Deutschland befindet sich seit November wieder in einem Lockdown, seit Dezember sogar in verschärfter Form. Das wirkt sich auf die Konjunktur aus Foto: dpa

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) muss seine Konjunkturprognose nach unten korrigieren. Aufgrund der Pandemie herrscht in etlichen Branchen Stillstand. Der Minister versucht gleichwohl, Optimismus zu verbreiten – was nicht alle überzeugt.

Berlin - Firmen und Arbeitnehmer müssen sich nach Einschätzung der Bundesregierung in der Coronapandemie noch auf eine längere Durststrecke einstellen. Die deutsche Volkswirtschaft werde voraussichtlich erst Mitte des kommenden Jahres wieder so stark sein wie vor der Krise, heißt es im Jahreswirtschaftsbericht, den das Kabinett am Mittwoch verabschiedete.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte, er rechne im laufenden Jahr mit einem Wirtschaftswachstum in Höhe von drei Prozent. Damit passt die Regierung ihre Konjunkturprognose deutlich nach unten an, im vergangenen Herbst war sie noch von einem Plus in Höhe von 4,4 Prozent für dieses Jahr ausgegangen. Im Jahr zuvor war die Wirtschaftsleistung hierzulande pandemiebedingt um fünf Prozent eingebrochen. Das war zwar deutlich weniger als zunächst befürchtet, es handelte sich aber immer noch um eine Rezession historischen Ausmaßes. Nur während der Finanzkrise im Jahr 2009 war der Einbruch noch stärker ausgefallen.

Milliarden gegen den Niedergang

Deutschland befindet sich seit November wieder in einem Lockdown, seit Dezember sogar in verschärfter Form. Einzelhändler, Gaststätten und Dienstleister sind geschlossen, der Reiseverkehr und das Veranstaltungswesen sind weitgehend zum Erliegen gekommen. Der Lockdown soll zunächst bis Mitte Februar gelten, könnte zum Schutz vor mutierten Virusvarianten allerdings abermals verlängert werden.

Bundeswirtschaftsminister Altmaier bemühte sich am Mittwoch gleichwohl, ein optimistisches Bild der Lage zu zeichnen. „Nach knapp einem Jahr Pandemieerfahrung können wir sagen, dass es gelungen ist, die Substanz unserer Wirtschaft in ihrem Kern zu erhalten.“ Der Minister erinnerte an die großen Summen, die der Staat mobilisiert hat, um Jobs und Firmen zu sichern: Bislang seien 80 Milliarden Euro an Wirtschaftshilfen zur Verfügung gestellt worden. Zudem seien etwa 23 Milliarden Euro Kurzarbeitergeld geflossen, der Staat habe überdies ein Konjunkturprogramm in Höhe von 130 Milliarden Euro auf den Weg gebracht und in weiten Teilen schon umgesetzt.

Aufschwung geht weiter

Mit Blick auf die kommenden Monate sagte Altmaier: „Wir werden lernen müssen, auch unter den Bedingungen einer fortdauernden Pandemie einen wirtschaftlichen Aufschwung zu ermöglichen.“ Der Aufschwung, der im Herbst eingesetzt hat, gehe weiter – wenn auch mit verminderter Dynamik. Die Industrie erweise sich als widerstandsfähig. Anders als während des ersten Lockdowns sind jetzt nicht im großen Stil Lieferketten unterbrochen. Auslandsmärkte wie China sind bereits dabei, die Folgen der Pandemie zu überwinden. Aus der Politik kamen gleichwohl Rufe, die Lage nicht in zu bunten Farben zu malen. „Die reduzierte Wachstumsprognose für dieses Jahr ist ein weiteres, sehr ernstes Warnsignal“, sagte der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger. In der Wirtschaft schwinde die Zuversicht der letzten Monate. „Machen wir uns nichts vor: Der verstolperte Impfstart, die Forderungen aus Teilen der Politik nach einem verschärften Lockdown und nach Grenzschließungen schlagen durch“, sagte Wolfgang Steiger. Er erneuerte die Forderung nach einer kompletten Abschaffung des Solidaritätszuschlag und den erweiterten Möglichkeiten, gegenwärtige Verluste steuerlich mit Gewinnen aus der Vergangenheit zu verrechnen. „Wirtschaftspolitik hängt stärker von der positiven Motivation der Unternehmer ab, als es die Bundesregierung derzeit berücksichtigt“, sagte er.

„Steuererhöhungen sind fehl am Platz“

Kritisch äußerte sich auch Grünen-Wirtschaftsexperte Dieter Janecek. Er sagte: „Die inkonsistente Strategie bei der Pandemiebekämpfung ist momentan die größte Gefahr für die Konjunktur.“ Die Bundesregierung habe es im Sommer und Herbst „leider verpennt“, das Land auf eine zweite Welle vorzubereiten. Der missglückte Impfstart könne die wirtschaftliche Erholung um Monate verzögern, die zähe Auszahlung der Wirtschaftshilfen werde für viele Unternehmen zur ernsthaften Gefahr. Janecek ergänzte: „Mit Blick auf den schleppenden Ausbau der erneuerbaren Energien muss man leider inzwischen feststellen: Der Wirtschaftsminister legt hier die Axt an den Industriestandort Deutschland.“

Altmaier selbst sagte jetzt, der Aufschwung sei nur möglich, wenn der Staat Firmen und Verbrauchern keine zusätzlichen Lasten aufbürde. Dafür sollten Sozialabgaben und Strompreise stabil gehalten werden. Er mache sich überdies für einen Bürokratieabbau zugunsten von Unternehmen stark und sei „entschieden der Meinung, dass in der Zeit der Krise Steuererhöhungen fehl am Platz sind“.

Einer Antwort auf die Frage, ob er den Vorstoß von Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) für eine vorübergehende Lockerung der Schuldenbremse unterstütze, wich Altmaier aus. „Ich bitte herzlich um Verständnis, dass ich nicht im Zuständigkeitsbereich des Kollegen Scholz wildern möchte“, sagte Altmaier mit Blick auf Finanzminister Olaf Scholz (SPD), dem die Aufstellung des Bundeshaushalts obliegt.