Bienenautomat an der Hönle-Ranch in Fellbach Foto: /Gottfried Stoppel

Ein Erfinder aus Dortmund füllt alte Kaugummiautomaten mit Wildblumensaaten und will so die Bienen retten. Zwei Exemplare gibt es schon in der Region.

Stuttgart/Fellbach -

Für 50 Cent die Bienen retten, das klingt doch nach einer guten Investition. Die Erfindung von Sebastian Everding aus Dortmund soll das an mittlerweile über 120 Orten in ganz Deutschland möglich machen. Die Idee ist so einfach wie gut: Ausrangierte Kaugummiautomaten werden aufgepeppt, bunt beklebt und mit Saatgut-Kapseln gefüllt. Diese können dann ganz in altbekannter Kaugummi-Manier nach Einwurf einer 50-Cent-Münze gezogen werden. Hergestellt wird der Bienenautomat „hochgradig professionell“, wie er selbst sagt, im Heizungskeller von Everding.

70 Bestellungen für Bienenautomaten

Aktuell sind 70 Bestellungen in Bearbeitung. Neue Aufträge nimmt Everding gerne an, aber am liebsten erst wieder zum Saisonbeginn im nächsten Frühjahr. Denn in jedem Automaten stecken viele Stunden liebevoller Handarbeit – der Erfinder verbaut ausschließlich gebrauchte Teile, der Nachhaltigkeit wegen. Zwei Bienenautomaten haben es schon ins Ländle geschafft: Einer hängt am Nabu-Vereinshaus Hönle-Ranch in Fellbach und kommt sehr gut an, wie die Verantwortliche Petra Hübner berichtet. Seit 2020 hängt der Automat, fast 1000 Saatgut-Kapseln wurden schon gezogen. Ein zweiter Automat ist eigentlich am Österreichischen Platz in Stuttgart zu Hause, betrieben vom Verein Stadtlücken. Wegen der Bauarbeiten dort musste der Automat vorübergehend abgehängt werden, soll aber baldmöglichst wieder an seinen Platz zurückkehren. Den typischen Automatenbetreiber gibt es laut Everding nicht. Bei ihm haben schon Schulen, Kirchengemeinden und Bestattungsunternehmen bestellt – in letzter Zeit sind es immer mehr Städte und Gemeinden.

Wer sich etwas informiert, kann ein Blütenmeer heranziehen

Sabine Holmgeirsson, Fachberaterin für Wildbienen beim Nabu, findet die Idee grundsätzlich gut, rät aber zur bedachten Nutzung: „Es wird schnell außer Acht gelassen, dass man die Flächen erst vorbereiten muss und Saatgut auch nicht zu jeder Jahreszeit ausgebracht werden kann.“ Auch wenn die Bedienung des Automaten leicht ist, gehört zur erfolgreichen Aussaat etwas mehr dazu, zum Beispiel Wissen über den Boden und die Wetterbedingungen. Potenzielle Bienenretter sollten sich daher im Voraus über das Saatgut und die Fläche informieren, um einen Misserfolg zu vermeiden. „Die Samen werden aufwendig hergestellt und sind als Ressource zu wertvoll, um sie zu verschwenden“, sagt Holmgeirsson. Gerade für kleine Grünflächen in der Stadt oder den Balkonkasten sei die Idee aber super, so die Bienenexpertin.

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Genau dafür sind die Bienenautomaten auch gedacht. „Sie können das Insektensterben nicht allein aufhalten, sollen aber für das Thema sensibilisieren“, sagt der Erfinder Sebastian Everding. „Auch wenn man nur einen Kübel auf dem Balkon bepflanzt, ist damit was getan.“ Um bei den Samen auf das nötige Know-how zurückgreifen zu können, vertraut Everding auf seinen Kooperationspartner Bienenretter. „Die sind absolute Profis“, ist er überzeugt. Das zeigt sich auch im Angebot: Vier verschiedene Blühmischungen gibt es, um die genetische Vielfalt der Wildblumen zu erhalten – je nach Region finden sich in den Kapseln Samen für genau die Blumen, die dort heimisch sind.

Mehrwegsystem für gute Ökobilanz

Die Nachhaltigkeit liegt dem Erfinder und seinem Kooperationspartner besonders am Herzen – auch wenn es bei den für das Saatgut verwendeten Plastikkapseln auf den ersten Blick nicht so scheint. Mit jedem Automaten muss auch ein Rückgabebehälter aufgehängt werden, in den die Nutzer die leeren Kapseln nach der Aussaat einwerfen können. Die gesammelten Kapseln werden dann an die Bienenretter zurückgesendet, gereinigt und wieder befüllt. „Nach der zweiten oder dritten Verwendung schlägt die Kunststoffkapsel in der Regel fast alle anderen Alternativen in der Ökobilanz“, betonen die Bienenretter. Momentan ist das Mehrwegsystem so die beste Lösung, da bisher alle Versuche mit Kunststoff-Alternativen an der 70er-Jahre-Automatentechnik gescheitert sind.

Am schönsten fände Everding es, wenn es seine Automaten nicht mehr bräuchte, „weil ein Umdenken einsetzt und im großen Stil mehr für die Umwelt getan wird“. Bis dahin sollen die Kästchen weiter auf die Not der Wildbienen aufmerksam machen und zum Handeln anregen. „Solange es Nachfrage und Bauteile gibt, mache ich weiter.“