Die Notfallaufnahme am Rems-Murr-Klinikum Winnenden Foto: Rems-Murr-Klinik

Die Rems-Murr-Kliniken bereiten sich auf arbeitsreiche Feiertage vor. Erwartet werden nicht nur klassische Notfälle. Auch zu viel Glühwein oder üppiges Festessen können Gründe sein, weshalb Ärzte und Krankenhauspersonal gefordert sind.

Wer sich fast im Akkord um das Wohl und die Rettung von Mitmenschen kümmert, kann schon mal in den Stunden der ununterbrochenen Arbeit das Zeitgefühl verlieren. In den Notaufnahmen der Rems-Murr-Kliniken sind vor den Festtagen die Ärztinnen und Ärzte und ihre Teams auch ohne Blick auf die Uhr oder die Datumsanzeige gut im Bilde, welche Stunde gerade geschlagen hat. „Eigentlich können wir den ganzen Ablauf der Familienfeiern und Silvesterpartys in der Klinik beobachten“, erläutert Angela Rothermel, Leitende Ärztin der Notaufnahme in der Schorndorfer Klinik, und beschreibt dies im Detail: „Erst schneidet man sich in der Küche bei der Vorbereitung des Essens in den Finger. Später drohen Verbrennung und Verbrühung bei Fondue oder Raclette. Wenn die Gäste weg sind, geht’s ans Gläserspülen, und dann kommen die schweren Schnittverletzungen.“

Vom Heiligabend-Schmaus bis zum Neujahrskater

Was Menschen essen, trinken, tun oder lassen, beschäftigt die Klinikteams in den Notaufnahmen aber auch das ganze Jahr über Tag und Nacht. Doch ganz besonders intensiv von Heiligabend bis zum Neujahrskater, wo schließlich einige Patienten infolge durchzechter Nacht in der Notaufnahme den Wunsch nach spontanem Alkoholentzug äußern. Bis dahin allerdings herrscht quasi noch die Ruhe vor dem Sturm.

Denn die vier, fünf Tage vor Weihnachten, das lehrt die Erfahrung, ist es in der Notaufnahme meist ruhiger. „Wer möchte da schon ins Krankenhaus“, so die Erkenntnis der Verantwortlichen. Doch dann wird es meist ruckzuck hektischer, ab Heiligabend herrscht Highlife. „Familienstreit und Partnerschaftskonflikte, alte Menschen ohne Familien und die typischen Notfälle wie Herzinfarkt oder Schlaganfall, bei denen Lebensgefahr droht“, beschreibt Torsten Ade, der Chefarzt der Interdisziplinären Notaufnahme im Klinikum Winnenden, das übliche Spektrum. Denn ob Hexenschuss, fiebriger Husten, Herzinfarkt oder Unfälle mit Fondue-Fett und Feuerwerk: Wer zwischen den Jahren dringend Hilfe sucht, findet sie in den interdisziplinären Notaufnahmen der Rems-Murr-Kliniken.

Die Gans gilt als Notfall-Klassiker

Der Notfall-Klassiker zu Weihnachten ist die Gans, dicht gefolgt von Orange und Fondue. Was als leckeres Fest-Food die Familien- und Partytafel ziert, den Heiligen Abend versüßt oder an Silvester einheizt, lässt bei den Ärzten in den Rems-Murr-Kliniken die Alarmglocken schrillen: Alle Jahre wieder erleben Teams, die an den Feiertagen Dienst haben, verschluckte Geflügelknochen, die samt Patient in Winnenden oder Schorndorf ankommen. „Die Knochen müssen dann mitunter in unserer Gastroenterologie endoskopisch geborgen werden“, berichtet Chefarzt Ade und nennt einen weiteren schwäbisch-klinischen Feiertagsklassiker: Gallenkolik – eine Folge ausgedehnter Genussmomente zwischen Glühwein-Gutsle-Tour und mehrtägigem Weihnachtsschmaus quer durch die Verwandtschaft.

