Pyrotechnischer Höhepunkt des Stückes: Am Ende explodiert die Ölförderstation von New Venango. Quelle: Unbekannt

Von Sigfried Baumann

Die Ideen und ein gutes Drehbuch sind das eine, ein Ensemble, das diese Ideen mit Leben füllt, das andere. Wenn beides zusammenpasst, kann dabei nur eine erfolgreiche und sehenswerte Inszenierung herauskommen. So wie bei „Winnetou II - Ribanna“, das Stück, das dieses Jahr auf der größten Freilichtbühne Oberschwabens gezeigt wird. Die Festspiele Burgrieden, die auch im vierten Jahr ihres Bestehens einen Karl-May-Klassiker auf die Bühne bringen, haben sich damit endgültig etabliert. Und das auch deshalb, weil man sich in den vier Jahren stetig weiter entwickelt hat, nicht stehen geblieben ist. Am Schlimmsten wäre es, wenn die Besucher nach einer neuen Inszenierung sagen würden: „alles wie immer.“ Nein, nichts ist wie immer. Und gerade das macht den Reiz von Mike Dietrichs Inszenierungen frei nach Karl May aus. So bietet auch die Geschichte „Winnetou II - Ribanna“ immer wieder überraschende Entwicklungen, die der Zuschauer nicht unbedingt voraussehen kann. Damit wird bis zum Schluss der Spannungsbogen hochgehalten, die verschiedenen Handlungsstränge lösen sich erst ganz am Ende auf. Und doch bleiben zwei Fragen ungelöst: Hat Ribanna am Ende überlebt, als sie von der Kugel Parranohs getroffen wird? Und was ist mit dem Schurken Santer, hinter dem die Blutsbrüder Winnetou und Old Shatterhand seit drei Jahren auf der Burgriedener Freilichtbühne herjagen? Ist er wieder einmal entkommen? Die Jagd nach Santer ist die Klammer, die Dietrichs Inszenierungen (der Regisseur ist von Beginn an dabei) umschließt. Nur eines ist dabei zu bedenken: Endlos kann man dieses Spiel nicht weitertreiben, irgendwann muss der Mörder von Winnetous Vater Intschu tschuna und seiner Schwester Nscho tschi zur Strecke gebracht werden.

Die positive Weiterentwicklung der Festspiele Burgrieden bleibt dem Stammgast nicht verborgen: Mehr Action, mehr Kampfszenen, von Winnetou-Darsteller Ivica Zdravkovic routiniert choreografiert, mehr pyrotechnische Effekte, ein furioses Feuer-Finale (Pyrotechnik Christian Metzger), ein professionelles Ensemble und eine Tatsache, die vor allem den jugendlichen Besuchern geschuldet ist: Keiner stirbt auf offener Bühne, nicht einmal Parranoh. Dafür wird ein wenig zu viel geweint. Hier tut sich vor allem der 17-jährige Jan Giefel, der Ribannas Sohn Harry spielt, heulkräftig hervor, wobei es nicht ihm anzulasten ist, sondern dem Textbuch. Emotionen gehören zu einem Stück wie „Winnetou II - Ribanna“, deren trauriges Schicksal ja schließlich im Mittelpunkt der Geschichte steht. Das Ganze spielt in einem erweiterten Bühnenbild. Die „hölzerne Festung“ Fort Niobrara ergänzt die Felslandschaft hervorragend, sodass bei der diesjährigen Inszenierung dem Umritt eine größere Bedeutung zukommt als bisher.

Das Ensemble besteht ausschließlich aus Profi-Schauspielern. Und das merkt man. Ein Schwachpunkt ist allerdings auszumachen und der betrifft ausgerechnet Ribanna, deren Name den Untertitel des Stückes liefert. Alexandra Bentz ist stark in den Action-Szenen, die ihr das Drehbuch beschert. Kampf-Emanzipation sozusagen. Aber der Figur fehlt das Stolze, das Erhabene, das einst Karin Dor in dem Kinofilm „Winnetou 2. Teil“ so überzeugend auf die Leinwand gebracht hat. In manchen Szenen hat man das Gefühl, dass sich die Darstellerin in ihrer Rolle nicht ganz wohlfühlt. Neu besetzt ist die Rolle Old Shatterhands. Der Tiroler Martin Strele verkörpert den Westmann routiniert und überzeugend, auch wenn er nach seinen eigenen Worten den Kino-Shatterhand Lex Barker zunächst als zu große Hürde ansah. Strele harmoniert perfekt mit Blutsbruder Iviva Zdravkovic und er ist ein weitaus besserer Reiter als sein Vorgänger. Zdravkovic ist in Burgrieden berechtigterweise „gesetzt“. Ihm bot die Bühne die große Chance, sich einen Traum zu erfüllen. Bühne und Darsteller profitieren voneinander. Perfekt und ohne Tadel auch Jörg Richter als Santer und Markus Berger als Parranoh. Verrat, Heimtücke und Mord im Doppelpack. Und weil das Gute dem Bösen auf Augenhöhe begegnen muss, erscheint neben Old Shatterhand auch Old Firehand auf der Bühne. Nicht nur als Held, sondern als der Mann Ribannas. An Dirk Linke als Old Firehand wäre nur das Kostüm verbesserungswürdig. Und dann ist da noch Marcus Jakovljevic als Sam Hawkens. Schon in den vergangenen zwei Jahren hatten die Festspiele Burgrieden mit ihrem Sam Hawkens-Darsteller Glück, Marcus Jakovljevic setzt in diesem Jahr noch einen drauf. Kauzig, verschmitzt, aber diesmal ist der gute, alte Sam auch in Kämpfe verwickelt und landet ein ums andere Mal unsanft im Bühnensand. Eine Freude, seinem Spiel zuzusehen. Vergessen seien hier nicht die Kleindarsteller und Statisten, die die Kunst beherrschen, sich mehrfach in wenigen Minuten umzuziehen, ob sie nun gerade als Indianer, Bandit oder Soldat gebraucht werden. Auch das „tierische Ensemble“ überzeugt: Viel bessere Reitpferde als im Vorjahr, die sich auf der großen Freilichtbühne richtig austoben dürfen. Dazu Wüstenbussard Polly und erstmals ein Wolfshund, der ein wenig Mystik in die Inszenierung bringt.

Die Festspiele Burgrieden sind in kürzester Zeit zu einem Aushängeschild der oberschwäbischen Gemeinde geworden. Darüber freut sich auch Bürgermeister Josef Pfaff, vor allem, nachdem seine Gemeinde neuerdings Mitgesellschafter der Festspiele Burgrieden ist. Geschäftsführerin Claudia Huitz ist mit dem Unternehmen auf einem guten Weg, der weiter von Erfolg gekrönt sein wird, wenn sich alle Beteiligten stets vor Augen halten, dass hier gemeinsam etwas geschaffen wurde, was auch nur gemeinsam weiter entwickelt werden kann. Im Sinne der Besucher.

Vorstellungen bis 10. September freitags 20 Uhr, samstags 19.3 Uhr, sonntags 17 Uhr. Im August auch zusätzlich samstags 15 Uhr. Preise: 24,50 Euro Erwachsene, 21,50 ermäßigt. Anfahrt über Ulm, B 30 Richtung Biberach, Ausfahrt Leipheim-Süd, Richtung Militärflugplatz, Ausschilderung beachten.