Ein Winterspaziergang ist jetzt wieder auf verschneiten Wegen möglich. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Der Winter lässt die Muskeln spielen und beschert Nachttemperaturen um minus 13 Grad. Bereits tagsüber ist die S-Bahn kältebedingt aus dem Takt geraten, und auf den Straßen ist es zu mehreren Blechschäden gekommen.

Stuttgart - Feiner pulvriger Schnee hat sich auf die Dächer und Parkflächen gelegt und den Winter nochmals in die Stadt gebracht. Zur Freude der Kinder wird sich die weiße Pracht ein paar Tage halten, auch wenn in der Nacht kein neuer Schnee fällt. „Es klart auf, eisige Luftmassen strömen ein, und die Temperatur kann deshalb in dieser und in der Nacht auf Freitag auch in Stuttgart auf minus 13 Grad fallen“, sagt Marco Puckert, der Mitarbeiter vom Deutschen Wetterdienst. Auf Schnee könne es noch kälter werden.

Der Kälterekord stammt aus dem Jahr 1963

Auch tagsüber müssen alle den Schal enger ziehen: In den nächsten Tagen soll es nicht wärmer als minus 3 Grad werden, obwohl sich die Sonne sehen lässt. „Es wird aber ein eisiger Ostwind wehen“, sagt der Wettermann voraus. Erst am Sonntag sollen die Temperaturen allmählich auf die Null-Grad-Grenze klettern.

„Das ist alles nichts Außergewöhnliches“, sagt Marco Puckert, „bloß hatten wir solche Winter seit einigen Jahren nicht mehr.“ Rekordverdächtig sind die kalten Nächte jedoch keineswegs: Am 5. Februar 1963 sind am Schnarrenberg minus 17,5 Grad gemessen worden – das ist der bisherige Rekord.

Jungtiere in Gefahr

Minusgrade in dieser Dimension bereiten gelegentlich selbst Tieren Probleme, beispielsweise den Junggänsen im Unteren Schlossgarten. Die von Passanten alarmierten Polizisten stießen dort auf zwei bereits erfrorene Gänseküken, das dritte konnten sie behutsam aufnehmen, wärmen und dem Tiernotdienst übergeben.

Stromausfall auf der Linie S 1

Für das S-Bahn-Chaos am Mittwoch in Stuttgart und Umgebung war nicht nur das Wetter verantwortlich. Eine S-Bahn der Linie 1 war am Mittwochmorgen an der Haltestelle Schwabstraße liegengeblieben, was zu massiven Problemen im gesamten S-Bahn-Netz führte. Die S 1 war von Stuttgart-Vaihingen in Richtung Stadtmitte unterwegs gewesen, als ein Stromabnehmer ausfiel. Dadurch hatte ein Teil des Zugs keinen Strom mehr. Es bildete sich ein Stau, der zu Zugausfällen und Verspätungen führte.

Weichenstörung auf mehreren Strecken

Zu allem Übel war es auch noch in Wendlingen, auf der Strecke Echterdingen–Flughafen und zwischen Nordbahnhof und Hauptbahnhof zu Weichenstörungen sowie in Stuttgart-Vaihingen zu einer Stellwerksstörung gekommen. „Die Weichenstörungen können durch die Kälte und den Schnee ausgelöst worden sein“, so ein Sprecher der Bahn. Die Störungen seien beseitigt, die defekte S-Bahn abgeschleppt worden. Danach sei fieberhaft daran gearbeitet worden, den 15-Minuten-Takt wiederherzustellen. Kurios auch: Wegen der Kälte musste der Johannesgrabentunnel im Stadtteil Vaihingen stadtauswärts zeitweise gesperrt werden. Eiszapfen waren von der Decke des sechsspurigen Tunnels auf die Fahrbahn gefallen.

Eiszapfen im Tunnel und Eis auf den Straßen

Das wetterbedingte Unfallgeschehen hielt sich in Stuttgart in Grenzen. Die Polizei registrierte lediglich eine Handvoll Blechschäden, was auch daran liegen könnte, dass viele in Heimarbeit seien, mutmaßt eine Polizeisprecherin. An der Plieninger Filderhauptstraße rutschte gegen 13.15 Uhr allerdings ein Schneepflug in einen Graben und musste geborgen werden. Der 57-jährige Fahrer blieb unverletzt.

Pkw rutscht in das Räumfahrzeug

In Esslingen ereignete sich ein kurioser Unfall. Gegen 7.20 Uhr fuhr eine Frau auf der L 1192 in ihrem Audi von der Stadtmitte Esslingen kommend in Richtung Berkheim. Auf der zweispurigen Straße sicherte auf dem rechten Fahrstreifen ein Streifenwagen mit Blaulicht ein Räumfahrzeug ab. Kurz nach dem Vorbeifahren wechselte die Frau wieder auf die rechte Fahrspur und krachte gegen das langsam rückwärtsfahrende Streufahrzeug. Ansonsten blieb das große Verkehrschaos im Kreis Esslingen aus – dank des coronabedingt geringen Verkehrsaufkommens, wie Polizeisprecher Michael Schaal vermutet. Es sei zu rund 20 Blechschäden gekommen. Glück im Unglück hatte ein Autofahrer am Dienstagnachmittag. Der 53-Jährige war mit einem Jaguar auf der B 10 in Richtung Stuttgart unterwegs, als sich auf Höhe Plochingen eine Eisplatte von der Plane eines Lkw löste und die Frontscheibe des Jaguar zerschmetterte. Der 53-Jährige blieb unverletzt.

Im Kreis Böblingen hielt sich das Schneechaos in Grenzen: Zwischen 4 und 12 Uhr nahm die Polizei 26 Unfälle auf – ausschließlich Blechschäden.

E-Mobile oder Helferlein

In kalten Nächten müssen Besitzer von E-Mobilen Vorsicht walten lassen. „Kälte erhöht den Widerstand im Akku, er kann weniger Strom abgeben und seine Kapazität und Reichweite verringert sich“, sagt Julian Häußler, Sprecher des ADAC Stuttgart. Er rät, den Wagen geschützt, zum Beispiel an einer Hauswand, zu parken. Wer eine Garage habe und den Wagen über Nacht auflade, sollte ihn morgens vorheizen. „Dann muss der Akku bei Fahrtbeginn diese Energieleistung nicht mehr erbringen.“ Bei E-Bikes empfiehlt der Fachmann, den Akku abzunehmen und erst zu laden, wenn er Zimmertemperatur hat; sonst bilde sich Kondenswasser, das den Akku schädigen könne. Für Fahrten durch Eis und Schnee gebe es inzwischen ein Jäckchen aus Neopren.