Im sechsten Band der Wendlinger Schriftenreihe zur Stadthistorie widmet sich Autor Dieter Bauer den nach Wendlingen geflüchteten Donauschwaben.
Rund 800 Kilometer liegen zwischen der Stadt Wendlingen und ihrer ungarischen Partnerstadt Dorog. Das ehemalige Bergarbeiterstädtchen mit seinen etwas mehr als 11 000 Einwohnern liegt südlich der Kreisstadt Esztergom, die vom 10. bis Mitte des 13. Jahrhunderts Hauptstadt des Königreichs Ungarn war. Am 28. November erscheint nun „Die Geschichte der Doroger in Wendlingen am Neckar“ als sechster Band der Wendlinger Schriftenreihe zur Stadtgeschichte. Geschrieben hat es Dieter Bauer, der Vorsitzende des Freundeskreises Dorog-Wendlingen. Bauer hat selbst Wurzeln in Dorog – sein Vater kam nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nach rund eineinhalbjähriger Flucht als zehnjähriger Bub in die Stadt zwischen Neckar und Lauter.
Der Freundeskreis wurde 1994 gegründet
Gegründet wurde der Freundeskreis im Jahr 1994 – zur Vorbereitung der Städtepartnerschaft, die aber erst vier Jahre später aus der Taufe gehoben wurde. Pünktlich zum 30-jährigen Jubiläum des Vereins erscheint nun die Geschichte der Doroger als Buch, genutzt hat Bauer dabei die umfangreichen Recherchen und das Material der gleichnamigen Sonderausstellung, die im Vorjahr zum 25-jährigen Jubiläum der Städtepartnerschaft im Wendlinger Stadtmuseum gezeigt wurde. „Beim Abbau der Ausstellung kam ich auf die Idee, das alles als Buch zusammenzufassen“, erklärt Bauer, der studierter Theologe ist und bis zu seinem Renteneintritt vor zwei Jahren bei einem christlichen Verlag in Stuttgart als Redakteur gearbeitet hat.
Herausgekommen ist eine Dokumentation über die Ansiedlung der sogenannten „Donauschwaben“ in Ungarn vom späten 17. bis zum 19. Jahrhundert – über Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg, der Ankunft in Wendlingen bis hin zu den Anfängen der Städtepartnerschaft. Laut Bauer waren es allerdings nur rund 70 Personen aus Dorog, die am 12. Juni 1946 in Wendlingen ankamen – entgegen der sonst üblich genannten Zahl von 200 Menschen: „Ich habe über Kennkarten der Besatzungsmächte im Archiv recherchiert. Erst Ende der 1940er Jahre werden es aufgrund von Familienzusammenführungen 200 Menschen gewesen sein“, ist sich der 68-Jährige sicher.
Bauer widmet sich den ersten Schritten der Donauschwaben in Wendlingen – wie sie sie ihre Traditionen hochhielten, aber dennoch versuchten, sich in ihrer neuen Heimat gut zu integrieren. So riss zum Beispiel die Verbindung nach Dorog nie ab – bereits 1976 besuchte der Musikverein Unterboihingen Dorog und Budapest. Die Doroger Bergmannskappelle war in den 1970er- und 1980er-Jahren oft zu Gast in Wendlingen. Auch nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurden die Verbindungen gepflegt – und 1994 die Freundeskreise in Wendlingen und in Dorog zur Vorbereitung der Städtepartnerschaft gegründet. Ein Jahr später gab es den ersten Schüleraustausch, der fortan intensiv gepflegt wurde. Zudem wurden Reisen für Erwachsene durchgeführt.
Inzwischen gibt es wieder einen Schüleraustausch
Erst die Coronapandemie habe eine Lücke gerissen, klagt Bauer. Inzwischen gebe es aber wieder einen Schüleraustausch, auch wurde in diesem Jahr wieder eine Busreise angeboten. Zwar würden die familiären Verbindungen altersbedingt immer weniger, sagt Bauer, dennoch will der Freundeskreis das Thema Dorog in Wendlingen präsent halten. „Unfassbar wichtig war die Einweihung des Dorog-Platzes bei der Lauterschule im vergangenen Jahr. Ich freue mich jeden Tag darüber, wenn ich über den Platz laufe“, so Bauer. Ein weiterer Baustein soll der sechste Band der Wendlinger Schriftenreihe werden – vorgestellt wird er vom Autor an diesem Donnerstag, 28. November, um 19.30 Uhr im Treffpunkt Stadtmitte.