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Geduld gefragt: In Baden-Württemberg hat jeder Verkehrsverbund seine eigenen Angebote, Preise und Zeiten. «Warum eigentlich?», fragt sich der Verkehrsclub. Und vergleicht.

Stuttgart (dpa/lsw)Zu kompliziert, zu teuer und ziemlich unübersichtlich, mal gültig für denselben Tag, dann wieder für 24 Stunden: Mit ihren Tarifen und Gebühren für Tagestickets machen es die Verkehrsverbünde im Südwesten den Bus- und Bahnfahrern alles andere als leicht. Nach wie vor unterschieden sich die 22 Verbünde und der Landestarif bei der Gültigkeit der Karten, den Preisen und bei den möglichen Gruppengrößen deutlich, sagte der Landesvorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), Matthias Lieb, am Donnerstag in Stuttgart.

Potenzielle Gelegenheitsfahrer würden sich angesichts dieses Wirrwarrs und der unattraktiven Preise eher für das Auto entscheiden. Verbünde sollten ihre Bestimmungen entweder anpassen - oder noch besser: sich zusammentun. «Es gibt viel zu viele Verbünde, man käme auch gut mit vier oder fünf aus», sagte Lieb.

Laut VCD gibt es im Angebot der Verbünde 24-Stunden-Karten bei den einen, Tageskarten bei den anderen, es gibt Gruppenkarten, von denen einige ab 8.00 Uhr, andere ab 8.30 Uhr oder 9.00 Uhr gültig sind - und die möglichen Gruppengrößen sind ebenfalls nicht einheitlich. Mal sind sie gültig für Familien (2 Erwachsene und Kinder bis 14 Jahren), dann wieder für 5 Personen.

Ginge es nach dem VCD, würden sich die Verbünde für 24-Stunden-Karten entscheiden: Diese seien besonders praktisch, weil sie einen festen Preis und eine feste Nutzungszeit hätten. «Bei der Tageskarte sinkt hingegen der Nutzen bei einem Kauf am Abend gegenüber einem Kauf am Morgen», sagte Lieb. Verkehrsverbünde scheinen das anders zu sehen: Laut VCD wurden in den vergangenen Jahren 24-Stunden-Karten oft durch Tageskarten ersetzt.

Vor allem die kleinen Verbünde kommen in der Auswertung des VCD schlecht weg: «Je größer der Verbund, desto preiswerter. Und je kleiner der Verbund, desto teurer», bilanziert der Verkehrsclub. Größere Verkehrsverbünde wie Rhein-Neckar (VRN), Karlsruhe (VVK) und Stuttgart (VVS) sowie der verbundüberschreitende BW-Tarif hätten mit ihren jeweiligen Tagestickets dagegen attraktive Fahrkarten im Angebot.

«Das Baden-Württemberg-Ticket hat sowohl für eine Person als auch für fünf Personen das günstigste Preis-Leistungs-Verhältnis aller Tageskarten», urteilt der VCD. Bei den Karten für eine Person lägen die Tageskarten des VRN und das Metropol-Tagesticket für die Region Stuttgart an nächster Stelle, anschließend die Tageskarte für die Ortenau. Bei den Karten für fünf Personen kommen die Tageskarten des VRN und des Verbunds in Ulm (DING) gut weg, gefolgt von der VVS-Tageskarte.

Dagegen fielen dem VCD kleinere Verkehrsverbünde wie der Rottweiler Verkehrsverbund und der Pforzheimer Verbund durch vergleichsweise unattraktive Preis-Leistungs-Verhältnisse auf. «Kleine Verbünde sehen oftmals nicht das Potenzial von Tageskarten zur Ansprache neuer Fahrgäste und bieten deshalb nur vergleichsweise teure Tageskarten an», sagte Lieb. Tageskarten seien ideal für Wenignutzer und Kleingruppen, um ohne tiefere Tarifkenntnis unbeschwert Bus und Bahn nutzen zu können.

Im Rottweiler VVR zum Beispiel kostet eine Tageskarte für fünf Personen 28,80 Euro, deutlich mehr als eine Tageskarte dieser Gruppengröße im Stuttgarter VVS, die für 19,50 Euro zu haben ist. Zudem ist die Fläche des Verbunds fast fünfmal größer als im VVR. Dort sehen das die Verantwortlichen anders: «Bei uns kostet eine Tageskarte so viel wie zwei Einzelkarten, das ist ein gutes Angebot», sagte VVR-Sprecher Stefan Heinzmann. Außerdem gebe es im Schwarzwald das gut genutzte Angebot der Gästekarte für Urlauber. «Deshalb nutzen wir die Zuschüsse vor allem, um unsere Stammkundschaft zu festigen.»

Der VCD übersehe bei seiner Auswertung außerdem, dass Ticketpreise nicht nur von der Fläche eines Verbunds abhingen. Wichtig seien die Bevölkerungsstruktur und Einwohnerzahlen, die demografische Entwicklung und die Nachfrage nach anderen Angeboten ebenso wie die Höhe der Zuschüsse durch den Kreis. «Im VVR-Gebiet beispielsweise tragen auf den meisten Linien die Verkehrsunternehmen voll und ganz das wirtschaftliche Risiko und operieren weitgehend ohne Betriebsleistungszuschüsse», sagte Heinzmann. «Kostensteigerungen müssen daher am Markt erwirtschaftet werden.»

Nach Ansicht des VCD sollten die Angebote der Verbünde dennoch nach den Größen der Flächen und der Gruppen gestaffelt sein: «Zum Beispiel könnten Städte unter 100 000 Einwohner bis zu drei Euro für eine 24-Stunden-Karte verlangen, eine Karte für eine Fünfer-Gruppe sollte höchstens sechs Euro kosten. Bei den Flächenverbünden könnten die Preise nach kleineren Verbünden mit bis zu 1000 Quadratkilometern, mittleren Verbünden und großen Anbietern mit mehr als 2000 Quadratkilometern gestuft sein.