwartung bei Industrieriesen wie Mercedes-Benz auch auf die privaten Haushalte im Landkreis aus“, sagt Reichhold. Anstatt die Renovierungen am Haus oder den Bau eines Eigenheims voranzutreiben, hielten die Menschen lieber ihr Geld bei sich. „Die übervollen Auftragsbücher der Vergangenheit kommen den Betrieben nun zugute: Aktuell arbeiten sie noch die bestehenden Aufträge ab.“ Mit Blick auf das kommende Jahr erwarte die Kammer aber, dass aufgrund der schwachen Wirtschaftslage viele Betriebe wieder freie Kapazitäten haben werden.

Handwerk fordert mehr Planungssicherheit

Der Gesellschafter und Geschäftsführer von Elektro-Nürk berichtet, sein eigener Betrieb mit zehn Mitarbeitenden sei gut ausgelastet, jedoch verzeichne man einen Rückgang im Einbau von Wärmepumpen. „Das ist zum einen auf die schwache Wirtschaftslage aber vor allem auf die politischen Rahmenbedingungen zurückzuführen: Die Menschen sind verunsichert und halten sich bei diesen Investitionen zurück“, sagt Reichhold. „Dadurch geraten aber auch die Klimaziele von Land und Bund in Verzug. Wir wünschen uns daher mehr Planungssicherheit für die Bevölkerung, damit wieder mehr in die Energiewende investiert wird.“