Die Demonstranten in Stuttgart haben klare Forderungen an die EU und die USA. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

„Frau! Leben! Freiheit!“: Viele Menschen protestierten am Samstag auch in Stuttgart wieder gegen die Herrscher in ihrer alten Heimat und demonstrieren Solidarität mit den Menschen dort.

Geschätzt etwa 1500 Iraner haben am Samstagnachmittag mit zwei Demonstrationen im Schlossgarten und in der Innenstadt gegen das Regime der islamischen Republik Iran demonstriert. Damit bekundeten sie ihre Solidarität mit den Demonstranten im Iran, die seit mehr als 40 Tagen unter Lebensgefahr gegen das Mullah-Regime auf die Straße gehen, nachdem eine junger Frau nach der Festnahme durch die Sittenpolizei zu Tode gekommen war. Überall ist die Parole: „Frauen. Leben. Freiheit.“

Gegen 13 Uhr formierte sich im Mittleren Schlossgarten eine rund tausendköpfige Menschenkette. Immer wieder wünschten die Menschen in Sprechchören dem iranischen Revolutionsführer und geistlichem Oberhaupt Ali Khamenei den Tod.

Klare Forderungen an EU und USA

„Vor einigen Jahren hat das iranische Militär ein ukrainisches Zivilflugzeug abgeschossen. Dabei sind 176 Menschen ums Leben gekommen. Ein Angehöriger der Opfer, Hamed Ismaeliun, kämpft seither gegen das islamische Regime. Er hat am ersten Oktober eine weltweite Demo und heute eine in Berlin und unsere in Stuttgart organisiert“, sagte eine junge Frau von den Organisatoren die sich nur mit ihrem Vornamen Panian zu erkennen gab, um ihre Angehörigen im Iran nicht zu gefährden, und die zu den Organisatoren der Menschenkette gehörte. „43 Jahre der Unterdrückung, der Gewalt und Verbrechen im Iran reichen. Unsere Brüder und Schwestern dort gehen auf die Straße und viele werden verhaftet oder getötet. Wir müssen auch hier etwas tun“, verlangte sie.

Die Forderungen der Iraner in Deutschland sind deutlich: Die EU und die USA sollen in keiner Weise mit der iranischen Regierung kooperieren, sie sollen die iranischen Botschaften schließen und nicht über ein Atomabkommen verhandeln. An Letzteres, sagen sie, werde sich das Regime sowieso nicht halten. „Der Westen muss knallharte Sanktionen gegen Irans Regierung, nicht gegen die Bevölkerung verhängen“, sagte eine weitere Demonstrantin. Ihre Freundin erklärte, dass die Revolutionsgarden nicht nur eine militärische Elite seien, sondern auch ganze Bereiche der Wirtschaft steuerten. Wenn sie Sanktionen träfen, würden sie vom System nicht mehr profitieren: „Vielleicht kann man so einen Keil ins Regime treiben.“

Erinnerungen an den alten Kaiser

Unübersehbar in der Menschenkette sind viele Fahnen des kaiserlichen Iran, des Königs der Könige, Reza Pahlevi, der 1979 von der islamischen Revolution ins Exil getrieben wurde. Ein junger Iraner, dessen Frau das Bild des Dynastiegründers Reza Khan in Händen hielt, sagte: „Der Sohn unseres verstorbenen Kaisers, der in den USA als Politikwissenschaftler lebt, soll in den Iran zurückkehren. Wir brauchen wie in England eine konstitutionelle Monarchie.“ Eine andere Frau sagte: „Wir haben die Religion so satt und wollen nichts mehr davon hören. Die Leute, die unser Land regieren können, sitzen im Teheraner Evin-Gefängnis. Egal, wer regieren wird, wenn das Regime stürzt, schlimmer als jetzt, kann es nicht kommen.“

All dies war auch der Tenor einer Demonstration mit rund 500 Teilnehmern von der Lautenschlagerstraße über die Theodor-Heuss-Straße und die Rotebühlstraße bis zum Marktplatz. Verhältnismäßig stark waren dort iranische Kurden, linke Gruppierungen, aber auch Schah-Anhänger vertreten. „Was im Iran passiert, geht auch die Menschen hier an. Das Regime fördert den Unfrieden im ganzen Nahen Osten und jetzt unterstützt es auch noch Putin mit Waffen. Diese Leute müssen weg“, sagte eine aufgebrachte Iranerin. In Sprechchören skandierten andere: „Tod der Islamischen Republik!“ und „Mullah muss weg!“ Im Protestzug waren auch ukrainische Fahnen zu sehen. „Wir sind solidarisch mit dem iranischen Volk. Wenn das Regime dort stürzt, dann liefert keine Diktatur der anderen mehr Waffen“, sagte Roman Sokunov von der Internetplattform Ukrainer-BW.