Idyllisch: Esslingen in weihnachtliches Gewand gekleidet. Foto: Roberto Bulgrin

Der Barock-Weihnachtsmarkt in Ludwigsburg und der Mittelalter-Weihnachtsmarkt in Esslingen – beide sind über die Region hinaus bekannt. Aber welche der beiden ist schöner? Redakteurinnen aus den beiden Städten haben sich jeweils für einen Vergleich auf den Weg gemacht.

Esslingen und Ludwigsburg könnten Schwestern sein. Die Städte sind fast gleich groß, liegen am Neckar und fast gleich weit von Stuttgart entfernt. Beide haben eine große Vergangenheit, eine sehenswerte Innenstadt – und außergewöhnliche Weihnachtsmärkte. Was erwartet die Besucher? Zum Vergleich hat die Esslinger Redakteurin Corinna Meinke einen Ausflug zum Ludwigsburger Weihnachtsmarkt unternommen. Sandra Lesacher, Redakteurin aus Ludwigsburg, war dafür auf dem Esslinger Weihnachtsmarkt. Was haben die beiden entdeckt?

Wie die Stadt begrüßt

Esslingen begrüßt seinen Gast aus Ludwigsburg überschaubar weihnachtlich. Mit dem Auto geht es über die B 10 und die Brücke fast direkt ins Parkhaus. Weihnachtliche Deko – sofern nicht im Verkehrsgewusel übersehen – sind erst mal Fehlanzeige und warten erst in der schönen Altstadt auf die Besucher.

Die Lichtobjekte in Ludwigsburg begeistern. Foto: Werner Kuhnle

In Ludwigsburg zeigt sich die B 27 in der Dämmerung dank der festlichen Lichtobjekte auf dem Mittelstreifen gleich von ihrer besten Seite. Und auch der Weg zum Marktplatz ist stimmungsvoll illuminiert.

Hier kann man parken

Nicht ganz so einfach, wenn Weihnachtsmarkt in Esslingen ist, heißt es von allen Seiten. An einem frühen Montagnachmittag sind in der Tiefgarage Küferstraße/Altstadt, die sehr günstig gelegen ist, noch genügend Parkplätze frei. In der unteren Etage geht es allerdings mächtig eng zu. Glücklich ist der, der keinen SUV neben sich stehen hat.

In Ludwigsburg kann man auf der zentral gelegenen Bärenwiese parken. Wer noch einen Platz am Straßenrand ergattern konnte, sollte die Uhr im Blick behalten, sonst droht ein Knöllchen.

Auf dem Markt

Aber dann geht es endlich los auf den im Vorfeld von allen viel gelobten Weihnachtsmarkt in Esslingen. Die Spannung steigt – und zack – steht der Besucher auch schon vor einer lebendigen Krippe mit Schäfchen und Esel. Sehr hübsch, auch wenn die Schafe den Besuchern gerade den Hintern zukehren. Ein schöner Rücken kann auch entzücken – und so etwas gibt’s in Ludwigsburg nicht.

Ein schöner Rücken kann auch entzücken . . . Foto: Sandra Lesacher

Ebenso wenig wie eine Mittelalter-Abteilung auf dem Weihnachtsmarkt. Das ist in Esslingen eine echte Schau. Kunsthandwerker, Kaufleute, Alchemisten, Musiker, Gaukler und andere Spaßvögel bekommen die Gäste hier zu Gesicht. Und das Schöne: Auch als Nicht-Mittelalter-Fan, der immer ein wenig Respekt vor den historischen Gestalten hat, wird man von genau diesen sehr charmant abgeholt. Soll heißen, das Esslinger Mittelalter-Volk kann auch mit neuzeitlichem Publikum gut umgehen. Beispiel gefällig: „Seht ihr den Randwasserfall?“, fragt der mittelalterliche Riesenrad-Dreher die Leute oben im Korb. Weil die irritiert gucken, erklärt er’s: „Wir sind doch im Mittelalter. Die Erde ist noch eine Scheibe.“

In Ludwigsburg geht es auf dem Markt deutlich weniger rustikal zu, immerhin handelt es sich ja auch um einen Barock-Weihnachtsmarkt, für den die Stadt mit dem Marktplatz ihren schönsten Open-Air-Salon freigeräumt hat. Und während das vergleichsweise junge Ludwigsburg erst 1718 seine Stadtrechte erlangte, hatte das erstmals im 8.  Jahrhundert urkundlich erwähnte Esslingen damals die längste Zeit seiner 1181 Jahre verbrieften Rechte als Freie Reichsstadt schon längst hinter sich gebracht.

So ist das Ambiente

Was das Ambiente angeht, müssen sich die Esslinger nicht verstecken. Die mittelalterliche Stadt mit ihren pittoresken Plätzen und Gässchen und der majestätischen Burg im Hintergrund verzaubert Besucher schon ohne Weihnachtsmarkt, aber umso mehr mit. Egal ob Mittelaltermarkt oder der „ganz normale“ Markt: Es macht einfach Spaß, hier zwischen Dudelsack- und Weihnachtsmusik zu schlendern. Die Buden sind hübsch dekoriert, die riesige Weihnachtspyramide auf dem Marktplatz ist ein echter Hingucker, ebenso wie das Drumherum: Fachwerkhäuser, Stadtkirche St. Dionys, Altes und Neues Rathaus, dazwischen begeisterte Mittelalter-Menschen.

