Die Protestaktion hatte für Staus auf der B10 gesorgt. Foto: Andreas Rosar Fotoagentur-Stuttg

Vor dem Amtsgericht Bad Cannstatt ist die B-10-Blockade im September 2022 juristisch aufgearbeitet worden. Ein Angeklagter und eine Zeugin ließen sich entschuldigen. Sie waren mit dem Flugzeug nach Asien gereist.

Ein 22 Jahre alter Mann hat mit vier weiteren Personen im vergangenen September die Bundesstraße 10 in Stuttgart blockiert. Mit der Aktion wollten die Klimaaktivisten die „Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer erhalten, die sich trotz ständiger Staus in Folge der S-21-Baustellen weiterhin täglich im Berufsverkehr stadteinwärts quälen“, so Moritz Riedacher, Sprecher der Klimaschutzbewegung Letzte Generation, Bereich Stuttgart.

Der Protest führte damals zu Staus am Leuzeknoten, jetzt hatte er am Amtsgericht Bad Cannstatt ein Nachspiel. Am Montag wurde der junge Mann zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt. Selbst vor Ort war er bei der mündlichen Verhandlung nicht, wie Amtsgericht-Direktorin Mechthild Weinland bestätigt. Auch eine geladene Zeugin, die Freundin des Angeklagten, fehlte bei dem Prozess. „Zu den Gründen des Nichterscheinens kann ich keine Stellung nehmen“, so Weinland. Auf ihre Vernehmung sei allseits verzichtet worden, das Fernbleiben habe für sie daher keine Folgen.

Vor Gericht zu erscheinen, wäre den beiden auch schwer gefallen: Sie sind bereits im November in den Urlaub nach Thailand geflogen. Öffentlich gemacht hatte dies ein Bericht der „Bild“-Zeitung, in dem zudem der immense CO2–Ausstoß von Langstreckenflügen thematisiert wurde.

Mit einer Pressemitteilung, die den Titel „Doppelmoral und Klimakollaps“ trägt, hat die Letzte Generation nun auf die Berichterstattung über die Fernreise der zwei Klimaschützer reagiert. „Natürlich können wir nachvollziehen, dass negative Gefühle ausgelöst werden – gerade bei ökologisch bewusst lebenden Menschen –, wenn Protestierende der Letzten Generation in ein Flugzeug steigen. Vielen von uns geht es so“, so Sprecher Karim Dillhöfer.

Es sei allerdings auch eine Form von Doppelmoral, als „Klimakanzler“ den Ort Lützerath abzubaggern. Individuelles Verhalten sei nicht unwichtig. „Sich politisch gegen den Klimakollaps zu engagieren, geht oft damit einher, das eigene Leben umzustellen. Es ist jedoch keine Voraussetzung, dies zu tun. Insbesondere beeinflusst es auch nicht, wie richtig oder falsch Forderungen an die Bundesregierung sind.“