Beim Auftakt des diesjährigen Weindorf-Treffs mit dabei: Vitaliia Kochurova, Mit-Gründerin der Hilfsorganisation Wolja, Kabarettistin Sabine Schief, Weinprinzessin Franziska Pfizenmayer, SWR4-Moderator Axel Graser, Redakteur Tom Hörner, Flughafen-Chef Walter Schoefer und Astrid Pellengahr, Direktorin des Landesmuseums Württemberg (v.l.) Foto: Lichtgut/Leif. Piechowski

Beim ersten Weindorf-Treff von SWR 4, Stuttgarter Nachrichten und Stuttgarter Zeitung in diesem Jahr erfahren die Zuhörer in der Laube Nr. 5, Schmücker’s Ox, von finanziellen Tiefflügen, der Bedeutung von Ritualen und von einem lang ersehnten Wiedersehen.

Wortspiele mit einem Namen sind verboten. Aber wenn eine Kabarettistin Sabine Schief heißt, nimmt sie das als ein Pfund, mit dem man wuchern kann. Denn schiefgelacht hat sich die Familie schon, wenn sie als Dreijährige für die Unterhaltung sorgte: „Die haben mich auf den Tisch gestellt und ich musste ein Gedicht aufsagen“, erzählt die gebürtige Bad Cannstatterin, die in Schwaikheim aufgewachsen ist. Mit elf Jahren stand sie dann zum ersten Mal auf einer Bühne, machte später aus ihrem Talent den Beruf. Bis die Pandemie ihre Auftritte, bei denen sie zum Beispiel im historischen Kostüm vor der Grabkapelle auf dem Rotenberg über Königin Katharina erzählt, vereitelt hat.

Bedeutung der Trauerkultur

Da hat sich die „Freiberuflerin seit dem 24. Lebensjahr“ darauf besonnen, dass sie ihr Talent auch ganz anders einsetzen könnte: „Ich bin Trauerrednerin geworden“, erzählt sie. Offenbar sehr einfühlsam und erfolgreich. Sie werde nicht nur von Menschen gebucht, die mit der Kirche nichts am Hut haben, sondern sei auch schon zusammen mit einem evangelischen Pfarrer am Grab gestanden. Und einmal konnte sie mit einer alten Dame kurz vor deren Tod über die Trauerrede sprechen. „Ich habe gelernt, wie wichtig diese Trauerkultur ist.“

„Sie machen eine ganze wunderbare Arbeit, denn solche Rituale sind von großer Bedeutung“, bescheinigt ihr spontan Astrid Pellengahr, seit Anfang 2020 Direktorin des Landesmuseums Württemberg. „Gerade bei dem kulturellen Wandel in unserer Gesellschaft, wo Menschen, die gar nicht mehr Mitglied einer Kirche sind, trotzdem eine kirchliche Hochzeit wollen.“ An wen sie dabei aktuell denkt, sagt sie nicht. Dafür stellt sie klar, dass sie aus rein zufällig in Schleswig-Holstein geboren wurde, und vielmehr eine echte Allgäuerin sei. Doch das erwähnt Pellengahr nur am Rande.

Wichtiger sei ihr, dass sich im Landesmuseum alle willkommen fühlen: Im Café in der Dürnitz und erst recht in der dortigen Lounge: „Das ist ein Ort mitten in der Stadt für alle. Da können Sie sogar ihr Vesper mitbringen, das kostet nichts.“ Und demnächst wird es im Alten Schloss sogar berauschend: Bei der Ausstellung über 10 000 Jahre Bier und Wein.

Vor einem Rausch und dessen Folgen hütet sich Franziska Pfizenmayer aus Beilstein, die „direkt unterhalb der Weinberge aufgewachsen ist“, immer bei der Lese hilft und schon im dritten Jahr als Württembergische Weinkönigin amtiert: Mit einem Krönchen auf dem Kopf, aber keinen in der Krone. „Lieber nicht“, sagt sie, als Repräsentantin und erst recht als Bankberaterin brauche sie einen klaren Kopf.

Klare Zahlen am Flughafen

Klare Zahlen liefert auch Walter Schoefer, Flughafen-Chef seit 1999 für den Non-Aviation-Bereich. Das heißt, er bleibt am Boden. Wie so viele – wegen Corona und der Umwelt: „Wir haben 75 Prozent vom Geschäft verloren“, sagt Schoefer. Ein Drittel der Flugkosten machten die Benzinkosten aus und „die werden sich verdoppeln und verdreifachen“ prognostiziert er. Die Forderung, die ihm der linke Stadtrat Hannes Rockenbauch „vor den Latz geknallt hat“, bis 2035 den Flughafen zu schließen und dort Wohnungen zu bauen, weist er trotzdem entschieden zurück: „Was wird dann aus dem Wirtschaftsstandort Stuttgart? Und was ist mit den vielen Migranten in Stuttgart, die immer wieder in ihre Heimat und zu ihren Familien fliegen wollen?“ Die neue Flugroute über Ostfildern, nach der aus dem Publikum gefragt wurde, hält er noch nicht für fix.

Ein lang ersehntes Wiedersehen

Endlich auch wieder ihre Familie sehen und umarmen konnte jüngst die Ukrainerin Vitaliia Kochurova, die kurz nach dem Überfall Russlands auf ihre Heimat in Stuttgart den Verein Wolja als erste Hilfsadresse für geflüchtete Landsleute gegründet hat. „Immer noch kommen täglich 20 bis 30 Personen in Stuttgart an“, sagt sie. „Wir empfehlen ihnen, besser in kleinere Orte zu gehen. Es ist so schwierig hier vor allem mit Wohnungen.“ Auch ihre Familie, die bis vor kurzem in der Ukraine ausharrte, ist jetzt in Sicherheit. Nicht in Stuttgart. „Sie waren 72 Stunden nach Polen unterwegs. Und dort haben wir uns in der letzten Woche getroffen. Und endlich wieder umarmt.“