Der August brachte überdurchschnittlich viel Regen . Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Das Stuttgarter Sommerwetter 2021 war für viele ein Skandal, statistisch aber gar nicht so schlecht. Selbst dieser gefühlt so kühle Sommer war satte 1,4 Grad zu warm - mit Ausnahme des August.

Stuttgart - Das Wetter kann man ja so oder so sehen – bei diesem Sommer, der meteorologisch am 31. August endete, gilt das nur bedingt. In Stuttgart war es gefühlt oft kühl, es war ziemlich dunkel und vor allem zu nass. Klar, das Grundwasser dankt. Auch Menschen, die gerne wucherndes Gras mähen oder unentwegt Büsche und Hecken zurückschneiden freuten sich übers Wetter. Aber sonst? Die Tomaten bekamen Fäule, statt ein nettes Gläschen Rosé in der Abendsonne blitzen zu lassen, suchte man warm schimmernden Roten. Käsespätzle passten besser als ein Sommersalat mit Krustentierchen und die Kehrwoche wurde bei dem gefühlt täglich fünf Zentimeter sprießenden Kandelunkraut zur Schwerstarbeit. Ganz abgesehen davon, drängte der Teil des Haushalts, der zu kalten Füßen neigt, zum Hochfahren der Heizung. Für einen Schwaben ist das mitten im August ein Affront.

Der Sommer war deutlich zu nass

Kurzum, der Sommer im Städtle war meteorologisch ein Skandal – zumindest gefühlt. Die Zahlen indes bestätigen das nur teilweise: Vergleicht man den Zeitraum 1. Juni bis 31. August 2021 mit den Werten der neuen Referenzperiode von 1991 bis 2020, also dem Zeitraum, der bereits vom Klimawandel und Extremwetter geprägt war, fehlen gerade mal 0,3 Grad zu der in dem Zeitraum üblichen Durchschnittstemperatur von 19,3 Grad. Auch die knapp 653 Sonnenstunden entsprechen immerhin 94,3 Prozent des neuen Mittelwerts. Nur beim Regen stimmten Gefühl und Statistik überein. „Mit knapp 309 Liter Regen war der Sommer 2021 deutlich zu nass“, sagt dazu Andreas Pfaffenzeller. Der Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Stuttgart ergänzt: „Das entspricht exakt 135,4 Prozent des neuen vieljährigen Mittels.“ Ganz ähnlich verhalten sich die Zahlen auch, nimmt man die Mittelwerte, die zwischen 1961 und 1990 ermittelt wurden. Es war tatsächlich nass und lichtarm. Nur bei der Temperatur war selbst dieser gefühlt so kühle Sommer satte 1,4 Grad zu warm. Nach den vergangenen Hitzesommern kann man sich schwer vorstellen, dass es früher ein durchschnittlicher Sommer nur auf 17,6 Grad im Schnitt brachte.

Kein Hitzetag im August

Aber mit dem Gefühl ist das so eine Sache. 1975 gelang Rudi Carrell mit „Wann wird es mal wieder richtig Sommer“, der Wetterhit schlechthin. In Stuttgart war der Sommer 1975 mit 17,9 Grad im Schnitt für damalige Verhältnisse aber nahezu durchschnittlich. Da konnte der Showmaster singen wie er wollte – so mies war das Wetter damals gar nicht. Für dieses Jahr würde er aber passen. Und das gilt vor allem für den letzten Sommermonat August. Der war nun tatsächlich so sparsam wie die Mimik von Olaf Scholz. Zu einem durchschnittlichen August fehlten satte zwei Grad und rund 50 Sonnenstunden. Hitzetage mit über 30 Grad gab es im vergangenen Monat gar keine. „Der wärmste Tag war der 14. August mit einem Höchstwert von 29,8 Grad“, sagt Pfaffenzeller und ergänzt: „Insgesamt gab es im August nur sechs Sommertage über 25 Grad.“ Dafür Regen, mit 115 Prozent des langjährigen Mittels aber nicht drastisch mehr als der Schnitt.

Insgesamt wird der Sommer 2021 aber als ein wenig unterkühlt in Erinnerung bleiben. Trotzdem gab es immerhin 36 sogenannte Sommertage, an denen die Temperatur über 25 Grad stieg. Auch so eine Zahl, an der man den Klimawandel festmachen kann. Im Zeitraum 1961 bis 1990 hatte ein durchschnittlicher Sommer sogar acht Tage weniger mit mehr als 25 Grad, im aktuellen Referenzraum 1991 bis 2020 sechs Tage mehr.

Wir jammern also auf hohem Niveau und es gibt auch noch Hoffnung. Auch vor einem Jahr war der August nass und kühl. Der September 2020 brachte dann aber mit einem Hoch von den Azoren bis in die Ukraine den Hochsommer in die Stadt. Insgesamt gab es damals im September elf Sommertage, zwei davon sogar heiße Tage mit über 30 Grad. Solche Hitzetage gab es im gesamten aktuellen Sommer nur schmale vier. Also September – gib Gas, dann klappt es vielleicht auch noch mit dem Rosé in der Abendsonne.