Auf den Fluren der Feuerwache 5 in Degerloch stehen Eimer und Wannen, um eindringendes Wasser aufzusammeln. Foto: StN

Der Zustand vieler Wachen in Stuttgart ist miserabel. In Degerloch dringt ins alte Gebäude so viel Wasser ein, dass wenige Monate vor dem Umzug in einen Neubau gehandelt werden muss. Derzeit müssen die Einsatzkräfte mit einem Containerdorf auskommen.

Stuttgart - Berufsfeuerwehr und Rettungsdienst in Degerloch haben einen Dachschaden. Und der ist so gewaltig, dass er jetzt so manches in Fluss bringt. Natürlich ist nicht die Rede von den gut 100 Einsatzkräften, die im Bruno-Jacoby-Weg auf der Filderwache ihren Dienst tun, sondern vom Gebäude selbst. Der Zweckbau aus dem Jahr 1966 ist marode, das weiß man schon lang. Deshalb entsteht nur wenig entfernt in Möhringen derzeit für gut 50 Millionen Euro ein gewaltiger Neubau nach neusten Standards. In Betrieb genommen werden soll er irgendwann gegen Ende des Jahres. Doch das nützt den Rettern derzeit wenig.

„Es regnet nicht erst seit gestern durchs Flachdach, aber die vergangenen Tage ist es extrem geworden“, sagt einer der Beschäftigten auf der Wache. Schon seit September dringe Wasser in die Räume. „Erst hat ein Eimer gereicht, den wir drunter gestellt haben, dann waren es zwei, danach drei. Und jetzt haben wir Wannen aufgestellt.“ Die Decke komme zum Teil runter, Bautrockner seien aufgestellt, die Fenster undicht.

Die Arbeitsbedingungen, gerade bei 24-Stunden-Diensten mit Ruhephasen in den Aufenthaltsräumen, sind unter diesen Umständen natürlich alles andere als ideal. Zumal jetzt noch Baulärm dazu kommt. „Man hat einfach lange nichts gemacht“, kommt der Vorwurf an die Stadt, der das Gebäude gehört. „Hier sieht’s aus wie im Männerwohnheim“, sagt der Mitarbeiter frustriert, „wir haben das Gefühl, dass es da auch an Wertschätzung für unsere Arbeit fehlt.“ Zuletzt habe es ernsthafte Diskussionen darüber gegeben, ob man unter diesen Umständen überhaupt noch für die letzten Monate im Gebäude bleiben könne oder eine andere Lösung brauche.

Asbestuntersuchung bei den Deckenplatten

Auch bei der Führung der Stuttgarter Feuerwehr ist man alles andere als begeistert über die Situation. „Es gibt schon länger Wassereintritt im Gebäude, aber seit 28. Januar ist er massiv geworden“, sagt Sprecher Christopher Haigis. Bereits am Tag danach habe man deshalb zehn Container als Interimsunterkünfte im ohnehin beengten Hof aufgestellt. Auch Proben der Deckenplatten habe man untersuchen lassen – wegen des Verdachts der Asbestbelastung. Der habe sich aber nicht bestätigt.

Doch so bleiben kann der Zustand in Degerloch nicht. Und deshalb sollen bereits am Montag die Gerüstbauer anrücken für eine außergewöhnliche Aktion. „Sie werden ein Schutzdach über dem bestehenden Flachdach aufbauen“, sagt Haigis. Auf der Wache spricht man bereits scherzhaft vom Sarkophag. Rund zwei Wochen wird das dauern. Anschließend soll das Flachdach saniert werden. Bis dahin sollen wohl weitere Container helfen, danach hofft man auf einen kompletten Wiederbezug des Gebäudes. „Unser vordringlichstes Ziel ist, dass die Kollegen so schnell wie möglich wieder aus den Containern raus können“, so Feuerwehrsprecher Haigis.

Was all diese Maßnahmen kosten werden, steht derzeit noch nicht fest. Klar ist allerdings, dass beim Umfang der Arbeiten das Augenmerk auch der künftigen Nutzung des Gebäudes gelten muss. Denn das wird nicht sofort nach Auszug der Rettungskräfte abgerissen. „Bis zum endgültigen Abbruch wird das alte Gebäude der Feuerwache 5 auch nach Inbetriebnahme der neuen Wache noch von der Feuerwehr für die Aus- und Fortbildung genutzt“, sagt ein Sprecher der Stadtverwaltung. Auch für diese Übergangsnutzung sollte es in einem zumutbaren Zustand sein.

Gebäude wird später abgerissen

Später ist die Fläche für die Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) als Betriebshof für die Müllabfuhr im Filderbezirk vorgesehen. „Dazu muss aber der Bebauungsplan geändert werden“, so der Rathaussprecher. Wann das genau so weit sein wird, steht noch nicht fest. Bis dahin wird die AWS interimsweise das Aurelis-Areal in Vaihingen nutzen.

Die Probleme in Degerloch sind extrem – und doch nur die Spitze des Eisbergs. Denn auch die vier anderen Wachen der Stuttgarter Berufsfeuerwehr genügen längst nicht mehr den Ansprüchen. Dasselbe gilt für viele Gebäude der Freiwilligen Feuerwehr. Fast überall sind Neubauten oder umfassende Sanierungen notwendig. „All dies sollte in den nächsten zehn Jahren durch sein. Wir müssen mit fortlaufenden Modernisierungen jetzt die Grundlagen für die Zukunft schaffen“, sagte der damals neue Feuerwehrchef Georg Belge bereits vor einem Jahr. Nach Schätzungen könnte all dies rund 300 Millionen Euro kosten. Nicht enthalten sind darin die 50 Millionen für den Neubau der Filderwache in Möhringen. Für all die anderen Projekte sind die Pläne derzeit teils mehr, teils weniger konkret.

Es könnte also sein, dass die Einsatzkräfte in Degerloch nicht die einzigen sind, die in den nächsten Jahren mit einem Dachschaden und nassen Füßen rechnen müssen.