Am Klinikstandort in Schorndorf ist Christoph Ulmer der Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie. Er berichtet, dass in der dortigen Chirurgie immer wieder Patienten auf dem Operationstisch landen, „die akute Bauchbeschwerden durch das viele, teils fette Essen haben“. Die kurioseste Feiertagsüberraschung ist in seiner Beschreibung jedoch nicht die Gänsekeule, sondern die Orange. Im Übermaß verzehrt von Menschen, die ohnehin bereits Verwachsungen und Engstellen im Darm haben, kann die eigentlich gesunde Zitrusfrucht echte Probleme verursachen – in Form von Knäueln, die sich aus den Häuten der Orangenspalten ballen und schlimmstenfalls zu einem Darmverschluss führen.

Ärztliche Bitte – freiwillig auf das Böllern verzichten

An Silvester sieht die Besetzung der Notaufnahme außerdem vor allem Verletzungen durch Böller und Raketen. Kein Wunder, dass die Teams erleichtert sind über jedes Feuerwerksverbot, das offiziell erlassen wird, und dass sie sich über jeden freuen, der freiwillig aufs Böllern verzichtet oder zumindest die einschlägigen Sicherheitsmaßnahmen beachtet. „Seien Sie bitte vorsichtig“, appelliert Chefarzt Ade daher und bittet um Verständnis, wenn es in den Notaufnahmen je nach Patientenaufkommen zu längeren Wartezeiten kommt. „Wir sind für akute Fälle da, die mit Gefahr für Leib und Leben verbunden sind. Diese Notfälle müssen wir priorisieren.“

Auch an Feiertagen gilt aber: „Wir versorgen unsere Patientinnen und Patienten wie an jedem anderen Tag, sind personell stabil besetzt, erledigen konzentriert und ganz ohne Weihnachtsstimmung unsere Arbeit. Das ist unser Auftrag, 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Bei uns ist kein Ort für Romantik“, sagt Angela Rothermel.

Kerzen sind in Kliniken aus Sicherheitsgründen eh tabu, und Weihnachtsdeko verbietet sich in der Notaufnahme, wo es um Leben und Tod geht. „Damit auch unsere Teams Zeit zum Feiern mit Familie und Freunden haben, versuchen wir, die Dienste hier möglichst gerecht aufzuteilen und Präferenzen zu berücksichtigen. Die einen arbeiten im Weihnachtsblock, die anderen im Silvesterblock“, erläutert Rothermel.

Der Tod gehört zu diesem Beruf

Eines aber ist und bleibt selbst für lang gediente Notfallmediziner wie Rothermel und Ade um Weihnachten ein schwieriges Thema: der Umgang mit dem Tod. „Der gehört zu unserem Beruf, und wir sind Profis“, sagt Ade. „Aber es ist halt an Weihnachten besonders schlimm, wenn wir alles versuchen, jemanden stabil zu reanimieren und den Angehörigen manchmal sagen müssen: Ihr Vater hat es leider nicht geschafft.“

Wie das sogenannte Ein-Tresen-Modell hilft

Kooperation
 Die interdisziplinären Notaufnahmen der Rems-Murr-Kliniken kooperieren erfolgreich nach dem sogenannten Ein-Tresen-Modell mit der Notfallpraxis der niedergelassenen Ärzte im Rems-Murr-Kreis: Beide sind direkte Nachbarn und über die gemeinsame Anmeldung für Patienten einfach zugänglich.

Glücksfall
 Das Modell ist eine gute Kombination für alle Beteiligten. „Für die Patienten und für uns als Klinik ist die räumliche Nähe zu den Notfallpraxen eine große Hilfe, weil diese Zusammenarbeit gerade zwischen Weihnachten und Neujahr vieles abpuffert, was an Notfällen auf uns zu kommt“, lobt die Ärztin Angela Rothermel aus Schorndorf: „Das ist in dieser Zeit besonders wichtig, denn es geht je nach Lage der Feiertage um zwei komplette Wochen, in denen im ambulanten ärztlichen Bereich urlaubsbedingt eine Unterversorgung herrscht.“

Notfallversorgung
 Die Interdisziplinären Notaufnahmen der Rems-Murr-Kliniken in Winnenden und Schorndorf sichern zusammen mit den Notfallpraxen der niedergelassenen Ärzte rund um die Uhr die medizinische Notfallversorgung im Rems-Murr-Kreis. In akuten lebensbedrohlichen Situationen wenden sich Betroffene an den Rettungsdienst unter Telefon 112 oder lassen sich in die Notaufnahme der Rems-Murr-Kliniken bringen.