Für den Enzkreis sind die Auspendler wertvolle Arbeitskräfte. Sie möchte man künftig für lokale Arbeitgeber begeistern. Foto: IMAGO//Jaap Arriens

Weil man die Fachkräfte bei sich halten will, möchte der Enzkreis den Pendlern die Arbeitgeber vor Ort schmackhaft machen.

Wo leben die Menschen – und wohin fahren sie zum Arbeiten? Die Pendlerströme beschäftigen auch ganze Landkreise. Den Enzkreis etwa: Während rund 30 500 Menschen für ihren Arbeitsplatz in den Enzkreis pendeln, zieht es laut den Daten des Statistischen Landesamtes circa 52 300 aus dem Enzkreis hinaus. Laut Landratsamt allesamt Fachkräfte, die die Unternehmen im Enzkreis angesichts des Fachkräftemangels gerne selbst beschäftigen würden.

Das will man angehen. „Der Enzkreis möchte in Zukunft gezielt Pendler ansprechen und für die Region begeistern“, sagt Jochen Enke, Wirtschaftsförderer des Enzkreises. „Viele Menschen pendeln in die umliegenden Städte, weil sie bei den großen Unternehmen in der Regel mehr verdienen.“ Aber der Gestaltungsspielraum in kleineren Unternehmen im Enzkreis sei oft größer. Rund 1500 Firmen sind im Enzkreis ansässig.

Auspendler sind „volkswirtschaftlicher Verlust“

Vorbild für den Wirtschaftsförderer des Enzkreises ist bei seinem Vorhaben auch eine Kampagne aus dem Schweizer Kanton Thurgau, die auf rund 45 000 nach außerhalb pendelnden Thurgauer abgezielt hatte. „Volkswirtschaftlich betrachtet ist das ein Verlust, dem der Kanton entgegenwirken möchte“, erklärt Jean-Marc Demeulemeester, dessen Agentur Komthur die Marketingkampagne für den Kanton durchgeführt hat.

„Wir haben herausgefunden, dass viele Menschen gar nicht wissen, welche attraktiven Arbeitgeber direkt vor ihrer Haustür sind. Unsere Kampagne hat genau diese Hidden Champions ins Rampenlicht gerückt.“ Die Maßnahmen, unter anderem Präsenz in den Sozialen Medien und eine Roadshow mit rotem Doppeldeckerbus, scheinen zumindest teilweise erfolgreich zu sein: Das zentrale Stellenportal des Kantons habe durch die Kampagne einen Anstieg des Traffics um rund 300 Prozent verzeichnet, so Demeulemeester.

Von dieser Initiative möchte man sich nun im Enzkreis inspirieren lassen. Das ganze Jahr 2025 über soll eine Kampagne hier laufen. „Wir wollen mit unseren Standortvorteilen werben“, sagt Enke. Dafür hole man gerade die Arbeitgeber im Kreis ins Boot.

Einpendlerüberschuss in Böblingen

Weniger Bedeutung schreibt man den Pendelzahlen derweil in anderen Landkreisen zu. Im Kreis Ludwigsburg etwa pendeln rund 82 200 Menschen ein, während circa 109 200 auspendeln. Die Zahlen seien in Metropolregionen üblich, etwa weil sich in Stuttgart Arbeitsplätze befinden, die es im Landkreis Ludwigsburg nicht gebe, heißt es aus dem Ludwigsburger Landratsamt. Dort fokussiert man sich deshalb etwa auf junge Nachwuchskräfte.

Mehr Ein- als Auspendler hat der Landkreis Böblingen, 89 700 Menschen zeiht es zum Arbeiten in den Kreis. Den Überschuss wertet man im Böblinger Landratsamt als Zeichen für einen starken Wirtschaftsstandort, beschäftigt sich beim Thema Pendeln daher vor allem mit Verkehrsfragen und öffentlichem Nahverkehr. Trotzdem: „Auch wenn die Zahlen anzeigen, dass die Arbeitgeber im Landkreis attraktiv sind – natürlich plagt auch uns der Fachkräftemangel, sagt Pressesprecher Benjamin Lutsch.