Schritt für Schritt zurück in die freie Natur: Die vier ausgewilderten Störche erkunden ihre Umgebung bei Ellwangen. Foto: Wilhelma Stuttgart/Birger Meierjohann

Vier Weißstörche wurden von Schwarzschnabelstörchen im Stuttgarter Zoo aufgezogen und wurden nun ausgewildert. Ist das Projekt geglückt?

Die Gäste aus Ellwangen sind zurück in ihrer Heimat: Vier Störche aus Ellwangen sind in der Wilhelma flügge geworden und wurden nach Angaben des Zoos Mitte August auf einer Wiese zwischen den Ellwanger Teilorten Killingen und Dettenroden frei gelassen. Dabei hatten die vier einen kuriosen Start ins Leben, denn das Vogelquartett wurde von einem Schwarzschnabelstorchenpaar in der Wilhelma aufgezogen, als seien es ihre eigenen Nachkommen.

Das Problem bei der originären Storchenfamilie war zunächst ihr Nistplatz. Denn: Ein Paar wild lebender Weißstörche hatte kurz vor Ostern sein Nest auf einem Schornstein einer Bäckerei in Ellwangen-Röhlingen gebaut und dort auch seine Eier hineingelegt. Das Nest beeinträchtigte aber den Luftabzug aus dem Schornstein. Es bestand sogar Verpuffungsgefahr. Deshalb wurde das Nest in Abstimmung mit den zuständigen Behörden von der Feuerwehr entfernt.

Die ersten Schritte in der freien Wildbahn. Foto: Wilhelma Stuttgart/Birger Meierjohann

Schwarzschnabelstörche nahmen Jungtiere wie die Eigenen an

Und was tun mit den bereits angebrüteten Eiern dieser streng geschützten Vogelart? Sie kamen in die Stuttgarter Wilhelma. Um dort eine Aufzucht durch den Menschen und eine Fehlprägung der Storchenküken zu vermeiden, wurden die in der Brutmaschine geschlüpften Tiere den Schwarzschnabelstörchen untergeschoben. Diese hatten die längere Zeit zuvor auf unbefruchteten Eiern gebrütet. Die Idee und das Experiment von Vogelkurator Andreas Frei klappte. Die Schwarzschnabelstörche nahmen die kleinen Neulinge quasi wie „Kuckuckskinder“ an. Sie zogen die vier Vögel groß. Bereits nach rund zweieinhalb Monaten waren sie voll ausgewachsen und flugfähig.

Spezialring hilft bei Auswilderungsprojekt

Mit einem Spezialring am linken Bein markiert, wurden sie nun in Transportkisten nach Ellwangen gefahren. Die Marke stammt vom Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie respektive der Vogelwarte Radolfzell. Die individuellen Nummern am Ring können auch aus großer Entfernung gut abgelesen werden. Die Ringe sollen Rückschlüsse auf den Erfolg der Auswilderung und das Zugverhalten der Jungstörche ermöglichen.

Störche erkundeten gleich ihre Umgebung

„Die Freilassung der in der Wilhelma aufgezogenen Störche war von Erfolg gekrönt“, freute sich auch Wilhelma-Sprecher Birger Meierjohann. In Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde war ein weitläufiges Wiesengebiet ausgesucht worden, in dem schon mehrfach Störche erfolgreich ausgewildert wurden. Dort sammeln sich im Spätsommer und Herbst regelmäßig Weißstörche, um auf Nahrungssuche zu gehen.

Auch am Folgetag inmitten größerer Storchgruppen auf Beutefang

Die Naturschützer konnten beobachten, dass sich bereits wenige Minuten nach dem Verlassen der Transportkisten die vier in Stuttgart geschlüpften Storchenvögel zu einigen Artgenossen auf der Wiesenfläche gesellten. Auch am Folgetag konnte Helmut Vaas, Weißstorchbetreuer beim Nabu Ellwangen, beobachten, wie sie inmitten teils größerer Gruppen von Störchen auf Beutefang gingen. Wilhelma-Direktor Thomas Kölpin erklärte zur Auswilderung, dass zwar Dank intensiver Schutzmaßnahmen und Wiederansiedlungen in den vergangenen Jahrzehnten der Weißstorch in Baden-Württemberg nicht mehr als gefährdet gelte, er aber weiter ein wichtiger Sympathieträger und Botschafter für den heimischen Artenschutz sei.