Von Sebastian Steegmüller

Oberbürgermeister Fritz Kuhn wollte im April mit provokanten Sprüchen auf die weit verbreitete Zwangs- und Armutsprostitution in der Landeshauptstadt aufmerksam machen. Mit Slogans wie „Nutten sind Menschen“, „Kondome benutzt man, Frauen nicht“ oder „Willst Du der Mann ihrer Albträume sein?“, die auf Hunderten von Plakaten zu lesen waren, sollten Freier zum Nachdenken bewegt werden. Sie sollten Männer dazu bringen, beim Gang ins Bordell „Fragen des Anstands und der Würde nicht auszuschalten“, so Kuhn. Ihm ging es damals nicht um ein Verbot der Prostitution, sondern um eine breite Diskussion über Frauenbild, Sexualität und Partnerschaft. In Stuttgart arbeiten am Tag 600 Prostituierte, vor allem aus Rumänien, Bulgarien und Ungarn.

Die Stadt hat mit der 120 000 Euro teuren „Freierkampagne“ das Ziel grundsätzlich erreicht, sie eckte an. Bundesweit wurde über die Plakate berichtet, die Sprüche waren Gesprächsthema in der Bevölkerung. Doch sie ernteten auch viel Kritik. Von einer Verrohung der Sprache war die Rede, vor allem der Slogan „Die Würde des Menschen ist auch beim Ficken unantastbar“ sorgte für große Verärgerung. Der Tenor: Man könne den wichtigsten Artikel des Grundgesetzes nicht mit dem F-Wort verquicken. Eltern befürchteten zudem, dass Kinder durch die Kampagne, die für den Nachwuchs im Straßenbild nicht zu übersehen war, negativ beeinflusst werden. Auch im Rotlichtmilieu wurde die Freierkampagne nicht nur durchweg positiv aufgenommen. „Nutte“ sei eine beleidigende Ausdrucksweise für eine Prostituierte.