Walter Erz hat einen behauenen Stein und 300 Scherben gefunden. Foto: Ait Atmane - Ait Atmane

War es ein römisches Landgut oder nur ein Brennofen? Im Wald bei Reichenbach hat Walter Erz 300 Tonscherben und einige behauene Steine gefunden.

Von Karin Ait Atmane

ReichenbachKürzlich hat Walter Erz seine Tonscherben ans virtuelle Heimatmuseum von Reichenbach übergeben – zumindest fotografisch. Die Funde aus dem Wald beim Siegenberg liegen zwar schon lange zurück, beschäftigen ihn aber noch immer. Was wohl noch alles im Erdreich verborgen sein mag? Ob hier gar ein römischer Gutshof stand? Das wüsste der Reichenbacher zu gerne.

Es war 1990, Sturm Wiebke hatte gerade gewütet und Walter Erz war auf der Suche nach Brennholz in seinem Flächenlos im Wald unterwegs. „Im Wurzelstock einer umgestürzten Buche habe ich etwas Rötliches schimmern gesehen“, erinnert er sich. Beim näheren Hinschauen entpuppte sich das als Tonscherbe. Weitere ähnliche Stücke fanden sich in den Wurzeln und in der Umgebung – 24 Schuhkartons füllten sie schließlich. Ihre Form zeigte, dass es sich dabei um Bruchstücke von Geschirr handelte. In einigen war ein einfaches Muster eingedrückt oder -geritzt, wenige Stücke zeigten ein feineres, erhabenes Blumenmuster – ein sogenanntes Terra Sigillata, wie sie in römischen Werkstätten mit Modeln geformt wurden.

Die Reichenbacher Gemeindeverwaltung riet Erz, selbst weiter zu recherchieren. Der Plochinger Ortshistoriker Manfred Reiner, über den damaligen Revierförster Brosig eingeschaltet, war dagegen sehr interessiert, zumal sich die Fundstelle an der Gemarkungsgrenze von Reichenbach und Plochingen befand – nahe dem ehemaligen Steinhardtstor, wo heute eine Schranke steht.

Reiner hielt eine römische „Villa rustica“, also ein Landgut, in diesem Bereich für gut möglich, zumal früher eine Heerstraße vom heutigen Stumpenhof über den Plochinger Harnesteig ins Filstal verlief und ein Quellgebiet in der Nähe war. Auch beim Landesamt für Denkmalpflege geht man von einem „römischen Siedlungsareal“ aus, wie auf Anfrage bestätigt wurde: „Die Fundstelle liegt im Wald und ist sicherlich als römisch einzustufen. Möglicherweise handelt es sich um Scherben, die einer Keramikproduktion zuzuordnen sind.“ Das Amt hat nach dem Fund die mehr als 300 Tonscherben und -brocken registriert und im Rahmen seiner jährlichen Fundberichte auch den von Reichenbach veröffentlicht. Weitere Objekte, vielleicht auch bauliche Strukturen, halte man für wahrscheinlich, bestätigt die Pressestelle.

Erz hat tatsächlich noch mehr entdeckt: Einige Jahre später fand er, wieder im Wurzelballen eines umgestürzten Baumes, Sandsteinquader, die von Menschenhand behauen scheinen. „Schade, dass der Sache nicht nachgegangen wurde“, bedauert er, „es wäre schön, wenn man da wenigstens mal eine Grobmessung machen könnte, mit neuer Messtechnik.“

Der Reichenbacher denkt dabei an geophysikalische Methoden, bei denen man Sonden einführt oder mit Messgeräten über den Waldboden geht. Sie „profitieren von den Reaktionen, die im Boden erhaltene Baustrukturen bei Messungen produzieren“, erklärt die Pressesprecherin beim Regierunspräsidium. Ob diese Strukturen menschengemacht sind, könne man jedoch nicht ablesen. Und solche Untersuchungen seien aufwendig und kostspielig.

Für Reichenbach scheinen sie jedenfalls keine Option zu sein und Walter Erz wird vermutlich nie erfahren, was genau hier im Boden liegt. Fest steht für ihn aufgrund des Fundortes: „Das ist das gemeinsame Erbe von Reichenbach und Plochingen.“ Im Reichenbacher virtuellen Museum kann man unter www.heimatmuseum-reichenbach-fils.de seine Funde jetzt sehen. Und im Grafschen Haus in Plochingen werden sie voraussichtlich ab dem kommenden Jahr wieder zu sehen sein. Sie waren in dem Vereinshaus und Heimatmuseum, das auf Anfrage zugänglich ist, auch schon bisher ausgestellt. Derzeit wird das Haus allerdings wegen der Sanierung des Plochinger Rathauses von der Stadtverwaltung genutzt.