Eine Kündigung des Mietvertrags ist meist ein Schock. Ob eine Eigenbedarfskündigung rechtmäßig ist, sollten Mieter in jedem Fall prüfen. Foto: dpa - dpa

Kündigt ein Vermieter eine Mietwohnung wegen Eigenbedarfs, muss er dies gut begründen. Sonst ist die Kündigung unwirksam. Was Mieter wissen müssen.

Berlin/HamburgViele Mieter trifft es unvermittelt. Sie bekommen ein Schreiben ihres Vermieters: Er will ihnen kündigen, weil er die Wohnung selbst nutzen möchte. Doch so einfach geht das nicht. Ein Vermieter könne das Mietverhältnis nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse geltend macht, sagt Julia Wagner vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland in Berlin. Dies kann unter anderem sogenannter Eigenbedarf sein.

Ein solches Interesse liegt vor, wenn der Vermieter die Wohnung für sich, einen Familienangehörigen oder einen Angehörigen seines Haushalts benötigt. „Unter Familienangehörigen sind dabei in erster Linie nahe Verwandte zu verstehen“, erklärt Silvia Jörg vom Interessenverband Mieterschutz in Hamburg. Dazu gehören zunächst Kinder und Stiefkinder, Eltern, Geschwister, Enkel, Großeltern, Nichten und Neffen. „Für entferntere Verwandte wie zum Beispiel eine Cousine kann der Vermieter Eigenbedarf beanspruchen, wenn diese einen besonders engen Kontakt zum Vermieter haben“, erläutert Jörg. Infrage kommt auch eine Angehörige seines Haushalts, etwa eine Pflegekraft, ergänzt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund in Berlin. Ein dringender Bedarf muss dabei nicht vorliegen. Vielmehr reicht es aus, dass der Vermieter ernsthafte, nachvollziehbare und vernünftige Gründe hat, die Wohnung zu nutzen. „Eine Notfall-, Mangel- oder Zwangslage muss explizit nicht vorliegen“, betont Wagner.

Übliche Fristen gelten

Für die Eigenbedarfskündigung gelten die üblichen Kündigungsfristen. Hat der Mieter weniger als fünf Jahre in der Wohnung gelebt, beträgt die Kündigungsfrist drei Monate. Sie verlängert sich nach fünf und nach acht Jahren jeweils um drei Monate. „Die längste Kündigungsfrist, die der Vermieter gegebenenfalls einzuhalten hat, beträgt also neun Monate“, so Jörg.

Wurde die Wohnung in Eigentum umgewandelt und dann veräußert, kann der Erwerber erst nach einer Frist eine Eigenbedarfskündigung geltend machen. Laut Gesetz beträgt sie drei Jahre. „Sie kann auf bis zu zehn Jahren verlängert werden, wenn die ausreichende Versorgung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde gefährdet ist und diese Gebiete durch die jeweilige Landesregierung bestimmt sind“, erläutert Wagner. Ist die vermietete Wohnung eine von zwei Wohnungen im Haus und der Vermieter bewohnt die andere Wohnung, so kann der Vermieter jederzeit kündigen. „Er benötigt in dieser Konstellation kein besonderes berechtigtes Interesse“, betont Wagner. Allerdings verlängert sich dann die Kündigungsfrist um drei Monate.

Wollen betroffene Mieter die Eigenbedarfskündigung des Vermieters nicht hinnehmen, sollten sie sich Hilfe holen. „Bei der Überprüfung von Eigenbedarfskündigungen wird eine Interessenabwägung vorgenommen, die immer einzelfallbezogen ist“, erklärt Jörg. So kann eine lange Mietdauer ein Härtegrund sein, den Mieter geltend machen können. Meist reicht das allein aber nicht. Die Erfolgschancen eines Widerspruchs steigen laut Jörg, wenn noch weitere Härtegründe wie etwa hohes Alter oder Krankheit dazukommen.

Ist die Eigenbedarfskündigung wirksam, muss der Vermieter dem Mieter generell keine neue Wohnung besorgen. „Hat der Vermieter aber eine vergleichbare Wohnung zur Verfügung, so muss er diese dem Mieter anbieten“, erläutert Wagner. Er muss sowohl freie als auch während der Kündigungsfrist frei werdende Wohnungen berücksichtigen. Mieter sollten sich das Kündigungsschreiben genau anschauen. „Oftmals werden darin schon formale Fehler gemacht“, erklärt Jörg. Zwei Beispiele: Zwei Personen sind Vermieter, aber nur einer spricht die Kündigung aus und unterschreibt sie. Das gilt auch etwa bei vorgeschobenem Eigenbedarf. Das ist der Fall, wenn der Vermieter die Wohnung nicht ernsthaft nutzen will. Unzulässig ist die Eigenbedarfskündigung, wenn im Haus eine vergleichbare Wohnung leersteht und der Vermieter dort einziehen könnte. Ebenfalls unwirksam ist die Kündigung, wenn die Wohnung nicht so genutzt werden kann, wie der Vermieter es im Schreiben vorgibt. „Das ist etwa der Fall, wenn der Vermieter für seine 80-jährige gehbehinderte Mutter eine Wohnung im sechsten Stock ohne Aufzug kündigt“, nennt Ropertz ein Beispiel.

Dagegen ist es nicht notwendig, dass der Vermieter dauerhaft in die gekündigte Wohnung einziehen und dort seinen Lebensmittelpunkt begründen will, entschied der Bundesgerichtshof (Az.: VIII ZR 186/17). Es kann ausreichend sein, wenn der Vermieter die Wohnung nur zeitweise nutzen will.