Dieses alte Bauernhaus, das einst in der Waldhornstraße 10 in Echterdingen stand, lagert seit Jahrzehnten in Einzelteile zerlegt im Depot des Freilichtmuseums Beuren. Foto:  

Das Museum für ländliche Kultur des Kreises Esslingen hat die historischen Gebäude seit 37 Jahren in seinem Depot. Sie sollten wieder aufgebaut werden – doch dazu kommt es nicht. Das sind die Gründe.

Das Schicksal der drei historischen Gebäude, die seit 37 Jahren in Einzelteile zerlegt im Depot des Freilichtmuseums Beuren lagern, ist besiegelt: Sie werden nicht wieder aufgebaut. Weil sie inzwischen marode sind und aus wissenschaftlicher Sicht als verzichtbar gelten, hat der Kulturausschuss des Esslinger Kreistages mit großem Bedauern zwar, aber einstimmig entschieden, dass die Jahrhunderte alten Häuser aus der Museumssammlung fliegen. „Deakzessionieren“, heißt das Aussortieren iim Fachjargon.

Dem Beschluss zugrunde liegt eine von einem Sachverständigengremium erstellte Neubewertung der Gebäude aus Wangen, Echterdingen und Frickenhausen. Alle drei waren 1988 sorgfältig abgetragen worden – auf Kosten des Landes, das dafür umgerechnet rund 600 000 Euro beisteuerte. Die Häuser galten als kulturhistorisch so bedeutsam, dass sie als originale Vertreter ihrer Zeit für die Nachwelt erhalten bleiben sollten. Für sie war deshalb ein Platz in dem zu jener Zeit erst in Planung befindlichen Museums für ländliche Kultur des Kreises Esslingen vorgesehen.

„Damals war man der Ansicht, dass der Abbau zum Wiederaufbau richtig ist“, informierte Museumsleiterin Steffi Cornelius das Gremium. Der Fokus lag einst auf der Baugeschichte der alten Gemäuer. „Doch die Zeiten haben sich geändert.“ Nicht nur, dass sich fast alle Freilichtmuseen inzwischen stärker der Nachkriegsmoderne widmen würden. Zunehmend rückten Alltagsthemen in den Mittelpunkt, die in engem Bezug zu Gegenwart und Zukunft stehen, so Cornelius. Auch die Ausstellungspräsentation sei heute eine andere.

Das Freilichtmuseum Beuren umfasst 25 historische Gebäude. Foto: Ines Rudel

Nicht mit Festhalten an alten Plänen die Zukunft verbauen

25 historische Gebäude zählt das Museumsdorf in Beuren, auf eins mehr kommt es nach Ansicht seiner Leiterin nicht an. Steffi Cornelius würde es lieber sehen, würden die knappen finanziellen und personellen Ressourcen für die Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Museums genutzt. „Der Weg in die Weiterentwicklung sollte sich für tragfähige attraktive Projekte öffnen und nicht durch ein Festhalten an den Wiederaufbauplänen aus den 1980er Jahren verbaut werden“, sagte sie in aller Deutlichkeit.

Das Wohnhaus aus Echterdingen ist ohnehin nicht zu retten. „Ein Wiederaufbau kann aus Sicht des Bausachverständigen nicht empfohlen werden, da die Bausubstanz insgesamt in einem schlechten Zustand ist“, informiert die Kreisverwaltung in der Beschlussvorlage. Der Insektenbefall sei so stark, dass gut die Hälfte der originalen Bauteile beim Wiederaufbau verloren ginge. Zudem ließe sich die Bewohnergeschichte ohne die einst zum Ensemble gehörenden Nebengebäude nicht anschaulich darstellen.

Gebäudeteile sind in einem schlechtem Zustand

Der Erhaltungszustand der eingelagerten Teile des Bauernhauses aus Frickenhausen wird als „ordentlich“ eingestuft, wenngleich auch hier an den Eichenhölzern Insektenschäden erkennbar seien. Das Fachwerkgebäude könnte durchaus wiederaufgebaut werden, doch der erwünschte Rückbau auf den mittelalterlichen Erbauungszustand „muss aus heutiger wissenschaftlicher Sicht abgelehnt werden“. Denn dieser sei nicht ausreichend dokumentiert, monieren die Fachleute.

Vom Bauern- und Handwerkerhaus aus Wangen ist auch nur die repräsentative Außenhülle ins Museum gelangt. Die Teile ließen sich durchaus wieder zu einem Ganzen zusammenfügen – und das Gebäude dann, so war es noch 2021 im Gespräch, als Funktionsbau für Ausstellungen und Veranstaltungen nutzen. Doch weil man nicht genau weiß, wie es im Inneren ausgesehen hat, wäre die Rekonstruktion „aus freilichtmusealer Sicht heute nicht mehr vertretbar“. Aus finanzieller Sicht auch nicht, räumt die Kreisverwaltung ein: Die Kosten dafür wurden damals auf 2,3 Millionen Euro geschätzt, inzwischen dürften sie noch höher liegen.

Was nun aus den ausgemusterten Häusern werden soll

Die ausgemusterten Häuser sollen nun zuerst einem Museum mit gleichlautendem Sammlungsauftrag angeboten werden, informierte Steffi Cornelius über das weitere Vorgehen. Sollte dort kein Interesse bestehen, werde man als nächstes an die Heimatgemeinden und dann an die ehemaligen Vorbesitzer herantreten.

Findet sich niemand, der eines der Häuser in seiner Gesamtheit will, werden die eingelagerten Teile „im Sinne der Nachhaltigkeit“, verwertet, kündigte Steffi Cornelius an. Ein Teil der Steine und Ziegel wolle man als Baumaterial für zukünftige Sanierungsmaßnahmen an den bestehenden Museumsgebäuden behalten. Was übrig ist, soll dem Baustoffhandel zur Verfügung gestellt werden. Die alten Balken indes könnten nicht recycelt werden. Wegen ihrer potenziellen Belastung durch Holzschutzmittel komme nur die fachgerechte Entsorgung infrage. 

Um diese Häuser geht’s

Wangen
Das 1884/85 errichtete Bauern- und Handwerkerhaus stand in der Rechberghäuser Straße 2 in Wangen (Kreis Göppingen). Das aus Sand- und Ziegelsteinen errichtete zweigeschossige Gebäude mit Schieferdach wurde im Obergeschoss bewohnt, das Erdgeschoss wurde als Stall und Werkstatt genutzt.

Frickenhausen
Das in der Kernsubstanz spätmittelalterliche Bauernhaus stand an der Hauptstraße 25 in Frickenhausen. Das zweigeschossige Fachwerkgebäude mit Zwerchhaus und Scheune, das zuletzt komplett verputzt war, wurde 1463 erbaut und ist das älteste Haus im Bestand des Freilichtmuseums.

Echterdingen
Das Gebäude, erbaut 1670/71, stand in der Waldhornstraße 10 in Echterdingen. Markant ist das steile, hohe Dach über dem niedrigen Erdgeschoss. Zum Haus, das im 19. Jahrhundert von zwei Familien bewohnt wurde und auch als Armenhaus genutzt worden sein soll, gehörten noch ein Schweinestall, eine Scheuer mit Stall und ein Brunnen. Die Nebengebäude sind nicht erhalten.