Die Kirchen bilden in Ludwigsburg eine tolle architektonische Kulisse. Foto: Simon Granville

Auch auf dem Ludwigsburger Weihnachtsmarkt lohnt ein Blick auf die architektonische Kulisse. Dominiert wird der Marktplatz von den beiden barocken Kirchen, der von Baumeister Donato Giuseppe Frisoni geplanten evangelischen Stadtkirche und der gegenüber liegenden katholischen Dreieinigkeitskirche. Besonders einladend ist außerdem ein Gang durch die Arkaden, die den Marktplatz säumen und unter denen zahlreiche Cafés, Restaurants und Bars zum Verweilen einladen.

Das gibt’s zum Essen und Trinken

Es gibt weit mehr als die Klassiker in Esslingen. Zum Beispiel Raclettebrot mit Peppi-Drops, also minikleinen, süß-sauren Paprikakügelchen. Die passen ganz wunderbar zum rezenten Käse, haben allerdings auch die unpraktische Eigenschaft, ganz fix vom Brot zu purzeln, wenn man nicht aufpasst.

Es gibt aber auch Apfel-Karamell-Strudel und Riesen-Schaumküsse mit Pistazie. Oder Hanf-Fladen mit Rindfleisch und Stockbrot mit Gewürzen. Oder Lustrollen und Linsen-Schätzle, Wunschpunsch und Pflaumentoffel. Erkenntnis des Tages: Die hatten doch tatsächlich schon panierten Camembert im Mittelalter! Der schmeckt sehr lecker im Pitabrot mit einer Rote-Bete-Meerrettich-Sauce.

Auch in Ludwigsburg ist die kulinarische Auswahl groß und führt über knackige Leckereien vom Mandelkönig über die Dinnede aus dem Holzofen, den angesagten Korean Style Corndogs und duftenden Raclettebroten bis zu Steckerlfisch und Lachswurst. Und Naschkatzen kommen bei der Barocken Waffelmanufaktur und der Geislinger Bonbonmanufaktur auf ihre Kosten. Italienische Spezialitäten sind auf dem Markt auch gut vertreten und erinnern daran, dass die italienischen Obst- und Gemüsehändler schon vor rund 100 Jahren in der Barockstadt Fuß gefasst haben. Hier im Herzen der Stadt lässt sich dank der pastellfarben gehaltenen Bürgerhäuser südländisch anmutendes, mediterranes Flair erleben.

Matthias Hammer und Emma Lorenz schenken in Ludwigsburg am Stand der Marbacher Weingärtner und der Touristinfo aus. Foto: Corinna Meinke

Ein bisschen kurios . . .

. . . ist ein Mittelalter-Weihnachtsmarkt per se schon: Man spricht in Esslingen ein wenig sonderlich, zahlt mit Talern und kann sich gemeinsam mit fünf anderen in einen hölzernen Badezuber setzen. Auch eine Fahrt mit dem kleinsten Riesenrad der Welt lohnt sich. Es wird von Hand betrieben. Für vier Taler können Kinder und Erwachsene hoch hinaus und vielleicht den Randwasserfall sehen.

Das kleine Riesenrad wird händisch betrieben. Foto: Sandra Lesacher

...muten in Ludwigsburg die vier riesigen Engel mit ihren fast vier Meter langen Flügeln und je 3000 Lampen als zentral platzierte Beschützerinnen des Barock-Weihnachtsmarktes an, weil sie stilistisch eher an die Zeit des Jugendstils erinnern. Doch ihr Lichterglanz und ihre Anmut können in jedem Fall bezaubern, ganz ähnlich wie das nostalgische Jahrmarktvergnügen mit Theaterzelt im Stuttgarter Höhenpark Killesberg, das vom gleichen Künstler und Jahrmarktbetreiber Dimido, alias Jörg Schumacher, geschaffen wurde.

Die Geheimtipps

Am Postmichelbrunnen in Esslingen, gleich neben der lebendigen Krippe, steht ein kleiner roter Briefkasten. Hier können Briefe ans Christkind eingeworfen werden.

Wer mit der Bahn nach Ludwigsburg fährt, kann auf dem Weg vom Bahnhof bis in die Innenstadt in den Schaufenstern und Kirchen liebevoll gestaltete Weihnachtskrippen aus aller Welt bewundern.

Die Öffnungszeiten

Mittelalter-Weihnachtsmarkt
Der Esslinger Weihnachtsmarkt hat täglich von 11 bis 20.30 Uhr geöffnet. An Freitagen und Samstagen jeweils eine Stunde länger bis 21.30 Uhr. Der letzte Tag ist der 22. Dezember.

Barock-Weihnachtsmarkt Der Ludwigsburger Weihnachtsmarkt startet und endet jedes Jahr an den gleichen Tagen wie Esslingen. Geöffnet ist ebenfalls bis einschließlich 22. Dezember. Die täglichen Öffnungszeiten sind 11 bis 21 Uhr.