Wikileaks-Gründer Julian Assange ist nach seiner Freilassung durch ein US-Gericht auf der Marianen-Insel Saipan auf dem Weg nach Australien. Das sind die Hintergründe des langjährigen Falls Assange.
“Befreit Julian Assange!“ forderten seine Unterstützer seit Jahren. Nun ist der Wikileaks-Gründer nach sieben Jahren Botschaftsasyl in London und rund fünf Jahren in einem britischen Gefängnis tatsächlich frei - aufgrund einer Vereinbarung, in der offensichtlich auch die politischen Interessen der beteiligten Regierung eine wichtige Rolle spielen. Ein Überblick zu dem Deal, der die Freiheit von Assange ermöglicht hat:
Die Kernpunkte
Assange war in den USA wegen der Veröffentlichung von rund 700.000 vertraulichen US-Dokumenten ab dem Jahr 2010 auf seiner Enthüllungsplattform Wikileaks angeklagt. Ihm drohte eine Haftstrafe von bis zu 175 Jahren.
Die dann in den vergangenen Monaten ausgehandelte Vereinbarung zwischen Assange und den US-Strafverfolgern bestand aus zwei Kernpunkten: Der 52-Jährige bekennt sich schuldig und wird im Gegenzug zu einer Haftstrafe von nur fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt - die er mit seiner Zeit in britischer Haft bereits verbüßt hat.
Der Deal wurde bei einem Gerichtstermin am Mittwoch im US-Außenterritorium Nördliche Marianen im Pazifik unter Dach und Fach gebracht. Assange bekannte sich dort einer Verschwörung zur Weitergabe von Informationen zur nationalen Verteidigung schuldig, und wurde mit seiner Verurteilung von der Richterin zugleich zum „freien Mann“ erklärt. Wenige Stunden später traf Assange in seinem Heimatland Australien ein.
Die Vorgeschichte
Assange waren von der früheren US-Soldatin Chelsea Manning hunderttausende vertrauliche Dokumente zu militärischen und diplomatischen Aktivitäten zugespielt worden, die er dann auf Wikileaks veröffentlichte. Die Dokumente enthielten teilweise hochbrisante Informationen, unter anderem über die Kriege im Irak und in Afghanistan, die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen durch US-Soldaten.
Die Strafverfolgung von Assange durch das US-Justizministerium begann unter der Präsidentschaft von Barack Obama, unter Präsident Donald Trump wurde der Wikileaks-Gründer dann auf Grundlage eines Anti-Spionage-Gesetzes angeklagt.
Aus Furcht vor seiner Auslieferung flüchtete Assange 2012 in die Botschaft von Ecuador in London, wo ihm Asyl gewährt wurde. Sieben Jahren später entzog ihm die Regierung des südamerikanischen Landes dann das Asyl und Assange kam in britische Haft. Von dort aus widersetzte er sich vor britischen Gerichten einer Auslieferung in die USA.
In den vergangenen Monaten wurde dann intensiv über eine Vereinbarung zur Beilegung des Falls verhandelt. Erzielt wurde diese kurz vor einem wichtigen Gerichtstermin zum Einspruch Assanges gegen seine Auslieferung. Mit dem Deal kam die US-Regierung einer möglichen blamablen Niederlage in dem Rechtsstreit zuvor.
Auch lag es sicherlich im politischen Interesse Bidens, der bei der US-Wahl im November für eine zweite Amtszeit kandidiert, den Fall Assange auf einvernehmliche Weise abzuschließen. Für linksgerichtete Aktivisten ist der Wikileaks-Gründer zu einer Symbolfigur des Einsatzes für die Meinungs- und Pressefreiheit geworden.
Auch hatte der seit 2022 amtierende australische Premierminister Anthony Albanese die Freilassung des Landsmannes Assange zur Priorität erklärt - eine Priorität, die Biden wohl nicht ignorieren konnte. Australien hat angesichts der chinesischen Expansionsbestrebungen im Pazifikraum in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung als Sicherheitspartner der Vereinigten Staaten gewonnen.
Die Folgen
Die wiedergewonnene Freiheit wird Assange sicherlich zur Stabilisierung seiner angeschlagenen Gesundheit und nicht zuletzt für das in den vergangenen Jahren vermisste Familienleben nutzen. 2022 hatte er im Gefängnis seine frühere Anwältin Stella Morris geheiratet. Mit ihr hat er zwei Kinder, die bereits während seines Botschaftsasyls zur Welt kamen.
Inwieweit Assange weiterhin als Verfechter der Pressefreiheit auftreten wird, bleibt abzuwarten. Eine umstrittene Figur wird er in jedem Fall bleiben. Kritiker werfen ihm vor, mit den Wikileaks-Veröffentlichungen die Sicherheit der USA sowie die geheimdienstlicher Quellen gefährdet zu haben. Assange hätte „gemäß dem vollem Ausmaß des Gesetzes“ verfolgt werden müssen, kritisierte etwa der frühere US-Vizepräsident Mike Pence seine Freilassung.
Aber auch manche Verfechter der Pressefreiheit sehen die getroffene Vereinbarung kritisch. „Die Logik des Deals besagt, dass Assange fünf Jahre im Gefängnis für Aktivitäten verbüßt hat, denen sich Journalisten tagtäglich widmen“, schrieb der an der New Yorker Columbia University tätige Bürgerrechtsanwalt Jameel Jaffer auf der Website „Just Security“.