Das Plakat stößt beim Tammer Bürgermeister Martin Bernhard auf Ablehnung – er sagt, es fördere eine Vorverurteilung Fremder. Foto: Simon Granville

Schießt Holger Schnabel aus Tamm (Kreis Ludwigsburg) übers Ziel hinaus? Der Gegner einer Landeserstaufnahme will ein Plakat nicht abhängen – auf andere wirkt es fremdenfeindlich.

Der Widerstand gegen eine Landeserstaufnahme (Lea) für Geflüchtete auf dem Schanzacker zwischen Ludwigsburg, Tamm und Asperg ist seit drei Jahren groß. Holger Schnabel, ein Unternehmer aus Tamm, engagiert sich auf eigene Faust gegen die Pläne der Landesregierung. Mit einem Plakat schießt er nun aber offenbar über das Ziel hinaus – es wirke fremdenfeindlich, meinen übereinstimmend der Tammer Bürgermeister Martin Bernhard und die Bürgerinitiative gegen die Lea.

Die grün-schwarze Regierung plant, rund 1200 Menschen auf dem Schanzacker unterzubringen. Die Zahl könnte nach zunächst geheim gehaltenen weitergehenden Planungen sogar doppelt so hoch sein. Die Gegner befürchten eine Lageratmosphäre und mehr Straftaten. Immer wieder flammen Proteste auf – auch weil die zuständigen Ministerien den Dialog mit den Bürgern vor Ort lange Zeit verweigert hatten. Im August nahm sich dann aber sogar Innenminister Thomas Strobl (CDU) drei Stunden lang Zeit für ein Gespräch.

Mit solchen Stellwänden will Holger Schnabel den Protest gegen eine Lea bei Tamm und Asperg hochhalten. Foto: Simon Granville

Den Widerstand will Holger Schnabel wachhalten. Kürzlich erst trat er mit der Aktion „Schanzacker-Döner“ an die Öffentlichkeit. Jetzt präsentiert er Stellwände mit bunten Bändern. Passanten könnten ihr Nein zur Bebauung des Schanzackers zum Ausdruck bringen, indem sie ein Bändchen an das Zaungestell hängen.

Das Gestell würde in den kommenden Wochen an verschiedenen Stellen in Tamm und Asperg platziert und am Ende auf dem Gelände unterhalb des Hohenaspergs aufgestellt. „Wir wollen die Bürger aufrütteln und informieren“, sagt Schnabel – und sieht sich durch Facebook-Kommentare bestätigt, von denen auch einige das umstrittene Plakat gutheißen: „Es gab dazu nur positive Rückmeldungen.“

Der Tammer Bürgermeister ist verärgert

Die Abbildung hängt an prominenter Stelle am Tammer Bahnhof und zeigt ein Kind mit seiner Mutter, die vor der unbebauten Fläche stehen und fragen: „Warum darf ich nicht alleine draußen spielen?“ Dem Betrachter drängt sich die Frage auf, ob die Besiedlung mit Geflüchteten eine Gefahr für Kinder bedeutet. So fasst es auch der verärgerte Tammer Bürgermeister Martin Bernhard auf, dem die Aussage des Plakats viel zu pauschal erscheint: „Das geht so gar nicht.“

Fremdenfeindlich wirke das Plakat laut Bernhard deshalb, „weil es ehrbare Menschen in einen Topf wirft mit Straftätern“. Auf diese Weise würde eine Vorverurteilung ausgesprochen und Ängste gegen Migranten geschürt. „Ich bin sprachlos“, sagt der Bürgermeister der 12.000-Einwohner-Stadt und plädiert dafür, das Plakat abzuhängen. Er selbst könne es nicht anordnen, da es an einer privaten Hauswand hänge.

Die Aufregung um das Plakat will Holger Schnabel nicht so recht verstehen. „Die Gedanken sind frei“, sagt er und findet, dass das Plakat nach verschiedenen Seiten interpretierbar sei. In erster Linie gehe es darum, dass die Kinder nicht mehr auf dem Schanzacker spielen könnten, wenn die Fläche bebaut sei, argumentiert der Initiator.

Doch warum können die Kinder generell nicht draußen allein spielen, also an anderer Stelle unbeaufsichtigt sicher sein? Schnabel räumt ein, dass die Sicherheit neben dem ökologischen Wert des Grünzugs ein Aspekt sei, den man mit dem Plakat habe ansprechen wollen.

Er sei aber nicht grundsätzlich gegen Geflüchtete: „Die, die kommen, sollen nicht schuld sein, dass die Kinder nicht mehr spielen können.“ Seine Kritik richte sich vor allem gegen eine Unterbringung in einer Massenunterkunft wie der geplanten Lea – Geflüchtete sollten in kleineren Einheiten untergebracht werden.

Holger Schnabel (rechts) und Mehmet Das haben kürzlich den Schanzacker-Döner kreiert. Foto: privat

Schnabel bewege sich mit seinen provokativen Aktionen auf einem schmalen Grat und überschreite bewusst Grenzen, sagt Thomas Walker, Pressesprecher der Bürgerinitiative Gegen eine Lea Tamm-Asperg (GGLTA), die mit den Aktionen von Schnabel nichts zu tun hat. Das Plakat lehne er ab: „Die Darstellung ist viel zu pauschal: Man kann nicht alle Geflüchteten in einen Topf werfen.“

Das Thema Sicherheit ist als solches diskutierbar

Wie der Bürgermeister Martin Bernhard hält Thomas Walker hingegen das Thema Sicherheit für diskutierbar. Ein Anstieg der allgemeinen Kriminalität im Umfeld der Leas in Ellwangen und Sigmaringen sei belegt.

Walker weist auf Kriminalitätsstatistiken des Innenministeriums hin und hält die Anstiege von Straftaten in den beiden Orten für ein strukturelles Problem, das von dem der Nationalität zu unterscheiden sei: „Bei solch großen Gruppen in Massenunterkünften sind doch immer auch Menschen dabei, die Straftaten begehen.“ Das Ziel müssten kleinere Einheiten zur Erstunterbringung sein – das könne gelingen, wenn der Zustrom von Migranten niedrig gehalten werde.