Die frühere Rheinland-Pfälzische Umweltministerin Anne Spiegel (Grüne) steht wegen der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr in der Kritik. Was Bundestagsabgeordnete ihr vorwerfen.
Bereits um 15.24 Uhr an diesem schlimmen 14. Juli 2021 warnt das Rheinland-Pfälzische Landesamt für Umweltschutz in einer Mail an das Umweltministerium vor Rekordpegeln der Ahr. Doch die damalige Umweltministerin und heutige Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) teilt selbst eine gute Stunde später per Pressemitteilung noch mit, ein „Extremhochwasser“ sei nicht zu befürchten und Rheinland-Pfalz sei gut für Hochwasserereignisse gewappnet.
Pressemitteilung nur schnell überflogen, aber Zeit zum Gendern
Aber Spiegel täuscht sich: Die Pegel steigen und steigen, die Wassermassen der Ahr reißen ganze Häuser mit sich, am Ende verlieren 134 Menschen allein im Ahrtal ihr Leben. Spiegels Fehleinschätzung war vergangene Woche Gegenstand eines Untersuchungsausschusses im Rheinland-Pfälzischen Landtag. Am Freitag erreichte das Thema dann sogar den Deutsche Bundestag – auf Wunsch der AfD-Fraktion. Im Untersuchungsausschuss des Rheinland-Pfälzischen Landtags verteidigte sich Spiegel damit, dass sie die Pressemitteilung aus ihrem Haus damals nur schnell überflogen hatte. Sie hatte dabei aber offenbar trotzdem Zeit, um auf geschlechtergerechte Sprache in der Mitteilung aufmerksam zu machen: Der Begriff „Campingplatzbetreiber“ sollte vor der Freigabe der Meldung gegendert werden.
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Spiegel soll es da vor allem um ihr politisches Image gegangen sein
Zwei Stunden nach Spiegels Pressemitteilung, um 18.44 Uhr, landet eine weitere Mail des Landesamts für Umwelt im Postfach des Umweltministeriums, in der vor einer Katastrophe gewarnt wird. Spiegel aber war erst mit einem Fraktionskollegen essen, anschließend in ihrer Dienstwohnung, wo sie laut Anruflisten für ihren Staatssekretär Erwin Manz (Grüne) weder am Abend noch früh am nächsten Morgen telefonisch erreichbar war – während die Menschen im Ahrtal ums Überleben kämpften.
Zu allem Überfluss gab sie auch einen Tag später keine gute Figur ab: Spiegel soll es da vor allem um ihr politisches Image gegangen sein, wie SMS-Nachrichten mit Mitarbeitern beweisen sollen. Spiegel bestätigte die Existenz dieser SMS, aber es habe sich um zwei von Tausenden Nachrichten an dem Tag gehandelt. Stets habe die Hilfe für Betroffene im Fokus gestanden.
Spiegel schiebt die Verantwortung ihrem damaligen Staatssekretär zu
Die Vorgehensweise und die Rechtfertigung der Ministerin werfen etliche Fragen auf – selbst in ihrer eigenen Bundestagsfraktion sind Kollegen irritiert. Auch weil Spiegel immer wieder die Verantwortung ihrem damaligen Staatssekretär zuschiebt. Dieser habe ihr an diesem 14. Juli zum Beispiel gesagt, es sei keine gute Idee, ins Ahrtal zu fahren, um sich ein Bild der Lage zu machen.
All diese Geschichten sind für die Oppositionsparteien im Bundestag ein gefundenes Fressen, vor allem für die AfD: „Bis heute hat sich Anne Spiegel weder entschuldigt noch Fehler eingestanden. Sie sollten sich schämen und als Bundesfamilienministerin zurücktreten“, heißt es etwa vom AfD-Abgeordneten Sebastian Münzenmaier, der dafür langen Applaus seiner Fraktion erntet.
Ampel wirft AfD vor, die Opfer der Flut für ihre Zwecke zu instrumentalisieren
Aber auch die CDU/CSU-Fraktion hält sich mit ihrer Kritik an Spiegel nicht zurück: „Wir brauchen keine Ministerin, die nur den eigenen Rücken deckt. Ich schäme mich für sie, das haben die Opfer im Ahrtal nicht verdient“, sagt Mechthild Heil. Auch die Linke spricht von einem „nicht akzeptablen Verhalten“ der Bundesfamilienministerin.
Die Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP hingegen betonen immer wieder, die Aufarbeitung der Flutkatastrophe sei Sache des Untersuchungsausschusses und nicht des Bundestages. Der AfD werfen sie ebenfalls vor, die Opfer der Flut zu instrumentalisieren. Manuel Höferlin (FDP) sagt: „Wir hätten zum Beispiel über besseren Bevölkerungsschutz sprechen können, das würde den Menschen im Ahrtal wirklich helfen.“