Nicolas Kriesten aus Waiblingen trainiert südafrikanische Kinder. Foto: privat

Nicolas Kriesten trainiert sonst Kids in Waiblinger Fußballvereinen. Gerade arbeitet er in Südafrika mit Kindern aus ärmsten Verhältnissen – und stellt dabei viele Unterschiede fest.

Für die Zeit nach seiner Ausbildung zum Großhandelskaufmann hatte Nicolas Kriesten sich vorgenommen, mal etwas ganz anderes zu machen. Eigentlich schwebte ihm vor, mit Tieren zu arbeiten, zum Beispiel in Namibia. Auf dem afrikanischen Kontinent ist der 22-Jährige aus der Waiblinger Ortschaft Neustadt tatsächlich gelandet – allerdings lebt er seit Anfang Oktober in der südafrikanischen Stadt Somerset West unweit von Kapstadt.

Dort arbeitet er als Praktikant bei der gemeinnützigen Organisation Young Bafana Soccer Academy, die Kindern aus ärmsten Verhältnissen zu besseren Startbedingungen ins Leben verhelfen will. Und macht nun im Grunde etwas, was er auch daheim regelmäßig tut: Er trainiert talentierte junge Nachwuchsfußballer. Allerdings wachsen seine südafrikanischen Fußballkids unter völlig anderen Bedingungen auf als die Kinder, die er zu Hause beim TSV Neustadt und beim FSV Waiblingen betreut.

Der Großteil der Kinder lebt in Townships

„75 bis 80 Prozent der Kinder kommen aus Townships“, erzählt Nicolas Kriesten, der selbst jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit solche Armenviertel passiert. Und zwar in einem Auto, denn allein in die Townships zu gehen, ist gefährlich: Kriminalität, Gewalt und Drogen gehören dort zum Alltag. In der Region Kapstadt leben bis zu 3,5 Millionen Menschen in solchen Armutsvierteln.

Aus diesen Verhältnissen herauszukommen ist äußerst schwierig, die Fußballakademie bietet zumindest eine Chance, es zu schaffen. „Die Kinder bekommen hier eine gute fußballerische Ausbildung. Ob es dann später zu einer Profikarriere reicht, muss sich zeigen“, sagt Nicolas Kriesten realistisch. Immerhin hat kürzlich ein junger Spieler den Sprung in die 1. Südafrikanische Liga geschafft, weitere haben Stipendien im Ausland angeboten bekommen. Und neben dem Dribbeln, Passen, Schießen und Köpfen können die jungen Akademiebesucher auch von Mathematik- und Englischunterricht profitieren. „Unsere Kinder gehen zwar alle auch in die Schule, aber in den Klassen dort sitzen bis zu 50 Schüler“, berichtet Kriesten. Außerdem bekommen die Kinder, von denen manche eine Stunde Fußweg bis ins Training zurücklegen müssen, in der Fußballakademie etwas zu essen und können dort Zeit in einem geschützten Raum verbringen. Dass sie ganz nebenbei Werte wie Teamgeist und Rücksichtnahme vermittelt bekommen, findet Nicolas Kriesten wichtig.

Die Jüngsten kicken barfuß

Das Training laufe vom Aufbau her ganz ähnlich wie daheim in Waiblingen, erzählt der 22-Jährige – trotzdem gebe es viele Unterschiede. So spielen etwa bis zur Altersgruppe U 12 alle barfuß. Das diene zum einen dazu, mehr Ballgefühl zu bekommen, zum anderen soll sich niemand schlecht fühlen, weil die Eltern keine Schuhe kaufen können.

Ein weiterer Unterschied sei die Begeisterung, sagt Kriesten: „Die Jungs hier lachen viel mehr und haben viel mehr Freude im Training.“ Kein Wunder, dass ihm sein Praktikum großen Spaß macht. „Ich habe mich schnell und gut eingelebt.“ Trotzdem freut er sich auf die Sommerferien, die Anfang Dezember beginnen. Dann hat er vier Wochen Zeit, das Land zu erkunden und seine Pläne zu realisieren: Paragliding vom Tafelberg, ans Kap der Guten Hoffnung reisen, Wale beobachten und mit weißen Haien tauchen.

Welche Ziele hat die Fußballakademie?

Organisation
 Die Young Bafana Soccer Academy hat Bernd Steinhage im Jahr 2010 gegründet. Der Sohn eines Deutschen und einer Namibianerin ist bei Kapstadt aufgewachsen und hat in Deutschland, Spanien und Nicaragua gelebt. Er war Profi-Fußballer und Sozialhelfer und hat in Berlin Betriebswirtschaft studiert. Ziel seiner gemeinnützigen Organisation ist es, den Teufelskreis der Armut durch Sport und Bildung zu durchbrechen und den Austausch der Bevölkerungsgruppen zu fördern.

Helfen
Die Organisation bietet mehrmonatige Praktika als Fußballtrainer, Lehrer oder im Bereich Marketing, man kann eine Patenschaft übernehmen oder Geld spenden.