Gratisfahrten an Samstagen sieht Winfried Hermann skeptisch. Foto: Leif Piechowski/Leif Piechowski

Oftmals kompliziert und teuer: Dass es mit dem Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel nicht so recht klappen will, hat manchmal auch mit undurchsichtigen Tarifstrukturen zu tun.

Stuttgart - Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) stellt den Verkehrsverbünden eine finanzielle Unterstützung beim Umbau für einen attraktiveren Nahverkehr in Aussicht. Hermann sagte mit Blick auf die Tarifreform beim Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS): „Sollten andere Verkehrsverbünde im Südwesten ihre Tarife im Interesse ihrer Fahrgäste und eines attraktiveren öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) vereinfachen, können sie entsprechend ihrer Größe mit einer Unterstützung des Landes rechnen.“ Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sieht den Vorstoß skeptisch.

Der Geschäftsführer der VDV-Landesgruppe, Ulrich Weber, sagte: „Wir sehen die große Gefahr, dass solche Maßnahmen nicht nachhaltig finanziert sind“. In Zeiten guter öffentlicher Kassenlage würden solche Maßnahmen eingeführt, und dabei werde außer Acht gelassen, dass die Kosten dann künftig jährlich aufgewendet werden müssten. Die Tarifreform des VVS kostet die öffentliche Hand rund 42 Millionen Euro pro Jahr. „Das Verkehrsministerium zahlt hierfür über sechs Jahre hinweg jährlich abschmelzende Zuschüsse.“

Skepsis gegenüber kostenloser Samstagsnutzung

Seit April 2019 gibt es in Stuttgart statt der bisher 52 Zonen nur noch sehr übersichtliche fünf Tarif-Ringe. Stuttgart selbst ist nur noch eine einzige Zone. Insgesamt gibt es im Südwesten 22 Verkehrsverbünde.

Forderungen, dass man samstags den Nahverkehr kostenlos nutzen darf, sieht Hermann skeptisch. „Öffentlicher Verkehr ist nicht billig. Wenn er kostenlos angeboten werden soll, müssen noch mehr öffentliche Mittel, letztlich Steuern oder Abgaben, aufgewendet werden.“ Wenn eine Kommune das wolle, dann brauche sie dafür eine gesetzliche Grundlage. „Wir Grünen sind dafür, den Kommunen die Möglichkeit zu geben, eine Nahverkehrsabgabe einzuführen.“ Der Koalitionspartner CDU sei dagegen. „Als Werbeangebot an bestimmten Tagen kann der Nulltarif zum Ausprobieren locken. Generell gilt für mich: Der ÖPNV-Tarif muss günstig und preiswert sein.“

Andere Städte machen es vor

In Stuttgart wird über das Modell eines Gratistickets für den Samstag diskutiert. Der Stuttgarter City-Manager Sven Hahn brachte das samstägliche Gratisfahren für die Landeshauptstadt ins Gespräch. Zum einen gehe es um die Belebung der Innenstadt und zum anderen darum, eine veränderte Mobilität zu fördern, sagte Hahn. Bei Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) stößt er aber auf Widerstand. Dies sei nicht zu finanzieren. In Tübingen können seit Februar 2018 alle Fahrgäste samstags die Buslinien nutzen, ohne ein Ticket kaufen zu müssen, wie eine Sprecherin sagte. Das soll auch im laufenden Jahr so sein. Darüber müsse aber noch entschieden werden.

Auch in Ulm und Neu-Ulm muss an den Samstagen seit April 2019 für Bus und Bahn kein Fahrschein gekauft werden. Dies sei wegen mehrerer Großbaustellen in der Ulmer Innenstadt eingeführt worden, teilte die Kommune mit. Bis Ende 2020 soll das Angebot gelten.